Warum kippt der schiefe Turm von Pisa nicht um?

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Warum kippt der schiefe Turm von Pisa nicht um?

Er ist krumm und schief und das schon seit Jahrhunderten: der weltberühmte Schiefe Turm von Pisa. Aber warum ist er noch nicht umgefallen?

Der erste runde Glockenturm Italiens

Die Baumeister im italienischen Pisa planten ursprünglich einen riesigen Dom, der allerdings zunächst keinen Glockenturm besaß. Darum wollte man im Jahr 1173 einen sogenannten Campanile, also einen frei stehenden Glockenturm hinzu bauen. Es sollte zum ersten Mal ein runder Turm aus prächtigem Marmor werden und einhundert Meter sollte er hoch sein. Aber weil man früher noch nicht über so viel Technik und Hilfsmittel verfügte wie heute, dauerte das Bauen des Turms viel länger als heute. Nach zwölf Jahren hatten die Baumeister erst die dritte Etage erreicht. Zur selben Zeit stellten sie fest, dass der Turm schon anfing, sich zu neigen. Das hohe Gewicht des Glockenturms sorgte auf dem weichen Untergrund von Lehm und Sand für eine Neigung von 3,97 Grad.

Nur halb so hoch wie geplant

Die Baumeister in Pisa waren ganz schön ratlos und damals hatte man noch nicht die Möglichkeiten, solche Fehler zu auszugleichen. Daher legte man eine Bau-Pause von 100 Jahren ein, auch weil Pisa zu dieser Zeit einen Krieg mit Genua und Florenz führte. Vielleicht bekam das unfertige, schiefe Gebäude dadurch Zeit genug, sich zu setzen und in eine relativ stabile Lage zu bringen. Dann nahm man den Bau erneut in Angriff und versuchte, der Schieflage des Turms entgegenzusteuern, indem man die folgenden vier Etagen des Turms schräg baute. Leider zeigte das nicht den gewünschten Erfolg, aber 1350 wurde der schiefe Glockenturm immerhin vollendet und gleichzeitig zum Wahrzeichen der Stadt. Denn alle anderen Glockentürme in Italien sind nicht nur gerade, sondern auch rechteckig. Und der verwendete weiße Carrara-Marmor macht den Turm zum echten Blickfang. Der Turm ist mit sieben Glocken ausgestattet, die mittags und und zu speziellen kirchlichen Anlässen geläutet werden. Auch die geplante von Höhe von 100 Metern hat das Bauwerk wegen seiner gefährlichen Schieflage nie erreicht. Bei 58 Metern Höhe, acht Stockwerken und zwölf Metern Durchmesser war Schluss.

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Der Boden schadet und schützt gleichzeitig

Seit dem Bau des Glockenturms auf der Piazza dei Miracoli in Pisa im Jahr 1173 wurde die Region um die italienische Stadt in der Toskana mindestens vier Mal von schweren Erdbeben heimgesucht. Man hatte natürlich erwartet, dass der Turm vielleicht dadurch in Gefahr gerät. Aber der berühmte Schiefe Turm ist immer noch nicht umgefallen und hat auch keine weiteren Schäden durch die Erdbeben davongetragen. Das machte natürlich Wissenschaftler neugierig und sie nahmen Boden und Turm genauer unter die Lupe. Eine Studie der Universität Bristol und der Roma Tre-Universität ergab kurioserweise, dass der Grund, warum der Turm von Pisa schief wurde, derselbe ist, warum er immer noch nicht umgefallen ist.

Sand und Lehm verursachen einen DSSI-Effekt

Grund ist ein Phänomen namens dynamischer Boden-Struktur-Interaktion (DSSI, engl. dynamic soil-structure interaction). Der besondere Boden aus lockerem Sand und Lehm, der für die Instabilität des 58 Meter hohen Turms verantwortlich ist, sorgt auch dafür, dass er nicht umfällt, denn die Kombination aus Höhe und Festigkeit des Gebäudes und der Weichheit des Untergrundes verhindert, dass bei einem Erdbeben der Turm in starke Schwingung versetzt wird. Dank dieser einzigartigen Kombination von Gegebenheiten ist der Turm von Pisa Weltrekordhalter, was den DSSI-Effekt betrifft.

Konstrukteure wollen den DSSI-Effekt nutzen

Obwohl die vor Erdbeben schützenden Fähigkeiten des Turms unbeabsichtigt waren, hoffen die Forscher nun, das Prinzip des DSSI-Effektes bewusst in zukünftige Konstruktionen zu integrieren. Die Schwierigkeit ist, dass man die verschiedenen Faktoren gleichzeitig aufrecht erhalten muss.

Mit allen modernen Techniken von heute wäre es möglich, den Turm vollständig zu begradigen, aber das wäre sicherlich ein Nachteil für den Tourismus. Schließlich ist der Schiefe Turm von Pisa eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Mittelitalien und gehört seit 1987 zum Weltkulturerbe.

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Text: Angelika Lensen
Fotos: Bildagentur Zoonar (Wolfgang Zwanzger, Klaus Kolfenbach, Zoom-Zoom)
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