Blühende Verführerinnen

Die raffinierten Tricks der Pflanzen
Blühende Verführerinnen

Mit den aufreizenden Formen, Farben und Wohlgerüchen ihrer Blüten locken Pflanzen potentielle Bestäuber an. Nur durch die Kunst der Verführung gelingt es ihnen, die Erhaltung der Art zu sichern.

Jeder, der während eines Einkaufsbummels vor dem Schaufenster eines Blumenladens stehen bleibt, erfreut sich an den farbenprächtigen Blumen. Auch den Spaziergänger in Wald und Flur stimmen die wildwachsenden Blüten heiter. Und bekommt jemand einen Blumenstrauß überreicht, so ist er gerührt. Er bewundert und bestaunt die bunte Blütenpracht.

Dichter werden beim Anblick von wohlgeformten Blüten zu lyrischen Texten inspiriert, und unzähligen Malern standen diese Meisterwerke der Natur schon Modell. Oberflächlich betrachtet könnte es also den Anschein haben, als wären diese Schönheitsköniginnen nur für uns Menschen gewachsen. Doch die Schönheit der Blüten dient hauptsächlich dazu, eine Vielzahl von Insekten anzulocken. Sie befruchten die Blumen und sichern somit deren Fortpflanzung. Die Natur hat hunderttausend verschiedene Blütenformen mit einer fast unüberschaubaren Vielzahl von Farben und Duftnuancen hervorgebracht. All diese Blumen stehen in einem Konkurrenzkampf ums Überleben.

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Vor allem die Insekten und der Wind sorgen für den Transport des Pollens. Insekten bevorzugen in der Regel Blüten mit gesättigten Farbtönen. Auch die Farbe selbst spielt bei der Befruchtung eine große Rolle. Während Blau weniger reizvoll auf Insekten wirkt, werden gelbe oder gar kontrastreiche Blüten öfters angeflogen. Vor allem Blüten, die in der Nähe des Zugangs zum Nektar besonders auffällige Zeichnungen besitzen (sogenannte „Saftmale“), werden frequentiert. Vollkommen rote Blüten gibt es in unseren Breitengraden relativ selten, weil sie wenig Anziehungskraft auf Bienen und Hummeln ausüben - reines Rot wird von Bienen nicht als Farbe erkannt. Eine fast magische Wirkung haben dagegen rosa oder violett getönte Blumen. Andere Blüten enthalten noch im ultravioletten Bereich Farbtöne, die für Insekten sichtbar, aber für uns unsichtbar sind. Bei wissenschaftlichen Experimenten mit Bienen wurde festgestellt, dass viele Blumen Muster und Zeichnungen in ultravioletten Farben abstrahlen.
Auch der blutrote Klatschmohn gibt UV-Strahlung ab. Die anderen knallroten Blüten, wie etwa die Nelken-Arten, werden kaum von Bienen, dafür aber häufig von Tagschmetterlingen besucht.

Die duftenden Schönen

Ebenso sind die ästhetische Form und die Aufgliederung des Blütenmusters von großer Bedeutung für Insekten. Bei Versuchen mit Mustern von Blütenattrappen hat man festgestellt, dass harmonisch aufgegliederte Blüten eine größere Lockwirkung ausüben. Es ist also anzunehmen, dass Insekten schöne Blüten gegenüber unattraktiven bevorzugen. Ein gutes Beispiel ist hier das Vergissmeinnicht: Der gelbe Ring um die Öffnung der Kronröhre sticht so auffällig von der himmelblauen Farbe des Kronblattsaumes ab, dass die Blüte für Insekten weithin sichtbar ist.

Farbe und Form der Blüte allein reichen allerdings nicht aus, um Insekten anzulocken. Wichtig ist auch der Duft, den sie verströmen. Ohne diesen wären die meisten Pflanzen, die auf Fremdbestäubung angewiesen sind, schon ausgestorben.

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Blumen überlisten Insekten

Hat sich endlich ein Insekt auf der Blüte eingefunden, müssen viele Pflanzen einen Trick anwenden, damit es auch als Bestäuber bzw. Pollentransporter fungiert. Ein gutes Beispiel ist der Wiesensalbei: Setzt sich eine Hummel auf die Unterseite der Salbeiblüte, um mit ihrem langen Rüssel den im äußersten Ende verborgenen Nektar zu saugen, erscheint wie von selbst aus der Höhlung der Oberlippe ein langer weißer Stiel mit einem Staubbeutel. Dieser tupft auf die pelzige Oberseite der Hummel etwas Blütenstaub. Sobald das Insekt die Blüte verlässt, klappt der Staubbeutel in die Höhlung der Oberlippe zurück. Besucht nun unsere Hummel eine weibliche Pflanze, wird der Blütenstaub übertragen die Bestäubung ist vollzogen.


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Einige heimische Orchideenarten (Hummelragwurz, Fliegenragwurz) haben eine besonders merkwürdige Bestäubungsmethode gefunden. Bei der Fliegenragwurz gleichen die Blüten in Geruch, Färbung und Behaarung einem Grabwespen-Weibchen. Das Männchen, das diese Attrappe zur Begattung anfliegt, führt dabei lediglich die Blütenbestäubung durch. Die Welt wird nicht um eine Grabwespe, sondern um Fliegenragwurz-Samen bereichert.

Text und Fotos: Walter J. Pilsak
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