Das Paradies der Schokoladenhügel

Dämmerung im Regenwald. Im Schein der Taschenlampe werden zwei kugelrunde Augen reflektiert. Es scheint sich um ein größeres Tier zu handeln. Um so größer die Überraschung, als es ins Blickfeld gerät: Ein merkwürdiges Wesen kaum größer als eine Orange mit froschartigen Beinen ist zu sehen. Es hat übergroße Augen und riesige Ohren die ständig in Bewegung sind. Der drollige Zwerg klammert sich an einen Baumstamm fest. Plötzlich macht das Tier einen weiten Satz, schnappt sich einen Nachtfalter und verschwindet anschließend im Unterholz.

Der Philippinen-Koboldmaki, auch Tarsier genannt, lebt im Untergeschoss der Bäume, etwa ein bis zwei Meter über dem Boden. Obwohl winzig und zerbrechlich, ist der Tarsier ein Raubtier - der einzige Primat der Erde, der sich ausschließlich von lebender Beute ernährt. Insekten, Eidechsen, sogar kleine Krebse und Fische stehen auf seinem Speiseplan. Mit seinen kräftigen Hinterbeinen katapultiert sich der winzige Insektenjäger von Baum zu Baum. Bis zu drei Meter weit. Vorfahren der kleinen Äffchen gab es schon vor mehr als 50 Millionen Jahren. Dennoch weiß man bis Heute sehr wenig über das Leben des Tarsiers. Manche Forscher halten sie für direkte Vorfahren unserer heutigen Affen und somit auch für einen möglichen Ur-Ur-Ahn des Menschen.

Bohol beherbergt eine bizarre Tierwelt und eine ungewöhnliche Geologie. Im Inneren der Insel verteilen sich auf einem Plateau mehr als 1600 mysteriöse Buckel. Der Ursprung der eigenartigen Hügellandschaft ist nicht eindeutig geklärt. „Schokoladenhügel“ werden die Kuppen genannt, weil sich die mit Gras bewachsenen Kegel im Sommer braun färben. Die dichten Wälder am Fuß der "Chocolate-Hills" bieten nicht nur dem Tarsier ideale Lebensbedingungen. Hier leben seltene Horn- und Eisvögel, Schlangenadler, Echsen, Javaneraffen und eine Vielzahl an Insekten, Reptilien und Amphibien.

Bekannt ist die philippinische Insel bisher aber eher als Tauch- und Schnorcheljuwel. Herrliche Korallenriffe voller Fische und anderer bunter Meereslebewesen ziehen Tausende Besucher an. Die Touristen teilen sich die Strände mit Tieren, die sich nicht so leicht abschrecken lassen. Landkrabben betrachten den Strand als ihr Revier und drohen jeden der ihnen zu nahe kommt mit ihren kräftigen Scheren. Sie werden meistens in Ruhe gelassen und haben wenig Probleme mit den zweibeinigen Sonnenanbetern.

Nicht ganz so gut ergeht es den Flughunden, die mit mehreren Arten auf Bohol vertreten sind. Wegen ihrer Fähigkeit zu Fliegen, ohne ein Vogel zu sein, und ihrer nächtlichen Lebensweise gelten sie bei einigen Einheimischen noch als Dämonen und Unglücksbringer. Manchmal werden sie auch als Nahrungskonkurrenten abgeschossen, da sie gerne an Früchten knabbern. Tatsächlich sind Flughunde aber ungefährlich und sehr nützlich. Sie ernähren sich rein pflanzlich von Nektar, Pollen und Blüten und sind für viele Pflanzen als Blütenbestäuber und Samen-Transporteur unverzichtbar.

Auch im Reich der Vögel gibt es ungewöhnliches zu entdecken. Zum Beispiel den Doppelhornvogel. Das Männchen erreicht eine Stolze Größe von bis zu 1,30 m. Der charakteristische rote Schnabelaufsatz reicht hinauf bis zum Scheitel. Obwohl er massiv und schwer aussieht, ist er aufgrund einer Hohlkonstruktion tatsächlich sehr leicht. Meist halten sich die Doppelhornvögel ganz oben in den Baumkronen auf. Da sie beim Fliegen ein deutlich hörbares, pfeifendes Flügelgeräusch erzeugen, wird man ihrer Gegenwart dennoch schnell gewahr.

1Viel leiser kommen die vielen hübschen Schmetterlinge daher, die auf der Suche nach Blüten in großer Zahl durch die Lüfte gaukeln. Würde es in Bohol nicht auch Schlangen, Spinnen und Moskitos geben, man könnte den Wald mit den Schokobergen als Paradies auf Erden betrachten. Ein bedrohtes Paradies, denn mittlerweile leben mehr als eine Million Menschen auf der Insel. Da bleibt immer weniger Platz für den Wald und seine einmaligen Bewohner. Nur durch strenge Schutzmaßnahmen werden die ungewöhnlichen Tiere Bohols überleben können.

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