Zwanzig Jahre auf dem Straßenstrich

Streetworker Gerhard Schönborn
Zwanzig Jahre auf dem Straßenstrich
Streetworker Gerhard Schönborn

Ihre Schreie klangen fürchterlich. Die Tritte in Bauch und Brust waren brutal. Nach zwanzig Sekunden war alles vorbei. Was zurückblieb war ein Häufchen Elend, das auf den Stufen des „Cafe Neustart“ hockte. Als Gerhard Schönborn die zwanzigjährige Ungarin ins Cafe holte und die Polizei rief, war der Schläger über alle Berge. Mit quietschen Reifen in seinem weißen Angeberwagen mit ungarischen Kennzeichen war er davon gerast. „Nach einer halben Stunde wollte die misshandelte Frau wieder weg. Zurück auf den Strich, der seit einem halben Jahr ihr „Zuhause“ war. Sie hatte Angst. Angst vor ihrem Zuhälter, der ihr eben eine Lektion verpasst hatte und die erst der Auftakt zu noch Schlimmeren werden könnte.“

Was kann denn noch schlimmer sein?, fragte ich. Schönborn lächelte. Aber es war kein fröhliches Lächeln. Eher ahnungsvoll und wissend. „Es geht schlimmer“, versichert er mir. Es sind Geschichten aus einer anderen Welt. Ich habe Frauen erlebt, die sind kurz vor der Entbindung mit der Feuerwehr ins Krankenhaus gebracht worden und standen vier Stunden später wieder an der Straße um Freier zu bedienen.“

Geschätzte 8.000 Prostituierte tippeln über den Straßenstrich oder arbeiten in Bordellen. 90 Prozent sind Ausländerinnen und tun es selten freiwillig. Sex aus Angst oder Geldnot. Zuhälter betrachten die Frauen als laufende Geldmaschinen, die ihnen täglich bis zu 300 Euro bringen.

Dreißig Euro für Handentspannung oder blasen, vierzig für Verkehr. Ungarische Frauen haben die Preise mit einem Filzstift auf der Außenseite eines BSR-Abfalleimers geschrieben. Wer ohne Gummi will, wird ebenfalls bedient. Dafür gibt’s mehr Geld. Für die Zuhälter. Weigert sich die Frau, endet es mit Fußtritten oder Schlägen ins Gesicht. „Schlugen die deutschen Zuhälter ihre Frauen nur an Stellen, die niemand sah, so nehmen die osteuropäischen Typen keine Rücksicht. Fällt die Frau aus, steht die nächste schon bereit.“

Nach Aussagen des Statistischen Bundesamt werden in der Bundesrepublik jährlich 14,6 Milliarden Euro mit Prostitution umgesetzt.

Seit zwei Jahrzehnten ist Gerhard Schönborn auf dem Straßenstrich unterwegs. Angefangen hatte alles an einem Donnerstagabend im Oktober 2003 in einem verräucherten ehemaligen Kohlenkeller.
„Drogensüchtige und Prostituierte saßen in kaputten Sesseln, auf wackeligen Stühlen und geflickten Sofas. Auf den Tischen angeschlagene Kaffeetassen. Die ganze Einrichtung spiegelte das Elend der der Frauen wider. Das Leben dieser Menschen war aus den Fugen geraten. Sie brauchten Hilfe“, erinnert sich der heute 61-Jährige.

Wir verließen das Cafe. Ein stinkender LKW rumpelte vorbei, bremste und eine Frau stieg aus, zog sich den Rock ein Stück nach oben und wartete auf den nächsten Kunden. „Hy Gerd, alles gut?“ rief eine Dunkelhaarige an der Ecke Frobenstraße und winkte Schönborn zu. „Alles gut, und bei dir Luzi?“ Schönborn blieb einen Moment stehen. „Na ja, geht so. Muss unbedingt mal wieder mit dir reden.“ Kaum zwanzig Meter weiter kam die nächste Frau auf ihn zu. Leicht schwankend, mit glasigen Augen. Sie starrte ihn an, sagte nichts, torkelte weiter. Als ein dicker SUV-Porsche bremste, stieg sie ein. „Das ist eine der Bulgarinnen. Als sie vor ein paar Jahren hier strandete, war sie noch clean und ansprechbar. Jetzt nimmt sie alles, was sie kriegen kann. Hauptsache, sie kann vergessen.“

Wir biegen in die Genthiner Straße ein, Gleich vorne am Bauzaun machen uns zwei junge Frauen an. Als sie merken, dass wir keine Freier sind, ziehen sie sich zurück. Schönborn drückt jeder von ihnen einen Flyer mit Hilfsangeboten in die Hand. Verständnislos schauen sie ihn an.Ein paar Meter weiter, öffnet sich die Tür einer Verrichtungsbox. Ein Mann kommt raus und fährt mit einem Elektroscooter davon. Die Frau, die hinter ihm die Box verlässt, zieht einen Spiegel aus der Gürteltasche und schminkt sich.

