San Sebastian - Zwei Berge, eine Insel und das Meer

San Sebastian - Zwei Berge, eine Insel und das Meer

EXPOSÈ
Von Robert B. Fishman

San Sebastian / Donostia. Europas Kulturhauptstadt 2016 lebt im Rhythmus des Ozeans. Auf einer Halbinsel kuschelt sich die Altstadt zwischen weiten Buchten an einen bewaldeten Hügel. Nach Westen säumt eine Uferpromenade mit Prachtbauten der vorletzten Jahrhundertwende den feinen Sandstrand. Eine unbewohnte Insel schützt sie vor den Launen des Atlantiks. Künstler malen Donostia im Blau des Wassers, dem Grün der Berge und dem blaugrau des Himmels. Reißt der auf, flutet die Sonne Spaniens teuerstes Seebad mit klarem, goldenem Licht.

Die blaugrünen Wellen donnern gegen die Felsen. Aus dem Boden schießen heulend Gischtfontänen. El Peine del Viento, der Kamm des Windes, hat der Bildhauer Ernesto Chillida seine Installation an der Westspitze der Bucht von San Sebastian genannt. Verschlungene Stahlfiguren klammern sich an die Felsen. Das Meer ist Teil des Werks.

Ana Gabriela bringt Besucher auf ihren Radtouren an diesen magischen Platz. Sie ist in Brasilien aufgewachsen, hat in Italien und in Kalifornien gelebt. Geblieben ist sie in San Sebastián. Die junge Frau schwärmt von der Lebensqualität ihrer Wahlheimat: entspannte Menschen in einer kleinen Grosstadt mit 186.000 Einwohnern, reichlich Kunst und Kultur. Wir radeln vom Windkamm am goldgelben Sandstrand entlang zurück Richtung Univiertel. In den 80er Jahren bekam das Baskenland nach Jahrzehnten der Unterdrückung eine eigene Universität. San Sebastián heißt nun auch offiziell Donostia. Die Leute sprechen wieder ihre Sprache: Das mit keinem europäischen Idiom verwandte, uralte Euskara, Baskisch.

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Der Fahrrad-Tunnel führt nach Amara, die zweite und dritte Stadterweiterung, die sich das reich und mondän gewordene Seebad am Atlantik vor 100 Jahren gönnte. Von alten Bäumen gesäumte Alleen mit schattigen Promenaden begleiten Jugendstilfassaden des spanischen Modernismo. Über Hauseingängen wachen steinerne Fabelwesen, als wollten sie beweisen, dass aus dem Fischernest das Feriendomizil der Herrschenden geworden ist. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Spaniens Königsfamilie auf einem Hügel über dem Strand ihre Sommerresidenz Miramar errichten lassen. Ihnen folgten der Adel und der Geldadel. Um die Jahrhundertwende baute man Casinos, Cafés, Restaurants und die von geschwungenen, weiß lackierten Geländern gesäumte Seepromenade. Abends tauchen verschnörkelte Laternen das Ufer in goldgelbes Licht.

Die Legende von Gilda

Gabriela kennt die Abkürzungen zu Blas Anchón an der Straße der Katholischen Könige. Seine schummrige Kneipe an der autofreien Flaniermeile hat sich seit ihrer Gründung 1942 kaum verändert. Über Tischen und Stühlen aus dunklem Holz hängen an der Decke Dutzende spanische Schinken. „J5, beste Qualität“, verspricht der Wirt. Blas, ein kräftiger, wohlgenährter Bärtiger im Pensionsalter erzählt die Legende, die hier ihren Anfang nahm: Kurz nach dem Bürgerkrieg (1936-39) war das Essen knapp. Die Hungrigen kamen auf ein Glas Wein in die Kneipe. Dazu bekamen sie Kleinigkeiten, die so genannten Banderillas: Oliven, milden Pepperoni und Sardellen. Dann kam ein Gast auf die Idee je ein Fischlein, eine Paprikaschote und eine Olive mit einem Zahnstocher aufzuspießen. Gemeinsam gegessen entwickeln die Häppchen einen eigenen salzig-pikanten Geschmack. Aus Hollywood kam in jenem Jahr der Film Gilda mit der jungen Rita Hayworth nach Europa. Diktator Franco setzte das für damalige Verhältnisse freizügige Werk auf den Index. Die Basken schauten sich das frivole Stück im nahen Frankreich an. Die Hauptdarstellerin gab der Küchenkreation ihren Namen: „Scharf, grün und ein bisschen pikant“, erklärt Wirt Blas und grinst ein wenig verlegen.

