Ich schämte mich, eine Deutsche zu sein

Ein Besuch in Auschwitz-Birkenau
Ich schämte mich, eine Deutsche zu sein


Der November ist der Monat im Jahr, an dem die Menschen der Toten und Verstorbenen gedenken, etwa Allerheiligen, Totensonntag und der Volkstrauertag. Es ist der Monat, in dem vor 75 Jahren die von den Nazis organisierte Progromnacht stattfand. Die Diskriminierung der deutschen Juden ging in eine systemtische Verfolgung über, die später im Holocaust mündete. In der ersten Novembertagen im Jahr 1938 wurden rund 400 Menschen ermordet und mehr als 1000 Synagogen und Gebetstuben zerstört, sowie jüdische Geschäfte. Diese Fakten kennen die meisten aus dem Geschichtsunterricht oder den Medien.

Mit Reisegruppe nach Auschwitz

Als ich mit einer Reisegruppe in Polen weilte, wollte ich mir es nicht nehmen lassen, Auschwitz zu besuchen. Wir hatten viel auf dem Programm und einen Tag zur freien Wahl. Da wir in Krakau waren, war mir klar, dass ich nach Auschwitz fahre. Im Fernsehen sah ich es oft oder las davon. Viele deutsche Politiker von Rang besuchten Auschwitz und Auschwitz-Birkenau , Orte des Grauens, wie man sie sich schlimmer nicht vorstellen kann. Meine Reisegefährtin wollte nicht mit, also fuhr ich alleine mit einer Touristengruppe dorthin. Auf dem Weg sahen wir einen Film, den ein Soldat gegen Ende des Krieges in Auschwitz gedreht hatte. Es waren bewegende Bilder über das Grauen. Aber es war es Film und das schafft immer Distanz.

Am Ziel in Auschwitz angekommen erhielten wir eine polnische Führerin. Sie sprach Englisch. Der Rundgang war in Deutsch angekündigt und ich erkundigte mich, ob dem nicht so wäre. Die Polin, ihr Großvater war selbst in dem KZ umgekommen, verneinte mit einem Blick meine Frage, dass ich während der mehrstündigen Tour darauf verzichtete, mich als Deutsche zu erkennen zu geben. Ich schämte mich, eine Deutsche zu sein, angesichts dessen, war hier die Nazis im Zweiten Weltkrieg angerichtet haben.

Ich bin erst nach dem Krieg geboren, habe nichts mit dieser Geschichte zu tun, die ich aus dem Unterricht und Studium kenne. Trotzdem fühlte ich mich als Deutsch hier recht schlecht und irgendwie auch mitverantwortlich für all das Grausame, das geschehen konnte. Viele wussten davon und unternahmen nichts. Einige versuchten es erfolglos und verloren dabei ihr Leben.

Mehr als 1.1 Millionen Juden verloren hier ihr Leben

Sicher ist, dass in Ausschwitz zwischen Mai 1940 und Anfang 1945 mehr als 1.1 Millionen Menschen ums Leben kamen, vermutlich waren es sogar mehr, geschätzt werden 3 Millionen. In erster Linie waren es Juden aus Polen und der ganzen Welt, gefolgt von Sinti und Roma und natürlich körperlich und geistig behinderte Menschen. Bei der Ankunft der Menschen im Lager entschied ein Arzt per Daumen nach rechts oder links, ob der Betreffende arbeitsfähig sei oder nicht. Wer arbeiten konnte kam in eine Unterkunft, der Rest wurde gleich umgebracht. Den harten Arbeitsdienst in benachbarten Fabrikanlagen, überlebten die meisten Männer nur vier Monate. Dann starben sie an Entkräftung. Wer länger lebte, konnte sich irgendwie Nahrung beschaffen, was allerdings die Ausnahme darstellte und als verdächtig galt. Sie mussten jeden Tag hart arbeiten und bekamen nur wenig zu essen. Die Männer waren in Blockhütten aus roten Backsteinen untergebracht. Oft schliefen sie auf dem Boden oder zu dritt in einem Bett. Sie hatten fast keinen Platz zur Verfügung, um sich zu bewegen und waren immer von Menschen umgeben. Die Toiletten konnten sie morgens und abends kurz aufsuchen. Das war‘s und sich waschen.
Sie waren verdreckt und verlaust, das können Sie sich nicht vorstellen, erzählte die polnische Reiseführerin. Die Aufsicht über die Gefangenen hatten meist Leute mit kriminellem Hintergrund oder aus dem Rotlichtmilieu, die nach Auschwitz gebracht wurden und hier etwas besser behandelt wurden als der Rest.

