Geheimnisvolle Welt der Pilze

Der Pilz, Dein Freund und Helfer
Geheimnisvolle Welt der Pilze
Bald beginnt sie wieder, die Hoch-Zeit der Pilze. Dann stehen sie wieder im dunklen Wald, in saftigen Moospolstern, verborgen im Halbdunkel unter Farnen und Büschen. Leuchten farbenprächtig aus dem Unterholz, locken uns mit verführerisch erdigem Duft und versprechen uns lukullische Hochgenüsse. Herbstzeit ist für viele Freunde der Hutträger vor allem Pilz-Zeit.

Pilze kommen aber nicht nur in der vermeintlich typischen Optik mit Stiel und Schirm daher und verleihen allerlei Gerichten die ebenso typische Würze; wer einmal über den Tellerrand von Steinpilzsuppe und Pfifferlingsauce schaut, wird Überraschendes und Verblüffendes entdecken. Erst nach und nach erkennen Mediziner, Forstwissenschaftler und Biologen die vielen Geheimnisse hinter dieser rätselhaften Lebensform und ihre wahre Bedeutung im Reich der Natur.
Lange Zeit vermutete man, Pilze entstünden aus „Miasmen“, aus üblen Ausdünstungen sumpfiger Gegenden, aus Verwesung und Verfall. Auch später, als die Wissenschaft sich ernsthaft ihrer annahm, gaben die Schwammerl den Naturkundlern weiterhin Rätsel auf. Selbst eine korrekte Einordnung ins Reich der Natur war erst einmal nicht möglich, da Pilze weder eindeutig den Pflanzen zuzuordnen waren noch den Tieren - soviel wenigstens hatte man bald erkannt. Aber was sollte man davon halten? Pilze waren Lebewesen, die zwar ortsfest lebten wie Pflanzen, aber nicht wie diese mit Hilfe von Chlorophyll aus Sonnenlicht Energie gewannen. Pilze unterschieden sich auf zellulärer Ebene stark von Tieren, nutzen aber wie diese den Zucker Glykogen als Speichermedium, während Pflanzen bekanntlich Stärke speichern. Pilze bauten wie die Insekten Chitin als Gerüststoff ein, wiesen ansonsten mit Mücke, Fliege und Co aber doch eher wenige Gemeinsamkeiten auf. Sie vermehrten sich mal geschlechtlich, mal ungeschlechtlich, gingen überwiegend unter Ausschluss der Öffentlichkeit seinen rätselhaften Geschäften nach, bewirkten mal als Heilmittel wahre Wunder, sorgten dann wieder reihenweise für Vergiftungen und Todesfälle unter unwissenden Menschen. Kein Wunder, dass selbst gestandene Naturforscher stirnrunzelnd kapitulierten und entnervt den goldenen Weg der Mitte beschritten: Erst vor relativ kurzer Zeit wurde den Pilzen endlich der ihnen gebührende Platz zugewiesen. Wie es ihrer Bedeutung entspricht, bekamen sie nach langem Hin und Her schlussendlich ein eigenes Reich zugewiesen, stolz zwischen Pflanzenreich und Tierreich gerückt. Sie stehen allerdings ein wenig näher bei den Tieren, mit denen sie viele Gemeinsamkeiten aufweisen.

Fachleute vermuten, dass es über 5 Millionen Pilzarten geben dürfte, von denen bislang erst 100.00 bekannt sind – das sind gerade mal 2 %. Viel gibt es also noch zu entdecken, doch eines weiß man schon: Das größte Lebewesen der Welt ist nicht etwa der imposante Blauwal, der mit schlappen 200 Tonnen Gewicht die Weltmeere durchpflügt, sondern ein Pilz. Gegenwärtig gilt ein in Oregon gefundener und vermessener Hallimasch, dessen Verwandte uns gerne auch hierzulande im Wald begegnen, mit einer Ausdehnung von 880 Hektar und einem geschätzten Gewicht von 600 Tonnen als größtes Lebewesen der Erde. Da können Blauwal und Konsorten einpacken …

Pilze werden eben oft unterschätzt und übersehen, da sich ihr Leben überwiegend im Verborgenen abspielt: Entweder im mikroskopisch kleinen und damit für unbewaffnete Menschenaugen unzugänglichen Bereich oder unterhalb der Erdoberfläche. Was wir nämlich gerne „Pilz“ nennen, ist nur ein vergleichsweise kleiner und unbedeutender Teil des Pilz“Körpers“. „Pilze“ sind nichts als die Fruchtkörper des eigentlichen Lebewesens.

