Die Bahn der Extreme

Die Lhasa-Bahn: 1956 Kilometer Permafrost und bis zu 5.000 Höhenmeter
Bahn der Extreme
Von Sabine Wiegand

Es ist warm und trotz der sitzenden Reiseposition – wie in einem Flugzug – ist ausreichend Platz für die Beine; auch für die eines Europäers. Fleischbällchen mit Salat und gebratenen Nudeln werden serviert. Auf dem Bildschirm, der an jedem Sitz angebracht ist, flimmert die legendäre „Sissi“ vorbei – Österreichs Königshaus und Alpenlandschaften unterhalten. Auch das Bild, das sich dem Reisenden bietet, sobald er aus dem Fenster blickt, ist gebirgig: hohe Berge in der Ferne, teilweise verschneit. Im Vordergrund Wiesen, mit Rindviecher darauf.

Doch es sind keine Kühe, die dort grasen – es sind Yaks; tibetische Hochlandrinder. Und die umgebenden Bergriesen sind nicht 3000, sondern 7000 Meter hoch und die Fleischbällchen sind, samt der Nudeln, asiatisch scharf gewürzt:
denn es sind nicht die Alpen, die dort am Fenster vorbeifliegen; es ist die Hochebene von Tibet; über 900 Passagiere sitzen im höchsten Zug der Welt, auf ihrem Weg nach Lhasa.

Seit 1. Juli 2006 kann der Reisende in 48 Stunden von Xining, der Hauptstadt der Provinz Qinghai nach Lhasa fahren.
3,3 Milliarden Euro hat das Projekt gekostet und mehr als hunderttausend Arbeiter bauten fünf Jahre an der Trasse.
Die Lhasa - Bahn ist keine gewöhnliche; liegt doch der größte Teil der Strecke über 4000 Meter hoch. Pässe von über 5000 Meter müssen überwunden werden.

Das war eine besondere Herausforderung für Bahnbauer und so wurden die Pläne für die Lhasa - Bahn, die schon in den 50er Jahren entstanden sind, kurz nachdem Mao Zedongs Truppen in Lhasa einmarschiert waren, erst sehr spät realisiert: Ingenieure warnten vor den Problemen, die das Verlegen von Gleisen über Permafrostboden mit sich bringen würde.

Denn über die Hochebene von Tibet fegt stets ein eisiger Wind und große Abschnitte der Gesamtstrecke sind ständig gefroren; sogenannte Permafrostböden ziehen sich über 500 Kilometer Trassenlänge hin. Allerdings können diese in den wenigen Sommertagen auftauen. Das ist gefährlich, denn so würden die Gleise in Bewegung kommen. Die Möglichkeiten der modernen Technik halten nun den Boden gefroren. Stahlrohre wurden entlang der Strecke verlegt und hindern die Gleise am Auftauen. Fünf Meter tief reichen die Rohre ins Erdreich hinein und drei Meter ragen sie aus ihm heraus. Sie wirken wie ein „Kühlschrank“: es handelt sich um Kühlstäbe, die mit Ammoniak, der als Kühlflüssigkeit dient, gefüllt sind.

Eine weitere stabilisierende Besonderheit des Dammes ist das Schotterbett, welches auf einem rund drei Meter hohen Fundament aus grob behauenen, kopfgroßen Steinbrocken, die ohne Mörtel locker übereinander geschichtet sind, liegt. So kann der Wind auf dem Hochplateau durch die Ritzen pfeifen und die Steine sowie die darunter liegende Erde kühl halten.

Doch nicht nur der Permafrostboden bereitete den Konstrukteuren Kopfzerbrechen; die besondere Höhenlage der Bahn ist für Passagiere körperlich nur schwer zu verkraften. Denn hier oben enthält die Atemluft nur noch 60 Prozent so viel Sauerstoff wie auf Höhe des Meeresspiegels. Das Atmen fällt schwerer und der Körper verliert ein Drittel seiner Leistungsfähigkeit. Der Luftdruck im Inneren des Zuges entspricht dem Außendruck und so ist es ratsam, eine gewisse Vorbereitung auf die Höhe zu treffen. Ein Ein- und Aussteigen ist aufgrund der hohen gesundheitlichen Risiken daher in besonders großen Höhen, zwischen Goldmud und Lhasa, verboten.

Um das Risiko von Problemen mit der Höhenlagen zu verringern, wird zusätzlicher Sauerstoff in jedes Abteil gepumpt; außerdem können sich Passagiere der gehobeneren Preisklasse bei Bedarf an Sauerstoffspender anschließen.
Vorsichtshalber fährt außerdem in jedem Zug ein Arzt mit.

(..) Text an dieser Stelle stark gekürzt


Draußen fliegt die Landschaft vorbei. Es geht vorbei am Tuoto-Fluss, dem Tanggula Gebirge und hinauf zum Qinghai-Tibet-Plateau. Hier entspringt der berühmte Gelbe Fluß, der Yangtze. Doch auch darüber hinaus ist das Plateau einzigartig: das Ökosystem, das sich an die große Höhe und die niedrigen Temperaturen angepasst hat, bietet seltenen und vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum.
Die Vielfalt reicht hier von Gebüsch, grasbewachsenem Sumpfland, Grasland bis zu unberührter Wildnis.

