Das verlorene Glasauge

Die Unterbrechung eines Fußballmatchs
Das verlorene Glasauge

Die Unterbrechung eines Fußballmatchs
Eine Kurzgeschichte von Walter J. Pilsak

Hauptdarsteller dieser ungewöhnlichen Geschichte ist ein junger Mann, der aus Schlesien stammte. Wie so viele andere junge Burschen auch, die während des 2.Weltkrieges an der Front kämpften, konnte er nach dessen Ende nicht mehr in seine Heimat zurück. Die schicksalhaften Auswirkungen der Vertreibung ließen dies nicht mehr zu. So ließ er sich zwangshalber irgendwo in Bayern nieder wo er auch seine zukünftige Ehefrau kennen lernte. Mit seiner im Krieg erlittenen Verletzung hatte er inzwischen gelernt zu leben. Er hatte ein Auge verloren. Und nur wenn man ihm in die Augen sah, bemerkte man, das er an dessen Stelle ein Glasauge hatte. Außer dem Umstand, daß er nun nicht mehr räumlich sehen konnte, hatte es keine weitere Folgen für ihn. Dieses Handikap hinderte ihn jedoch nicht daran, seine große Leidenschaft, das Fußballspielen, auszuüben. Nach einiger Zeit der Eingewöhnung war er der gleiche gute Fußballtechniker wie früher. Er zählte zu den besten Spielern seiner Elf, die in einer höheren Klasse spielte.

Zu dieser Zeit gab es in einem kleinen Industriestädtchen der Oberpfalz eine gute Fußballmannschaft. Diese spielte in der Landesliga, was für diesen nur wenige Tausend Einwohner zählenden Ort außergewöhnlich war. Das Team
hatte einen finanzkräftigen Mäzen, der aus ganz Bayern hervorragende Spieler holte und ihnen als Lockmittel einen guten Arbeitsplatz in seiner Firma anbot. Auf diese Weise kam auch unser junger Mann in diesen Ort, der - obwohl er nur auf einem Auge sah - in der dortigen Mannschaft zu einer spielbeherrschenden Persönlichkeit wurde.

Diese Elf war in dieser ländlichen Gegend in einem Umkreis von 50 Kilometern die beste Mannschaft und spielte jahrelang in dieser Klasse. Meist waren diese Spiele - wie auch heute noch - an den Sonntagen. So kam es mitten in der Spielsaison wieder einmal zu einem spannenden Match gegen einen anderen Mitbewerber um die Meisterschaft. Mit dabei war auch „Alfons“ wie wir unseren sehbehinderter Spieler hier nennen wollen. Er war bei den Zuschauern als auch bei seinen Mit- und Gegenspielern wegen seines Humors sehr beliebt. Wieder einmal war er die spielbeherrschende Persönlichkeit. Doch mitten während des Spiels, unmittelbar nach einem Zweikampf lief Alfons zielstrebig auf den Schiedsrichter zu. Dieser - schon gefaßt auf einen etwaigen Angriff eines unbeherrschten und erbosten Spielers - wollte schon in Abwehrstellung gehen. Da sprach Alfons im besten schlesischen Dialekt zu ihm: „Herr Schiedsrichter, ick hobe men Ouge verlorrn“!

Der Angesprochene verstand nicht, was er meinte und fragte zurück: „Was haben Sie verloren?“

(..) Text an dieser Stelle gekürzt
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Text: Walter J. Pilsak
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