Leuchtend rote Fliegenpilze, schmackhafte Steinpilze, sonnengelbe Pfifferlinge und knackige Champignons, sie alle sind nur die Früchte eines viel größeren, im Untergrund wachsenden Organismus. Im Erdboden oder auch im Holz bilden mikroskopisch kleine Pilzfäden ein dichtes Geflecht, das „Myzel“ genannt wird. Gestützt von Chitin, dem Gerüststoff der Insekten, bildet der Pilzorganismus im Verborgenen ein weitläufiges Netz aus Fäden, das oft eine enge Beziehung zum Wurzelwerk von Bäumen eingeht. Dieses Myzel ist der eigentliche Pilz, der dann zeitweise zum Zweck der Fortpflanzung die bekannten oberirdischen Fruchtkörper ausbildet – darunter die leckeren Speisepilze, die wir so gerne sammeln und zu schmackhaften Gerichten verarbeiten. Die Natur hat Steinpilz und Co. aber nicht in erster Linie für den Verzehr durch zweibeinige Pilzfreunde vorgesehen, unterhalb der schmucken Hüte werden Sporen abgegeben und zwecks Vermehrung und Verbreitung verstreut.

Die Beziehung zwischen Myzel, Fruchtkörper und Spore ist vergleichbar mit der zwischen Baum, Frucht und Samen. Der leuchtend rote Apfel am Apfelbaum entspricht in seiner Bedeutung dem ebenso roten Fliegenpilz oder einem seiner Kollegen, die nur Sporenträger des unsichtbar weitläufig im Waldboden wachsenden Pilzmyzels – vergleichbar dem Baum - sind. Die apfelkerne – Apfelsamen – entsprechen den Sporen, die als feiner Staub vom Hut des Schwammerls abgegeben werden.

Forstwissenschaftler lieben Pilze ebenso sehr, wie sie sie fürchten.
Diese Hassliebe gründet sich auf zwei wesentliche Merkmale vieler Pilzarten: Manche befallen Holz und zersetzen es, wobei sie sich nicht nur auf Totholz beschränken, sondern auch gesunde Bäume mit ihrem Myzel durchdringen und schwächen. Der Baum stirbt ab, das Holz ist nicht verwertbar, ein Totalverlust für die Forstwirtschaft. Bedeutsamer aber ist die „Mykorrhiza“ genannte Arbeitsgemeinschaft, die Pilze und Pflanzen eingehen. Das feine Wurzelwerk der Pflanze wird von zarten Pilzhyphen umschlugen oder gar durchdrungen, sodass ein Tauschgeschäft möglich wird: Der Pilz liefert der Pflanze Wasser und Mineralsalze und erhält dafür Produkte aus der Photosynthese, der Herstellung von Nährstoffen mit Hilfe des Blattgrüns. Beide profitieren von dieser konstruktiven Zusammenarbeit und erobern sich so Standorte, an denen einer alleine scheitern würde.

Dabei ergeben sich oft feste Lebensgemeinschaften, bei denen bestimmte Baumarten stets mit bestimmten Pilzarten kooperieren. Diese wirtsspezifischen Pilze können halt nur mit Einem – der Eichenreizker etwa siedelt immer gemeinsam mit Eichen. Andere Arten nehmen es nicht ganz so genau, die einen stehen eher auf Nadelbäume, andere bevorzugen Laubbäume, wieder andere finden sich in der Umgebung von Buchen, nehmen aber auch mit Eichen vorlieb.

Etwa ein Drittel der hiesigen Ständerpilze sind Mykorrhizapilze, die große Bedeutung dieser Symbiose aber unterstreicht eine noch wesentlich eindrucksvollere Tatsache: Alle Bäume in unseren Wäldern sind mit Mykorrhizapilzen vergesellschaftet, insgesamt leben vermutlich bis zu 90% aller Pflanzen weltweit in Gemeinschaft mit Pilzen.

