Weißes Gold aus Nordostbayern

Vom Niedergang der Porzellanindustrie
Weißes Gold aus Nordostbayern

Die Porzellanindustrie ist dort heute fast völlig verschwunden


Um das Jahr 1700 schließt sich der Apothekerlehrling Johann Friedrich Böttger beim Apotheker Zorn zu Berlin ins finstere Kämmerlein ein und hat nichts geringeres vor, als die „Alltinktur“ zu finden, mit deren Hilfe nicht nur sämtliche Krankheiten geheilt werden könnten, sondern auch aus unedlen Metallen Gold herzustellen wäre. Da sein Treiben nicht geheim bleibt und er bald als Eingeweihter in die Geheimnisse der Alchemie gilt, wird er von Kurfürst August dem Starken kurzerhand in „Schutzhaft“ genommen. Der sich immer in Geldnöten befindende Monarch verlangt von Böttger die Herausgabe der sogenannten Alltinktur, sowie die Umwandlung von unedlen Metallen in pures Gold. In den darauffolgenden Jahren seiner eingeschränkten Bewegungsfreiheit gelingt Böttger jedoch keines von beiden. Was er allerdings unter der Aufsicht und Mitarbeit des Gelehrten Walther von Tschirnhaus zustandebringt, ist 1708 die Erfindung des „rothen Porcellains“ und kurz darauf die Wiedererfindung des europäischen Hartporzellans. Wiedererfindung deshalb, weil Porzellan ja schon aus China bekannt war. Nur kannte man seine Zusammensetzung in Europa nicht. Dort gehen die Ursprünge bis auf etwa 200 Jahre vor Christus zurück. Tausend Jahre später gelang dort die Herstellung des durchscheinenden Porzellans, das dann später die Bewunderung und den Neid in der ganzen westlichen Welt erregte. Dem Wert nach wurde dieses Porzellan mit Silber und Gold gleichgesetzt.

Im Jahre 1710 entstand in der Meißner Albrechtsburg die erste europäische Porzellanproduktionsstätte, die Weltgeltung erreichte. Fast ein halbes Jahrhundert lang konnte Meißen das Geheimnis der Porzellanherstellung für sich bewahren, bis es geflüchtete Handwerker in ganz Europa bekannt machten.

1747 wurde die erste bayerische Porzellanmanufaktur in Nymphenburg und 1751 als Konkurrenz dazu die zweite in Frankenthal gegründet. Letztgenannte Manufaktur sowie viele der in der darauffolgenden Zeit in ganz Europa gegründeten Unternehmungen mussten jedoch um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert ihre Produktion wieder einstellen. Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts, besonders jedoch in dessen dritten Viertel, kam es zu zahlreichen Neugründungen, die aufgrund von Kaolinvorkommen besonders rings um Selb in Nordostbayern entstanden. In diesem Zentrum zwischen Selb und Weiden wurden unter anderem auch in Arzberg, Schirnding, Waldsassen, Mitterteich, Tirschenreuth und Erbendorf bis vor dem Niedergang der Porzellanindustrie, 90 Prozent des deutschen Porzellans produziert.
Doch aus was besteht denn nun eigentlich jenes Porzellan, dessen Geheimnis der Zusammensetzung mehrere Jahrhunderte hindurch viele Alchemisten auf die Spur zu kommen versuchten? Kaolin Quarz und Feldspat sind die drei Grundstoffe, aus denen nach einem bestimmten Mischungsverhältnis die Porzellanmasse hergestellt wird. Je nachdem, ob in Drehautomaten Teller oder im Gießverfahren Kannen, Dosen usw. hergestellt werden sollen, wird diese Masse kompakt und schmiegsam oder flüssig verarbeitet. Neue Technologien jedoch ersetzen heute die meisten der alten Verfahren. Mit Hilfe von isostatischen Trockenpressen wird Geschirr aus Porzellanpulver tockengepresst und im sogenannten Spritzprägeverfahren wird – ähnlich wie bei der plastischen Kunststoffverformung – plastilinartige Porzellanmasse in Metallformen eingespritzt und unter sehr hohem Druck ausgeformt.

Doch zurück zur alten Technik, die in vielen Betrieben bis Ende des vergangenen Jahrhunderts angewandt wurde. Nach dem Trocknen erhalten die Gegenstände den sogenannten Glühbrand bei zirka 900 Grad, der in etwa 18 bis 20 Stunden vor sich geht. Nach dem Verglühen erhält das Geschirr die Glasur, die dem Porzellan die zarte, glänzende Schönheit verleiht. Die Glasurflüssigkeit besteht aus den gleichen Bestandteilen wie die Porzellanmasse, nur ist sie viel flüssiger. Daraufhin folgt der Glattbrand bei etwa 1400 Grad. Dabei werden die Geschirrteile wiederum kontinuierlich in etwa 30 Stunden durch einen 80 Meter langen Tunnelofen gefahren. Anschließend kann das fertige Porzellan dekoriert werden. Dies geschieht entweder mit bunten Abziehbildern oder durch Handmalerei. Danach muss es allerdings noch einmal bei 800 Grad in einem Dekorbrandofen gebrannt werden. Hierbei verbinden sich die Farben oder die Silber- Goldpräparate mit der Glasur. Soll das Porzellan spülmaschinenfeste Dekore erhalten, werden diese bei 1400 Grad gebrannt, so dass diese spezielle Farbe in die noch einmal weich gewordene Glasur eindringt.

Durch Automatisierung und immer neueren Technologien wurde in der Porzellanindustrie die Massenproduktion von Gebrauchsgeschiss in hohen Stückzahlen erreicht. Wo einst alles Handarbeit war, wird heute der Mensch nur noch als ein Teil einer Maschinerie beansprucht. Trotz der hohen Technisierung in der Porzellanherstellung konnte der Untergang der Bayerischen Porzellanindustrie nicht verhindert werden. Porzellanhersteller aus Drittländern, die mit ihren billigen Produkten unseren Markt überschwemmten waren jedoch nur eine von mehreren Ursachen diese Niedergangs. Heute sind es in Nordbayern nur noch einige wenige Porzellanfabriken, die der Übermacht aus den Billigländern trotzen konnten und noch immer das Weiße Gold herstellen

Text und Fotos: Walter J. Pilsak

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