Wegen der Höhenlage, der dünnen Luft und der Kälte laufen die Prozesse des Lebens (Materialkreislauf und Energiestoffwechsel) sehr langsam ab; das Öko-System kann daher sehr leicht aus dem Gleichgewicht geraten. Wird die Vegetation zerstört, kann sie sich nur sehr langsam regenerieren, denn die Temperaturen sind lange Zeit niedrig und die jährliche Wachstumszeit ist sehr kurz.

Umweltschützer kritisierten daher den Bau der Bahn seit jeher. Doch die Planer reagierten und legten beispielsweise 33 Tunnel und Übergänge für Antilopen an, um diese nicht von ihren natürlichen Wander- und Nahrungsgebieten abzuschneiden.

Je höher der Zug steigt, desto karger wird die Landschaft: wo zunächst noch Flechten, Moose und Gräser wachsen, wird die Landschaft bald kahl und karg und verschwindet unter immer mehr Schnee. Im Hintergrund beeindrucken herrschaftliche Bergriesen.

80 Kilometer hinter dem höchsten Punkt der Strecke, dem Tanggula-Pass (5072 Meter) führt die Strecke in das erste Städtchen auf tibetischer Seite, Amdo. Der Bahnhof ist noch ein Rohbau. Doch man kann bereits erkennen, dass er nicht nur aus einer erhöhten Plattform bestehen wird. Die 35000 Einwohner von Amdo sollen spüren, dass ihnen die Bahn "Modernisierung" beschert. Im Amdofluss stehen rostrote Stahlungetüme, deren Förderbänder Gesteinsbrocken durch Wasserschleusen transportieren und Gold von wertlosem Geröll trennen. 120 Mineralien werden in Tibet vermutet, dazu Gas, Öl und Kohle. Auch deren Transport wird durch die Bahn wirtschaftlicher werden. "Xizang", das chinesische Wort für Tibet, bedeutet "Westliche Schatzkammer". Dank der Bahn sollen auch besonders Tibets Bodenschätze leichter abtransportiert und Grundstoffe wie Kohle, Stahl oder Baumaterial zu einem Bruchteil der bisherigen Kosten nach Tibet transportiert werden.

Seit Fertigstellung der Bahn im Juli 2006 kamen nahezu 50% aller Tibet - Reisenden mit dem Zug ins Land. Das neue Verkehrsmittel hat den Tourismus um 60% gesteigert. Doch für Kritiker bedeutet das nur einen weiteren Eingriff Chinas in die tibetische Kultur und erhöhe die Kontrolle durch China. Vielen Tibetern und Bürgerrechtlern bereitet der Zug Sorgen. Sie fürchten, dass ihre Kultur langsam, aber sicher zur Touristenattraktion verkommen wird.

(..) Text an dieser Stelle gekürzt


Und irgendwo dahinter steht der Potala – der echte.
Lhasa liegt auf 3700 Metern Höhe. Wer sich Zeit nehmen will, den Potala Palast, den Jokhang-Tempel, Norbulingka oder Ramoche zu besichtigen, der sollte seinem Körper einen Tag Zeit geben, um sich an die Höhe anzupassen.
Leider darf man sich heute im berühmten Potala-Tempel nur noch eine Stunde lang – stets von einem einheimischen Führer begleitet – aufhalten.

Ganz auf eigene Faust ist der Rundgang durch das tibetische Stadtviertel Lhasas Barkhor gestattet. Verwinkelte Gassen und Läden voller prachtvollem Kunsthandwerk faszinieren. An jeder Straßenecke wird alles erdenklich Essbare feilgeboten; überall riecht es nach Yak-Butter Tee und den kleinen Lämpchen, die in den buddhistischen Tempeln brennen.

Inmitten dieses Gewirrs steht der gewaltige Tempel Jokhang. Gläubige Pilger umrunden ihn indem sie sich immer wieder niederwerfen. Sie bitten so um eine bessere Wiedergeburt.
Über all dem hängt der blaue Himmel des Himalaya – über dem Dach der Welt.

Kurzinfos:

Strecke:
Die Gesamtstrecke der Lhasa-Bahn beginnt in Xining und verläuft bis Lhasa. Oft wird Golmud als Anfangspunkt bezeichnet, da die 2006 fertiggestellte Neubaustrecke dort ansetzte. Bis dahin war Golmud Endpunkt des 814 Kilometer langen ersten Streckenabschnitts der Lhasa-Bahn.

Länge:
1956 Kilometer
Davon 960 Kilometer über 4000 Meter und 550 Kilometer auf Permafrostboden

Höchster Punkt: Tanggula-Pass, 5.072 Meter
Längster Tunnel: Fenghuo-Shan-Tunnel, 4.905 Meter
Höchstgeschwindigkeit: 120 km/h

Fahrtzeit:
Golmud–Lhasa etwa 12 Stunden
Peking–Lhasa etwa 48 Stunden

Bauzeit:
Strecke Golmud-Lhasa: 2001-2006
Die Strecke von Xining bis Golmud wurde 1984 fertiggestellt

Eröffnung: 1. Juli 2006
Kosten: 3,3 Milliarden Euro


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Text und Fotos: Sabine Wiegand
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