Ohne Pilz kein Baum – kein Wunder, dass viele Forstwissenschaftler die Sammelwut mancher Pilzfreunde kritisch sehen. Zwar entfernt der Liebhaber von Lachsreizker, Pfifferling und Semmelstoppelpilz „nur“ die Fruchtkörper und lässt das dichte Myzelgeflecht im Erdboden unversehrt, doch nimmt er damit dem Pilz eine wichtige Form der Fortpflanzung. Hinzu kommt, dass so mancher Waldbesucher beim Sammeln unvorsichtig oder gar rücksichtslos vorgeht, „unnütze“ Giftpilze zertritt, das empfindliche Myzel beim Entfernen der Speisepilze schädigt, akribisch jeden einzelnen Pilz im weitem Umkreis einsammelt, anstatt wenigstens ein paar reife Sporenträger stehen zu lassen. Ohne Pilz kein Baum … und ohne Bäume irgendwann auch keine leckeren Speisepilze mehr!

Was haben duftende Brote, schmackhafte Weine und Biere oder leckerer Käse mit Antibiotika gemeinsam? Was verbindet unangenehme Erkrankungen an menschlichen Nägeln und Schleimhäuten mit Rauschzuständen? Es sind die Pilze, natürlich. Denn hinter diesem Begriff verbergen sich nicht nur die ansehnlichen „richtigen“ Pilze, die Ständerpilze wie Steinpilz oder Reizker, die uns im Wald begegnen, nicht nur Schimmelpilze und Baumpilze, sondern ein ganzes Reich an teils nur einzelligen Lebewesen, die weithin unerkannt um uns und sogar in uns leben. Sie greifen als Backhefen dem Bäcker unter die Arme, unterstützen Winzer und Bierbrauer, produzieren Medikamente gegen bakterielle Infektionen ebenso wie Fungizide gegen schädliche Artgenossen, sorgen als psychoaktive Pilze für Halluzinationen oder breiten sich beschützend auf den inneren und äußeren Oberflächen von Lebewesen aus und sorgen dafür, dass sich hier keine unerwünschten Krankmacher ansiedeln können – oder sie verursachen Infektionen, wenn dieser Schutz fehlt. Pilze sind es auch, die als Destruenten dafür sorgen, dass wir nicht in organischen Abfällen ersticken, denn sie zersetzen Biomasse und schaffen so Humus.

Es gibt also viele gute Gründe, dem Pilz mit Achtung und Interesse zu begegnen. Wer jetzt noch nicht überzeugt ist, möge einfach mal ein Pilz-Handbuch zur Hand nehmen und aufschlagen. Namen wie „Kahler Krempling“, „Mäuseöhrchen“, „Voreilender Helmling“ oder „Unerträglicher Schleimkopf“ finden sich im Reich der Pilze zuhauf. Mit einem Wettbewerb „Wer findet den Pilz mit dem lustigsten Namen?“ lassen sich nicht nur Kinder für Pilze begeistern. Und wenn Sie Ihren Kleinen dann noch stolz die ebenso übelriechende wie bizarre Gemeine Stinkmorchel zeigen (deren lateinischer Name Phallus impudicus wirklich treffend gewählt ist …) oder zu erzählen wissen, wie der eigentlich in Australien beheimatete witzige Tintenfischpilz hierzulande heimisch wurde (er gelangte vermutlich vor etlichen Jahrzehnten in Sporenform an der Schuhsohle eines Wanderers klebend von Australien in die Vogesen und hat sich inzwischen bis zur Ostseeküste ausgebreitet), dürfte Ihnen die Aufmerksamkeit aller Zuhörer gewiss sein. Neue Freunde für die Pilze gewinnen, das nützt nicht nur den Pilzen, sondern auch uns Menschen … nicht zuletzt wegen leckerer Pfifferlingsauce, gutem Wein und wirksamen Antibiotika. Ohne Pilz auch kein Mensch.

Text & Fotos: Angelika Schmelzer


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