Hirse - Getreide mit Tradition selber züchten

Gesund und nahrhaft - Hirse aus eigenem Anbau
Gesund und nahrhaft - Hirse aus eigenem Anbau

Die Hirse war bis ins 18. Jahrhundert ein Hauptnahrungsmittel der europäischen Bevölkerung. Heute dienen die kleinen Körner vorwiegend den Wellensittichen und anderen Käfigvögeln als Futter. Im Zuge der bewussten Ernährung finden zunehmend wieder mehr Menschen Geschmack an diesem wertvollen Getreide.

Der Feldanbau von Hirse wird bereits in römischen Schriften erwähnt. Auch im Mittelalter und in der Neuzeit gehörte dieses Getreide noch zu den Hauptnahrungsmitteln. Hirsebrei war besonders im ländlichen Raum die wichtigste Speise. So berichtet der Schriftsteller Wolf Helmhardt von Hohberg, der von 1612 bis 1688 lebte, in seiner Georgica curiosa: “ Der geneute Hirspreyn ist ein starkes sattsames Essen und wiewol er harter Däuung ist, gibt er doch denen arbeitsamen Leuten gute Nahrung daher er für das Gesind sehr wol und ergäbig zu brauchen auch für die Tagwercker und Robbather ist sonst kalt und trockener Eigenschaft und stopfet den Laib ist kalt im ersten und trocken im dritten Grad doch mit einer subtilen Substanz.....”

Verschiedene Arten

Genau genommen handelt es sich nicht um die Hirse, sondern um verschiedene Arten und zwar die Rispenhirse (Panicum miliaceum) und die Kolbenhirse (Setaria italica). Beide Arten wurden bereits vor den Römern von den Kelten in Mitteleuropa kultiviert, was Ausgrabungen beweisen. Eine dritte Art, die Mohrenhirse (Sorghum bicolor), die heute in warmen Ländern der Erde gedeiht, war damals in Mitteleuropa nicht verbreitet. Diese Art gehört in Afrika und Asien zu den wichtigsten Getreide-Arten. Die Rispenhirse oder Echte Hirse, die insbesondere von Biobauern als Nischenprodukt kultiviert wird, stammt ursprünglich aus Südostasien. Die schilfähnliche Graspflanze erreicht eine Höhe von etwa 1 m und bringt im Sommer ihre Blütenrispen hervor, in denen die feinen Samenkörner reifen. Die Kolbenhirse dient vorzugsweise als Vogelfutterpflanze. Sie ist im Wuchs der Rispenhirse ähnlich, nur statt der Rispen entwickelt sie kolbenförmige Samenstände. Die Mohrenhirse kann eine Höhe von mehr als 2 m erreichen. Sie wird in Mitteleuropa mehr als Zierpflanze kultiviert und weniger für die Getreideproduktion.

Wärmebedürftige Gräser

Das Aussterben der Hirse als Getreidepflanze hat mehrere Ursachen. Dazu gehören der hohe Pflegebedarf durch ständiges Jäten und Hacken, sowie die verzögerte Ausreife der Rispen und die dadurch umständliche Ernte. Vor allem machte die Einführung der Kartoffeln dem Hirseanbau ein Ende. Diese ertragreichen Knollenpflanzen waren wesentlich genügsamer und kamen mit dem feuchten Wetter besser zurecht. Außerdem brachte die Züchtung der heimischen Getreidearten, wie Weizen und Roggen bessere Sorten, die widerstandfähiger gegen Krankheiten waren und größere Samen entwickelten. Auch heute ist der Anbau von Hirse auf Regionen mit mildem Klima und leichten aber nährstoffhaltigen Böden beschränkt. Zugute kommt diesem wieder gefragten Getreide die Experimentierfreude mancher Biobauern und ihre kurze Kulturzeit.
Aussaat im Mai oder Vorkultur

Die frostempfindlichen Samen kommen erst Mitte Mai in den Boden. Sie gehen dann in wenigen Tagen auf. Die Gräser entwickelt sich bei mildem Wetter recht zügig und bringen bis zum Spätsommer ihre reifen Rispen hervor. Auch im Garten ist die Reihensaat in gut vorbereiteten lockeren Boden möglich. Besser bewährt hat sich die Vorkultur im Haus. Hier kann die Aussaat in Töpfen schon im April erfolgen. Zur Pflanzzeit stehen dann schon kräftige Sämlinge zur Verfügung. Es lohnt sich im ersten Jahr den Anbau zunächst nur auf kleiner Fläche auszuprobieren. Möglich ist auch die Kultur in Kübeln etwa auf dem Balkon. Manchmal gehen Hirse-Sämlinge von selbst im Garten auf. Sie stammen aus dem Vogelfutter von der Winterfütterung oder aus der Käfighaltung von Ziervögeln. Gleichermaßen wie bei der Rispenhirse erfolgt die Aussaat der Kolben- oder Borstenhirse.

Wertvolles Getreide

Der Renaissance der Hirse kommen auch ihr Nährstoffgehalt und ihre Kocheigenschaften zugute. Hirsekörner sind reich an Silizium (Kieselsäure), das beim Schälen der Spelzen allerdings zum Großteil verloren geht. Außerdem enthalten sie Karotin (Provitamin A). Wertvoll ist auch der hohe Gehalt an ungesättigten Fettsäuren (bis 80% vom gesamten Ölgehalt). Hinsichtlich weiterer Inhaltsstoffe sind Hirsekörner anderen Getreidearten ebenbürtig. Der Eisen- und Magnesium-Gehalt ist sogar höher als etwa bei Weizen- oder Roggen-Vollkorn. Anders als Weizen, Roggen und andere Getreide sind Hirsekörner glutenfrei und bieten für Getreideallergiker als gute Abwechslung zu Reis, Mais und Buchweizen. Selbst Produkte aus ökologischem Anbau gibt es preisgünstig in Bioläden oder gutsortierten Supermärkten.

Vielfach verwertbar

Hirse lässt sich je nach Zubereitungsart für viele Speisen nutzen. Die Körner eignen sich für Bratlinge, Brei, Aufläufe, Füllungen, Süßspeisen und mehr. Das glutenfreie Mehl ist jedoch nicht backfähig, es sei denn es wird mit einem anderen Mehl vermischt (z.B. zu 20% mit Weizenmehl). Ein Grundgericht lässt sich folgendermaßen zubereiten. Zunächst ist es nötig die Hirsekörner heiß zu waschen. Dann erfolgt die Zugabe der 4 fachen Menge Wasser, Gemüsebrühe oder Milch - je nach Bedarf - und das Aufkochen bei mittlerer Hitze für ca. 10 Minuten. Beim Köcheln für weitere 15 Minuten quellen die Körner auf. Gleichermaßen gelingt die Zubereitung von Hirseschrot oder Hirseflocken. Die Zugabe von Wasser, Gemüsebrühe oder Milch richtet sich nach dem Bedarf. Für pikante Bratlinge wird beispielsweise mit Gemüsebrühe aufgegossen. Für eine süße Nachspeise kommt stattdessen Milch dazu.


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Hirsebratlinge
Hirse süß mit Gelee (Bildbeispiel)

Text & Fotos: Peter Himmelhuber

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