Die Wale von Valdez

Natufotografie im berühmten Naturschutzgebiet Valdez
"Ein Schwertwal rauscht mit schäumender Bugwelle aufs Ufer zu und wirft sich mit der ungebremsten Gewalt seiner sieben Tonnen auf den Strand von Punta Norte auf der argentinischen Halbinsel Valdez. Noch bevor er zum Halt gekommen ist, packt er eine junge Mähnenrobbe mit den kegelförmigen  Zähnen seines gewaltigen Mauls und schlängelt sich zurück in seine nasse Welt".  Diese berühmt gewordene Szene aus der Filmserie David Attenboroughs über die Raubtiere der Welt hatte ich vor Augen, als ich mich entschloss, im letzten Frühjahr  zusammen mit meinem Freund Rolf Philips Patagonien zu besuchen. Und genau dieses Bild wollte ich von Valdez mitbringen: "Schwertwal mit einer Robbe im Maul".

Dass das gar nicht so einfach werden würde, war mir spätestens klar, als mir am Vorabend meiner Abreise der alte "Patagonienfuchs" Armin Maywald am Telefon erzählte, dass er bis drei Tage vorher auf Valdez gewesen wäre und  insgesamt 14 Tage in einem  Versteck auf  die Orcas gewartet und in dieser Zeit insgesamt gerade einmal zwei Angriffe erlebt hätte!

Nicht nur weil längst alles geplant und gepackt war, sind wir trotzdem geflogen. Den ersten Tag auf Valdez haben wir gebraucht, um die Stelle mit den Robben bei Punta Norte zu finden und festzustellen, dass man hier wie auf der ganzen Halbinsel  an keiner einzigen Stelle den Meeresstrand betreten darf und damit weder zu den Mähnenrobben noch zu den See-Elefanten gehen und somit auch keine Photos machen kann. Da haben wir uns dann daran erinnert, dass Armin noch etwas von einer Film-Erlaubnis gemurmelt hatte, die sehr teuer wäre. Den zweiten Tag haben wir gebraucht, um zur Provinzhauptstadt Rawson zu fahren und dort die Erlaubnis zu beantragen. Sie hat 350,- US $ pro Tag gekostet, zuzüglich einer Sicherheitsgebühr von 600,- $, die wir aber zurückerstattet bekommen sollten, wenn wir nach unserer Heimkehr nach Deutschland der Naturschutzbehörde fünf unserer Bilder als Beweis unser Tätigkeit dort zuschicken würden. Die Beschaffung dieser ja nicht unerheblichen Summe war abenteuerlich, noch nie habe ich eine so kooperative Naturschutzbehörde erlebt, die uns sogar einen Zugang zu einer eigentlich geschlossenen Bank ermöglichte!

Am dritten, vierten und fünften Tag dürfen wir kraft unserer teuren Erlaubnis vormittags in Begleitung eines Naturschutzwartes zu den Robben gehen. Seine Aufgabe besteht in erster Linie darin, uns auf keinen Fall näher als 100 m an die Tiere heranzulassen. Es handelt sich um Mähnenrobben (Otaria byronia). Sie leben hier  in Gruppen zusammen, die mehrere Hundert Tiere zählen können. Wir nähern uns vorsichtig einer Kolonie von vielleicht 70 bis 80 Tieren. Nahebei stehen etwa 20 bis 30 Dominikanermöwen. Nur Weibchen mit ihren Jungen und einige halbstarke Männchen bevölkern den Strand. Die bis zu einer halben Tonne schweren alten Bullen mit den mächtigen Mähnen und Bulldoggengesichtern haben um diese Jahreszeit die Strände bereits wieder verlassen. Sie  erscheinen Ende November an Land und bleiben bis Ende Februar. In dieser Zeit kämpfen sie heftig miteinander und errichten Territorien, in die die Weibchen aufgenommen werden. Von Ende Dezember bis Mitte Januar werden die meisten Jungen geboren. Danach paaren sich die Weibchen sofort wieder mit den "Haremsbesitzern".  Die Jungen gehen zum ersten Mal im Alter von zwei Monaten ins Wasser. Sie werden fast ein Jahr lang von ihren Müttern gesäugt.  

Gegen Mittag verlassen wir den Strand. Auf unserem Weg zum Parkplatz machen wir Bekanntschaft mit den Braunzottigen Gürteltieren, die hier zahlreiche Höhlen bewohnen, und den Zwergmeerschweinchen, die in der Nachbarschaft der Menschen eine Nahrungsquelle und Zuflucht gefunden haben. Dann wechseln wir  mit aufkommender Flut ins "Versteck" am Kanal. Hier gibt es im flachen Küstenwasser eine tiefe Rinne, eben den Kanal, in der die Schwertwale Anlauf nehmen können für ihre Angriffe auf die Robben am Strand. Das Versteck ist in einem erbarmungswürdigen Zustand, es besteht im wesentlichen aus einem völlig durchsichtigen Netz, in dem einige dürre Kiefernzweige stecken.

