"Handzahm und von ruhiger Natur" - Marion Bohn züchtet Pommerngänse

Sie sind von der sensiblen Art, der Umgang mit ihnen erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl - genau das fasziniert Marion Bohn (48) an ihren Pommerngänsen.  Vor rund zehn Jahren hatte sich die gelernte Floristin ihre ersten beiden Langhälse zugelegt - und damit einen Kindheitsraum war gemacht. Inzwischen spielt sie in der "Champions League" der Gänsezüchter, hat einen Stamm von 20 Tieren, die sie in großzügigen Auslaufweiden im hessischen Vogelsberg hält.  In der Brutsaison zwischen März und Juni liegen im Schnitt 100 Eier in den Kästen. 

Bei  Rassegeflügelschauen räumt sie regelmäßig Preise ab. Selbst Zoos beliefert die zweifache Mutter inzwischen mit den handzahmen und ausgeglichenen Tieren - und widerlegt damit das Vorurteil von den zischenden aggressiven Bösewichten, die angeblich allein zum Weihnachtsbraten taugen. "Da meine Tiere alle sehr menschenbezogen sind, habe ich alljährlich immer eine große Nachfrage nach Junggänsen", berichtet Bohn.  Zu ihren Kunden gehören auch Privatpersonen, die sich die anhänglichen Gänse als Haustiere halten.

Ihre Liebe zu den Gänsen entdeckte Marion Bohn schon als Kind - angeregt von den Arbeiten des Verhaltensforschers Konrad Lorenz.  Als Stadtkind war allerdings an Gänsehaltung nicht zu denken.

 Mit sieben Jahren gründete sie ihren ersten Vogelschutzverein; Spenden dafür sammelte sie bei Nachbarn. Ihr Berufswunsch stand früh fest: Tierpflegerin.  Nach  erfolgloser Lehrstellensuche wird sie schließlich Floristin, heiratet, bekommt zwei Kinder. Erst als  sie mit ihrem zweiten Mann in den Vogelsberg zieht,  kann sie sich ihren Kindheits- und Jugendtraum erfüllen: die Gänsehaltung.

Allerdings muss auch sie erst Lehrgeld bezahlen, bis sich bei ihr die erhofften Zuchterfolge einstellen: Das erste Gänsepaar "Erwin" und Oswalde" kaufte sie bei einem fahrenden Händler. Als plötzlich beide Eier legten, war klar, dass "Erwin" gar kein Ganter ist. Mit einem richtigen Ganter startet sie schließlich die ersten Zuchtversuche.  Inzwischen wählt 
 Marion Bohn vor allem ruhige, verträgliche und ausgeglichene Tiere für die Nachzucht aus. Gerade deswegen sind Bohns Tiere so gefragt.

Zum schnöden Geschäft mit dem Ware Tier, bei dem am Ende nur der Profit zählt, ist die Gänsezucht für sie freilich auch nach Jahren nicht geworden. Im Gegenteil:  Mit der wachsenden Vertrautheit hat sie ihre Tiere noch mehr zu schätzen und lieben gelernt: "Diese Vögel sind charismatische, intelligente und sehr liebenswerte Geschöpfe. Respektiert man sie mitsamt ihren Eigenarten und kommuniziert mit ihnen, entwickeln die Gänse zu ihrem Pfleger eine  sehr enge, vertraute und wundervolle Beziehung",  schwärmt sie von ihren Langhälsen.