Leidenschaft Schiffsmodellbau - Bausätze kommen nicht ins Haus

Gerüche von Leim, Bootslack und Holz liegen in der Luft. An den holzverblendeten Wänden und in den Schrägen  hängen  Takelgarne, Schnüre und allerlei Nützliches für den Schiffsmodellbau in greifbarer Nähe. Eine Nähmaschine rattert über das leichte,  rutschige Segeltuch. In der "Funkbude" von Karl-Heinz Heisch im Hattstedter Rungholtweg geht es zurzeit  wie in einer Segelmacherei "en miniature" zu. "Miniatursegel selbst zu nähen ist gar nicht so einfach", hat der ehemalige  Seemann feststellen müssen.....

Immer wenn  er in seine Arbeit vertieft ist, schaut ihm die fast zwei Meter lange "Mathilde Bolten" quasi auf die Finger. An Bord dieses Autotransporters war er in den 60er Jahren als Funkoffizier für die Handelsschifffahrt unterwegs. In seinen Freiwachen tüftelte er  während der Törns so lange mit Zange, Schere und  Lötkolben herum, bis aus dem Blech alter Konservendosen ein Modellnachbau  des gewaltigen Potts entstand. Kein Wunder, dass ein solcher 'Zeitgenosse' aus seinen Fahrenszeiten  zwischen 1957 und 1962 mit in die Hattstedter Funkbude einzog, als der Seemann 1967 die Seefahrt an den Nagel hängte.

Der Funkerei blieb der Funkoffizier auch als Ruheständler treu - dem Schiffsmodellbau auch. Die Herausforderung ließ nicht lange auf sich warten. Auslöser war die Dipomarbeit  von Svend Sörensen  über  Colin Archer, einen genialen Konstrukteur und Bootsbauer norwegischer Lotsen- und Rettungsboote. Die Mischung aus Sympathie für die Eleganz der historischen Großsegler und Respekt vor den alten Bootsbauern und Seemannschaften und deren Leistungsfähigkeit hat es Heisch gleich angetan. Für die handwerklichen Fähigkeiten hat Heisch nun mal einen besonderen Faible: "Ich vermute, so etwas gibt es nicht mehr und wird es wohl auch nicht mehr geben".  Colin Archer stehe für füllige seetüchtige Rettungsboote - gaffelgetakelte Spitzgatter. Eine Art Mythos, vom dem  der Seemann nach wie vor fasziniert ist.

Im seinem kleinen  Tüftlereich direkt unterm Dach  - halb Funkbude, halb Miniwerkstatt  - hat alles wofür Heisch  brannte und immer noch brennt, einen Platz gefunden. Während Funksprüche aus aller Welt eintrafen, entstanden in der kajütenartigen Atmosphäre der Modellbauwerkstatt im Dachgeschoss des Rungholtwegs nach und nach unterschiedlichste Modelle der Colin Archer in verschiedenen Maßstäben. Aber auch ein Gaffelschoner, die "Blue Nose" und der Entwurf zur eigenen Yacht - scherzhaft Rennziege genannt -  wurden Wirklichkeit.
Immer wieder hat der der Colin-Archer-Virus den Tüftler am Wickel.  Seiner  Devise: Bloß keine Bausätze! bleibt er absolut treu. Dem Zusammenspiel von Naturgesetzen und Technik kommt Heisch auf seine Weise  auf die Schliche, findet  eigenwillige Wege zur Umsetzung. Erst einmal berücksichtigt eine Grobskizze alle wichtigen Merkmale des Orignials, bevor er sich Schritt für Schritt dem eigentlichen Modellbau annähert.  Für den Rumpfaufbau  entsteht die Fiberglasrumpfschale "Marke Eigenbau"  aus Styropor. A und O bei dieser Basisarbeit: Schleifen und Spachteln -  und zwar so lange, bis der Rumpf stimmig ist  -  zugleich die größte Herausforderung.

Um Fertigprodukte macht der Modellbauer einen großen Bogen. Immer findet der kreative Kopf  Wege optimale Ergebnisse mit einfachsten Mitteln zu erzielen. Gerne überlassen ihm  regionale Handwerksbetriebe dafür gerne günstige Materialreste.  Beim Mastbau sorgte der Tüftler in der Modellbauszene mit "Besenstielen" vom ansässigen Kaufmann regelrecht  für Furore.

Sein  fünftes Colin-Archer Modell entstand aus einer Mixtur aus Fingerspitzengefühl für Materialien, handwerklichem Erfahrungsschatz, naturwissenschaftlichem Verständnis und eine gute Portion Improvisationstalent  haben daraus ein einzigartiges Modell mit  trickreicher Segelführung werden lassen.  Mehr als  300 Stunden hat der Modellbauer dafür geschliffen,  gespachtelt, gefeilt, gelackt, geschraubt, gelötet,geklebt, genäht und dabei so manche neue Idee ausgebrütet....