Am ersten Tag passiert lange Zeit gar nichts. Die Robbenweibchen mit ihren Babies bewegen sich schwimmend und "laufend" am Ufer entlang zu einer anderen Stelle der Kolonie. Sie bemerken uns in unserem unvollkommenen "Versteck" sehr wohl. Unsicher laufen und schwimmen sie ungerichtet hin und her. Meine Begleiter und ich sind wohl in der Mittagshitze eingenickt, als ich plötzlich ein mächtiges Rauschen vernehme und aus dem Augenwinkel mitbekomme, wie ein Schwertwal direkt an der Wasserlinie eine Robbe erbeutet und sofort wieder im Wasser verschwindet. Schon kommt ein zweiter Wal mit mächtiger Bugwelle ans Ufer geschossen. Ich lasse den Motor meiner F5 laufen. Der Wal verpasst die Robbe um Haaresbreite und bleibt unmittelbar vor seiner Beute auf dem Ufer liegen. Genau zwei Bilder "sind noch auf dem Film". Ehe ich einen neuen einlegen oder die Kamera wechseln kann, hat der Schwertwal sich ins Wasser zurückgestrampelt.

Das war meine einzige Gelegenheit, ein Bild von einem "Wal mit Robbe" zu machen. Dieses Bild hat zunächst überhaupt nicht gemein mit der Vorstellung von "meinem Bild": Der Wal hat die Robbe nicht im Maul, das Licht steht schlecht schräg von hinten, ein Sandwall versperrt zum Teil die Sicht auf den Strand. Doch das Bild weckt Emotionen. Ich habe es "The lucky one" genannt, "der Glückliche". Das winzige Mähnenrobbenbaby ist dem gewaltigen "Killerwal" entkommen. Es ist ein versöhnliches Bild, es macht Hoffnung. So gesehen ist es vielleicht ein viel besseres und schöneres Bild als das einer bluttriefenden Robbe, die aus dem Maul des Schwertwales heraushängt. Und die Dynamik des Angriffs ist im Moment der Aufnahme durch gischtendes und aufspritzendes Wasser noch aufrechterhalten. So bin ich am Ende doch zufrieden mit diesem Bild. 

Insgesamt sechs oder sieben weibliche Orcas hatten sich an diesem Tag in der Bucht eingefunden. Sie fingen noch einige Robben, aber alle draußen im Wasser. Am nächsten Tag kam gar kein Wal, am übernächsten kam nur "Mel". Auch er fing Robben nur draußen im Wasser und ließ sich in Ufernähe  nicht blicken. Dann war unser Aufenthalt vorüber, die Gebühr für den Naturschutz war abgearbeitet. Mel ist ein fast dreißigjähriger männlicher Schwertwal. Er hat hier bei Punta Norte sein Revier. Bis vor etwa fünf sechs Jahren hat er es mit seinem älteren Bruder Bernardo geteilt, seitdem ist Bernardo verschwunden, vermutlich tot. Fast alle Photos von "Schwertwalen mit erbeuteten Robben" zeigen Mel. Normalerweise fängt nur er hier Robben. Neuerdings ist er nicht mehr gut in Form. Seitdem sein Bruder Bernardo tot ist, scheint er nach Meinung des ortsansässigen Biologen Roberto Bubas zu trauern, ist er nicht mehr der Alte. Zudem hat er eine schlimme Unterkieferentzündung, dieselbe Krankheit, an der auch sein Bruder litt und vermutlich auch zugrundeging. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass er kaum noch "an Land kommt".  So gesehen durften wir uns glücklich schätzen, dass wir überhaupt Bilder von Schwertwalen machen konnten. Die sieben weiblichen Orcas waren die ersten ortsfremden Schwertwale, die seit acht Monaten in die Bucht gekommen waren. Da hat uns wohl "der Ochse gekalbt".  