Auf Pintxos gehen

Die Gilda gilt heute als die Mutter aller Pintxos: meist aufgespießte kleine Leckereien, die die Wirte auf ihren Tresen angerichtet haben: Kabeljau-Tortillas, Gemüsespießchen mit Fisch, Brötchen mit Sardinen und feingehacktem Gemüse, Schafskäse mit Tomatenmarmelade oder in Rosenwasser gedünstetem Bacalau. Dazu trinkt man gerne Txakolí (sprich Tschakoli), perlenden, jungen Weißwein, der auf den Bergen rund um San Sebastián gedeiht.
Die größte Auswahl findet sich in der Altstadt: Weil die Gassen hier für Tische und Stühle zu eng sind, haben die Kneipiers Bretter an die Hauswände montiert. Daran sitzen die Gäste auf Barhockern. Lange halten es die meisten sowieso nicht in einer Bar aus. Man isst ein, zwei oder drei Pintxos und zieht in die nächste Bar, wo das Essen mindestens genau so lecker schmeckt.

Weil die frische, leichte baskische Küche aus einheimischen Meeresfrüchten, Fisch und Gemüse Touristen begeistert, eröffnen in der Stadt immer mehr Kochschulen. Im Untergeschoss des 1912 erbauten Luxushotels Maria Cristina bietet Jon Warren Basque Cooking Classes an. Der 35-jährige Engländer hat seinen gut bezahlten Job in der Londoner City gekündigt, um sich einen Lebenstraum zu erfüllen: „Ich hatte genug vom Hamsterkäfig im Bankenviertel“, erzählt der ehemalige Finanzmakler und Vermögensberater. Wir setzen uns an einen der Tische im nagelneuen Kochstudio: einen rund 100 Quadratmeter großen Raum mit Profi-Küche und U-förmig darum angeordneten Kochplätzen, auf denen die Kursteilnehmer schälen, schnibbeln und - angeleitet von Profis - Sardellen ausnehmen.

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Weltoffene Schiffbauer und Seefahrer

Gemeinsam bauten die Basken schon im ausgehenden Mittelalter aus dem Holz ihrer Wälder hochseetüchtige Schiffe. Im 16.
Jahrhundert segelten sie damit bis vor die Küste Kanadas, um Wale und Kabeljau zu fangen. Sechs Wochen dauerte die 6000 Kilometer weite Reise vorbei an Island und Grönland. Neun Monate lang waren die Fischer unterwegs: 60 Mann auf 28 Meter langen, sieben Meter breiten Holzschiffen, den Launen des stürmischen Nordatlantiks ausgeliefert. Während Seeleute anderer Nationen reihenweise an Skorbut starben, nutzten die Basken ein Mittel gegen den Vitaminmangel auf See. In Holzfässern nahmen sie pro Fahrt 50.000 Liter heimischen Apfelwein, den Sidra mit. Dank des Alkohols blieb der Saft mit den Vitaminen monatelang genießbar.

Kanadische Archäologen fanden 1978 im zwei Grad kalten Wasser vor Labrador das baskische Walfangschiff San Juan. Im Fjord von Pasaia, heute der Hafen der Stadt San Sebastián, baut der Verein Albaola die 1565 gesunkene San Juan für vier Millionen Euro eins zu eins nach. Begeistert führt Projektleiter Xabi Besucher durch die Bauhalle. Als Jugendlicher entdeckte er seine Leidenschaft für alte Schiffe. Er fand heraus, dass die einst führende baskische Schiffbaukunst verloren zu gehen drohte. Die letzten Werften im Baskenland kapitulierten vor der billigen Konkurrenz aus Übersee. Xabi ging mangels Alternativen in der Heimat zum Schiffbaustudium in die USA. Wieder zu Hause ließ er sich von den letzten heimischen Experten die Geheimnisse des traditionellen Holz-Bootsbaus zeigen. Ende der 90er Jahre begann er mit dem Aufbau der Werft. In einer rund vier Etagen hohen Halle wächst seitdem der Nachbau der San Juan. Ein hölzerner Besuchersteg führt rund um das werdende Schiff. In einem Anbau erzählen Installationen und Modelle die Geschichte der baskischen Seefahrer. Die Besucher können dort ab 2016 selbst Seile herstellen und ellenlange Schiffsnägel schmieden. Mit der fertigen San Juan will Xabi wie einst die Walfänger mit einer Mannschaft nach Kanada segeln. Ziel ist Red Bay, wo die die Vorgängerin vor bald 500 Jahren in einem Sturm sank.