Frauen, Kinder und ältere Menschen, die vom Arzt als nicht arbeitsfähig eingestuft wurden, wanderten gleich in die Gaskammer. Sie mussten sich ausziehen und kamen in eine Art Duschraum für viele Menschen. Aber aus den Duschköpfen floss kein Wasser, sondern strömte Gas. Viele Juden wurden hierhergelockt. Man versprach ihnen, sie in Sicherheit vor den Nazis zu bringen. Sie mussten für die Fahrt nach Ausschwitz, in den sicheren Tod, sogar eine Menge Geld bezahlen. Bis zum Duschraum hielt man sie mit Versprechen hin. Danach bekämen sie etwa eine schöne heiße Tasse Kaffee zu trinken. Nur damit sie sich auszogen und weiter den Weg in den sicheren Tod gingen. Die Juden ahnten nichts, es entstand keine Panik unter den Leuten, erklärte die Polin. Worum es tatsächlich ging, merkten Sie erst in der Duschkammer, als Gas einströmte, statt Wasser. Aber da war es zu spät. So eine Aktion dauerte ungefähr eine halbe Stunde. Dann wurden den Toten nach draußen gebracht und die Nächsten vergast.

Haare, Schuhe, Brillen hinter Scheiben

In den einzelnen Blockhütten ist die Geschichte von Auschwitz dargestellt und jeder kann sie auf den Tafeln nachlesen. In einer Hütte finden sich hinter Glasscheiben die gesammelten Schuhe der Vergasten oder die Brillen, Haare, Koffer mit denen sie anreisten. Gehhilfen von Behinderten sind hier zu sehen. Hier durften wir nicht fotografieren, um die Würde der Menschen nicht zu verletzten. In einer anderen Hütte sind zahlreiche Fotografien von Männern zu sehen, die zur Arbeit geschickt wurden. Jeder hatte eine Nummer und eine Glatze. Die Haare wurden geschoren. Diese sammelten ebenso wie alles andere die Nazis und verarbeiteten das Material zum Teil weiter.

In Ausschwitz war alles bis ins Detail durchorganisiert und kaum einer kam hier lebend raus. In Auschwitz-Birkenau wurden viele vergast. Es ist nur ein paar Kilometer entfernt. Die vier Gaskammern haben die Nazis zerstört, als sich abzeichnete, dass die Deutschen den Krieg verlieren und die Sowjets im Anmarsch waren. Heute sind nur noch Überreste zu sehen. Das Haus der obersten Chefs des Lagers steht noch in Auschwitz. Er lebte hier mit seiner Familie. Es übersteigt fast das Vorstellungsvermögen, wie in so einer Umgebung Kinder aufwachsen können, wie ein Familienvater und Ehemann all das Grauen mittrug.

Auschwitz-Birkenau – deutsches nationalsozialistisches Konzentrations- und Vernichtungslager

Seit Juni 2007 heißt das Museumsgelände „ Auschwitz-Birkenau – deutsches nationalsozialistisches Konzentrations- und Vernichtungslager“. Es ist UNESCO-Weltkulturerbe. Damit soll die damalige deutsche Verantwortlichkeit der Deutschen für die hier errichteten Stätten des Massenmordens deutlich gemacht werden, auch für kommende Generationen. Denn mit dieser Vergangenheit müssen die Deutschen leben. Ein Hinweis darauf, dass in anderen Ländern auch Unrecht geschieht, entschuldigt diese Verbrechen nicht, gemäß dem Bibelspruch: Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein.