Wir drehen um und gehen zur Kurfürsten zurück. Vor der Apostelkirche ist Klein-Ungarn entstanden. Zwar singt hier nicht die Czardasfürstin, aber das Lied „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“, wird in die Tat umgesetzt. Die zwei Frauen, die sich auf dem Platz vor der Apostel- Paulus-Kirche anbieten, sehen eher wie Fotomodelle aus. Schlank, zierlich mit schwarzen Haaren, in hautengen Jeans gezwängt die eine. Die andere kurzes Sommerkleid und lange Beine. Auf den ersten Blick zwei junge Frauen auf dem Nachhauseweg vom Büro. Doch schaut man in ihre Gesichter, sieht man, dass ihr Leben nicht so verläuft, wie sie es gerne hätten.

(..) TEXT AN DIESER STELLE GEKÜRZT, LIEGT KOMPLETT VOR!

Fotos und Text: Rolf-Werner Kremming
Medienübersicht
  • Text
  • Foto
  • Illustration
  • Grafik
  • Animation
  • Ton
  • Film
Zwanzig Jahre auf dem Straßenstrich Unsere Preise für Text, Fotos und Grafik pro Thema
Individuelle Preisvereinbarung: info@reportagen.de
+49 (0)40 390 92 91
Blog & Social Media
Der Preis wird individuell mit Ihnen vereinbart. Er ist abhängigkeit davon wie lange Sie den Beitrag veröffentlichen wollen, wie häufig oder wie viele Beiträge Sie erwerben und ob Sie eine Exklusivität (Unique Content) wünschen. In der Regel werden zum Festpreis drei Fotos oder ersatzweise Grafiken, Illustrationen sowie der kompletten Text geliefert. Copyrighthinweise müssen entweder unter dem Text bzw. Fotos oder im Impressum genannt werden.

Hinweis: Wir produzieren als ABO regelmäßige Blogbeiträge passend zu Ihrer Zielgruppe die wir "Just-In-Time" liefern. Sprechen Sie uns bei Interesse an!
Absprache
Internet & Online-Magazin
Der Preis wird individuell mit Ihnen vereinbart. Er ist abhängigkeit davon, wie lange Sie den Beitrag veröffentlichen wollen, wie häufig oder wie viele Beiträge Sie erwerben und ob Sie eine Exklusivität (Unique Content) wünschen. In der Regel werden zum Festpreis drei Fotos oder ersatzweise Grafiken, Illustrationen sowie der kompletten Text geliefert. Copyrighthinweise müssen entweder unter dem Text bzw. Fotos oder im Impressum genannt werden.

Hinweis: Sie können als regelmäßig passende Beiträge mit Text und Fotos von uns erhalten. Wir vereinbaren gerne individuelle Preise. Sprechen Sie uns bei Interesse an.
Absprache
Tageszeitung Komplettpreis
Wir verhandeln in der Regel Pauschalpreise für komplette Reportagen (Texte, Fotos, Grafiken) je nach Auflage und Umfang mit unseren Kunden. Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie Interesse an einem Thema haben. Klicken Sie dafür einfach auf den "Bestellen" Button.
VB
Print bis Auflage 300.000 pro Seite
Wir verhandeln in der Regel Pauschalpreise für komplette Reportagen (Texte, Fotos, Grafiken) je nach Auflage und Umfang mit unseren Kunden. Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie Interesse an einem Thema haben. Klicken Sie dafür einfach auf den "Bestellen" Button.
VB
Print > 300.000 pro Seite
Wir verhandeln in der Regel Pauschalpreise für komplette Reportagen (Texte, Fotos, Grafiken) je nach Auflage und Umfang mit unseren Kunden. Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie Interesse an einem Thema haben. Klicken Sie dafür einfach auf den "Bestellen" Button.
VB
Merchandising Lizenz
Sie können viele Texte, Fotos, Videos, Grafiken und Illustrationen auch für Bücher, Kalender, Software, Spiele, Werbegeschenke, Sammelalben oder sonstige Handelsprodukte erwerben. Hierfür vereinbaren wir mit Ihnen individuelle Preise je nach Vorhaben.
Absprache
TV & Video, Hörfunk
Videos, Filme und Tonbeiträge können bei Reportagen.de derzeit nur mit Screenshoots und textlicher Beschreibung dargestellt werden. Wenn Sie Interesse daran haben, einen Film zu veröffentlichen, dann sprechen Sie uns bitte an. Wir liefern Ihnen zuerst einige Videos zur Vorabansicht. Bei weiterhin vorhandenem Interesse erfolgt eine Preisabsprache und anschließend die Produktion bzw. Auslieferung des Endproduktes gemäß Vereinbarung.
Absprache

Reportage kaufen