Kunst hilft, die Wunden des Krieges zu heilen

„Die Basken“, sagt die Direktorin des Kulturinstituts Etxepara, „waren immer dem Meer zugewandte weltoffene Seefahrer. Aizpea Goenaga Mendiola ist „im Widerstand gegen Franco“ aufgewachsen. Nachdem der Diktator 1975 gestorben war, kämpfte die ETA für die Unabhängigkeit des Baskenlandes. Fast jeden Tag explodierte in der Region eine Bombe, zunächst vor allem in Polizeistationen, später wahllos auf öffentlichen Plätzen. Der spanische Staat schlug zurück: Terroristen und solche, die die Polizei Guardia Civil dafür hielt, verschwanden in Gefängnissen. Viele wurden gefoltert. Die Fronten trennen bis heute Dörfer, Nachbarschaften und Familien. „Ich hätte auch bei der ETA landen können“, erzählt Aizpea nach kurzem Zögern, „aber zum Glück entdeckte ich rechtzeitig Kunst und Kreativität. Das öffnet Deine Seele.“

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Mit Ideen zur Überwindung von Hass und Gewalt hat San Sebastián die Jury für die Auswahl der Europäischen Kulturhauptstadt 2016 überzeugt. Inesa plant mit einem Kollegen die Projekte zur Versöhnung einst verfeindeter Familien und Nachbarschaften. Geplant sind Podiumsdiskussionen, runde Tische und Workshops nach dem Konzept des „Theaters der Unterdrückten“: Professionelle Schauspieler zeigen Szenen typischer Alltagskonflikte. Danach bekommen die Zuschauer Karten, auf die sie ihre Lösungsvorschläge schreiben. Zusammen spielen die Beteiligten dann diese Ideen durch. „Das Publikum“, sagt Inesa, „wird Teil der Aufführung“. Die Grenzen zwischen Spiel und Wirklichkeit lösen sich auf. Die Kulturhauptstadt-Projekte zu Frieden und Versöhnung hätten vor allem das Ziel, über die gegensätzlichen Erfahrungen hinweg die Gemeinsamkeiten der Menschen herauszuarbeiten.

Das Donostia, das ich mir wünsche

Raum für kreative Begegnungen schafft auch Galeristin Cristina. Begeistert zeigt sie mir die Ziehharmonikabücher, die Künstler und Anwohner im Stadtteil Gros zusammen gestaltet haben. Unter dem Motto „Das Donostia, das ich mir wünsche“ entstanden Collagen, Aquarellbilder, Zeichnungen und Reliefs. Cristina, ungefähr Mitte 50, wollte als junge Frau Künstlerin werden. Doch ihre Eltern überredeten sie zu einer „anständigen“ Berufsausbildung. Sie studierte Journalismus, arbeitete in Redaktionen. Zuletzt war sie Redaktorin bei Radio Vatikan, kam zurück und eröffnete 1996 ihre Galerie ARTEKO. Trotz der Wirtschaftskrise, die auch das Baskenland trifft, schafft es Cristina mit ihrer ansteckenden Begeisterung, ihr Werk am Leben zu halten. „Farbe, Inspiration und Poesie“ will sie damit in die Stadt bringen. „Zum Glück“, sagt sie, kommen immer mehr Touristen, denen die Arbeiten gefallen und die etwas kaufen.

Gleich um die Ecke stehen am Ende einer Sackgasse zwei Tische auf dem Pflaster. Sie gehören zur Bar Te Done, wo sich jeden Mittwoch Abend Künstler treffen. An die fünf sind es diesmal, darunter der in Spanien bekannte Dichter Karmelo C. Ibarren, ein stiller 59jähriger, der die Menschen genau beobachtet. Anregungen für seine lakonisch-überraschenden Gedichte wie „La Ciudad“ (Die Stadt) oder „El Amor“ (Die Liebe) schöpft er aus dem Leben, das an ihm vorbeizieht, wenn er in Bars und Cafés von San DSebastian sitzt, am Fluss Urumea oder am Meer spazieren geht, machmal bis hinaus zum sturmumtosten Windkamm von Ernesto Chillida.

Text und Fotos: Robert B. Fishman

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