Ein verhängnisvoller Fototermin

Wie durch Verkettung mehrerer unglücklicher Umstände ein Motorradfahrer ums Leben kam
Ein verhängnisvoller Fototermin

Wie durch Verkettung mehrerer unglücklicher Umstände ein Motorradfahrer ums Leben kam

Es geschah vor Jahren an einem Dreikönigstag. Ich, der Fotograf sowie 6 Musiker eines Volksmusik-Sextets hatten uns in der Nähe einer bekannten Sehenswürdigkeit verabredet um einige Fotos von der Band zu machen. Diese benötigten Sie für einen Auftritt in den Medien. Geplant waren Bilder auf einem alten Traktor. Das Wetter dazu war ideal. Wir hatten herrlich blauen Himmel - also ideale Voraussetzungen für gute Fotos.

Wir trafen uns also alle an einem ausgesuchten Platz am Waldrand, etwa 150 Meter von der Landstraße entfernt, so dass wir im Hintergrund die Silhouette des markanten Gotteshauses hatten. Nachdem sich die Band mit ihrer einheitlichen Schwarz-blauen Kleidung und den Musikinstrumenten postiert hatte, machte ich einige Aufnahmen. Währenddessen sah ich, wie auf der etwas entfernten Straße ein Autofahrer stehen blieb, der uns offenbar bei unserem - für Außenstehende - seltsam anmutenden Treiben zusehen wollte. Etwa eine halbe Stunde dauerte es, bis wir mit dieser Aufnahmeserie fertig waren. Im Anschluss danach wollten wir die Fotos zusammen mit dem Traktor machen. Ein Bekannter der Musiker fuhr diesen vom Waldweg aus einige Meter hinein in die Wiese, so wie ich ihn platziert haben wollte. Eben begannen wir, die Musiker auf und neben dem Traktor zu postieren, als von der Landstraße her ein gewaltiger Schlag ertönte. Wir sahen nur noch, wie etwas durch die Luft flog und wie aus der Gegenrichtung des stehenden Pkws ein rotes Auto abrupt zum stehen kam, so dass sein Hinterteil etwa einen halben Meter in die Höhe geschleudert wurde. Es dauerte erst einige Schrecksekunden, bevor wir begriffen, dass eben ein Unfall geschehen war. Einer von uns fuhr mit seinem Wagen sofort zur Unfallstelle und dann weiter zum Gasthof, der neben des bekannten Gotteshauses stand, um den Rettungsdienst und Polizei zu informieren. Allgegenwärtige Handys gab es zu dieser Zeit noch nicht. Als auch wir an der Unfallstelle ankamen, sahen wir dass jede Hilfe zu spät kommt. Auf der Straße lag ein Motorradfahrer, der bereits verstorben war.

Was war geschehen? Der vorhin erwähnte Autofahrer stand zum Zeitpunkt des verhängnisvollen Geschehens noch immer auf der Straße, die hier einen geraden und übersichtlichen Verlauf hat, und beobachtete uns bei unserem Treiben. Aus der Gegenrichtung kam ein PKW mit zwei älteren Damen. Im gleichen Moment, als sich dieser auf Höhe des stehenden Pkws befand, kam ein Motorradfahrer entgegen. Dieser übersah den auf der rechten Straßenseite stehenden PKW und prallte gegen dessen linkes Heck. Daraufhin stürzte er auf die Gegenfahrbahn und wurde von dem entgegenkommenden Auto erfasst und mehrere Meter mitgeschleift. Dem Polizeibericht zufolge wurde der 50 jährige Motorradfahrer offenbar von der tiefstehenden Sonne geblendet. Vermutlich ließ er sich auch von uns etwas ablenken, und war deshalb zu wenig auf den Straßenverkehr konzentriert.

Es dauerte keine 10 Minuten, bis Notarzt, Krankenwagen, Polizei und Feuerwehr anwesend waren. Die Straße wurde daraufhin gesperrt. Für uns war der Fototermin erledigt. Keiner von uns dachte mehr daran, die restlichen Fotos mit dem Traktor, welche die Musiker eigentlich dringend gebraucht hätten, zu machen. Jeder von uns war schockiert und machte sich insgeheim wohl Schuldvorwürfe. Doch darüber ließe sich vermutlich stundenlang philosophieren. Waren wir Schuld am Unfall, weil wir mitten in der Landschaft von der Straße aus so auffielen? Hatte derjenige Autofahrer Schuld auf sich geladen, der auf der Straße stand um uns zuzusehen - oder war der Motorradfahrer selbst Schuld, weil er bei der tiefstehenden Sonne zu unvorsichtig war. Die Schuld könnte man aber auch auf das Wetter schieben, denn ursprünglich war der Fototermin vier Tage früher geplant - fiel aber wegen des Regens aus. Es bleiben Fragen über Fragen. Letztendlich war es aber wahrscheinlich eine Verkettung vieler unglücklicher Umstände bzw. Zufälle, die von einer Sekunde zur anderen ein Menschenleben auslöschten! Hätte ein einziges Glied in dieser Handlungs-Kette gefehlt, wäre es wohl zu diesem Unfall nie gekommen!

© Walter J. Pilsak
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