Am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Truppen die verbleibenden Häftlinge in Ausschwitz. Viele waren noch kurz davor erschossen oder bei Todesmärschen nach Westen umgekommen. Der 27. Januar ist seit 1996 in der Bundesrepublik und seit 2005 international der Tag, an dem die Menschen der Opfer des Nationalsozialismus gedenken.

Text und Fotos: Gerda Hutt
Medienübersicht
  • Text
  • Foto
  • Illustration
  • Grafik
  • Animation
  • Ton
  • Film
Ich schämte mich, eine Deutsche zu sein Unsere Preise für Text, Fotos und Grafik pro Thema
Individuelle Preisvereinbarung: info@reportagen.de
+49 (0)40 390 92 91
Blog & Social Media
Der Preis wird individuell mit Ihnen vereinbart. Er ist abhängigkeit davon wie lange Sie den Beitrag veröffentlichen wollen, wie häufig oder wie viele Beiträge Sie erwerben und ob Sie eine Exklusivität (Unique Content) wünschen. In der Regel werden zum Festpreis drei Fotos oder ersatzweise Grafiken, Illustrationen sowie der kompletten Text geliefert. Copyrighthinweise müssen entweder unter dem Text bzw. Fotos oder im Impressum genannt werden.

Hinweis: Wir produzieren als ABO regelmäßige Blogbeiträge passend zu Ihrer Zielgruppe die wir "Just-In-Time" liefern. Sprechen Sie uns bei Interesse an!
Absprache
Internet & Online-Magazin
Der Preis wird individuell mit Ihnen vereinbart. Er ist abhängigkeit davon, wie lange Sie den Beitrag veröffentlichen wollen, wie häufig oder wie viele Beiträge Sie erwerben und ob Sie eine Exklusivität (Unique Content) wünschen. In der Regel werden zum Festpreis drei Fotos oder ersatzweise Grafiken, Illustrationen sowie der kompletten Text geliefert. Copyrighthinweise müssen entweder unter dem Text bzw. Fotos oder im Impressum genannt werden.

Hinweis: Sie können als regelmäßig passende Beiträge mit Text und Fotos von uns erhalten. Wir vereinbaren gerne individuelle Preise. Sprechen Sie uns bei Interesse an.
Absprache
Tageszeitung Komplettpreis
Wir verhandeln in der Regel Pauschalpreise für komplette Reportagen (Texte, Fotos, Grafiken) je nach Auflage und Umfang mit unseren Kunden. Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie Interesse an einem Thema haben. Klicken Sie dafür einfach auf den "Bestellen" Button.
VB
Print bis Auflage 300.000 pro Seite
Wir verhandeln in der Regel Pauschalpreise für komplette Reportagen (Texte, Fotos, Grafiken) je nach Auflage und Umfang mit unseren Kunden. Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie Interesse an einem Thema haben. Klicken Sie dafür einfach auf den "Bestellen" Button.
VB
Print > 300.000 pro Seite
Wir verhandeln in der Regel Pauschalpreise für komplette Reportagen (Texte, Fotos, Grafiken) je nach Auflage und Umfang mit unseren Kunden. Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie Interesse an einem Thema haben. Klicken Sie dafür einfach auf den "Bestellen" Button.
VB
Merchandising Lizenz
Sie können viele Texte, Fotos, Videos, Grafiken und Illustrationen auch für Bücher, Kalender, Software, Spiele, Werbegeschenke, Sammelalben oder sonstige Handelsprodukte erwerben. Hierfür vereinbaren wir mit Ihnen individuelle Preise je nach Vorhaben.
Absprache
TV & Video, Hörfunk
Videos, Filme und Tonbeiträge können bei Reportagen.de derzeit nur mit Screenshoots und textlicher Beschreibung dargestellt werden. Wenn Sie Interesse daran haben, einen Film zu veröffentlichen, dann sprechen Sie uns bitte an. Wir liefern Ihnen zuerst einige Videos zur Vorabansicht. Bei weiterhin vorhandenem Interesse erfolgt eine Preisabsprache und anschließend die Produktion bzw. Auslieferung des Endproduktes gemäß Vereinbarung.
Absprache

Reportage kaufen