Nur hier auf der Halbinsel Valdez haben die Schwertwale diese Technik des Robbenfangs zur Perfektion entwickelt. Zwar hat man auch schon an anderen Stellen der Südhalbkugel beobachtet, wie sie versucht haben, Robben vom Ufer zu fangen. Doch scheint es sich mehr um Zufallsattacken gehandelt zu haben. Und mancher der Wale hat es anschließend nicht zurück ins Wasser geschafft und ist elendig auf dem Trockenen umgekommen. Was auf Valdez passiert, wenn Mel nicht mehr lebt, weiß man nicht. Doch geben die von uns beobachteten sieben Schwertwal-Weibchen Anlass zu der Hoffnung, dass man die faszinierende und außergewöhnliche Jagd eines der mächtigsten aller Raubtiere auf dieser Erde hier auch in Zukunft noch beobachten darf.

Übrigens bekamen wir von den 600,- $ "Pfand", die wir zusätzlich zu den Gebühren bei der Naturschutzbehörde als Pfand hinterlegt hatten, nach Einsendung etlicher Dias und dreimaliger Anmahnung noch genau 493,75 $ zurück. 


INTERESSE AN DIESEM THEMA?
Der Text wird für Ihre Zielgruppe umgeschrieben. Sie erhalten ferner eine große Auswahl an erstklassigen Fotos. Bei Bedarf fertigen wir auch Illustrationen an. Die Lieferung erfolgt zur unverbindlichen Ansicht. Zur Kontaktaufnahme klicken Sie bitte unten auf "Bestellen".
Medienübersicht
  • Text
  • Foto
  • Illustration
  • Grafik
  • Animation
  • Ton
  • Film
Die Wale von Valdez Unsere Preise für Text, Fotos und Grafik pro Thema
Individuelle Preisvereinbarung: info@reportagen.de
+49 (0)40 390 92 91
Blog & Social Media
Der Preis wird individuell mit Ihnen vereinbart. Er ist abhängigkeit davon wie lange Sie den Beitrag veröffentlichen wollen, wie häufig oder wie viele Beiträge Sie erwerben und ob Sie eine Exklusivität (Unique Content) wünschen. In der Regel werden zum Festpreis drei Fotos oder ersatzweise Grafiken, Illustrationen sowie der kompletten Text geliefert. Copyrighthinweise müssen entweder unter dem Text bzw. Fotos oder im Impressum genannt werden.

Hinweis: Wir produzieren als ABO regelmäßige Blogbeiträge passend zu Ihrer Zielgruppe die wir "Just-In-Time" liefern. Sprechen Sie uns bei Interesse an!
Absprache
Internet & Online-Magazin
Der Preis wird individuell mit Ihnen vereinbart. Er ist abhängigkeit davon, wie lange Sie den Beitrag veröffentlichen wollen, wie häufig oder wie viele Beiträge Sie erwerben und ob Sie eine Exklusivität (Unique Content) wünschen. In der Regel werden zum Festpreis drei Fotos oder ersatzweise Grafiken, Illustrationen sowie der kompletten Text geliefert. Copyrighthinweise müssen entweder unter dem Text bzw. Fotos oder im Impressum genannt werden.

Hinweis: Sie können als regelmäßig passende Beiträge mit Text und Fotos von uns erhalten. Wir vereinbaren gerne individuelle Preise. Sprechen Sie uns bei Interesse an.
Absprache
Tageszeitung Komplettpreis
Wir verhandeln in der Regel Pauschalpreise für komplette Reportagen (Texte, Fotos, Grafiken) je nach Auflage und Umfang mit unseren Kunden. Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie Interesse an einem Thema haben. Klicken Sie dafür einfach auf den "Bestellen" Button.
VB
Print bis Auflage 300.000 pro Seite
Wir verhandeln in der Regel Pauschalpreise für komplette Reportagen (Texte, Fotos, Grafiken) je nach Auflage und Umfang mit unseren Kunden. Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie Interesse an einem Thema haben. Klicken Sie dafür einfach auf den "Bestellen" Button.
VB
Print > 300.000 pro Seite
Wir verhandeln in der Regel Pauschalpreise für komplette Reportagen (Texte, Fotos, Grafiken) je nach Auflage und Umfang mit unseren Kunden. Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie Interesse an einem Thema haben. Klicken Sie dafür einfach auf den "Bestellen" Button.
VB
Merchandising Lizenz
Sie können viele Texte, Fotos, Videos, Grafiken und Illustrationen auch für Bücher, Kalender, Software, Spiele, Werbegeschenke, Sammelalben oder sonstige Handelsprodukte erwerben. Hierfür vereinbaren wir mit Ihnen individuelle Preise je nach Vorhaben.
Absprache
TV & Video, Hörfunk
Videos, Filme und Tonbeiträge können bei Reportagen.de derzeit nur mit Screenshoots und textlicher Beschreibung dargestellt werden. Wenn Sie Interesse daran haben, einen Film zu veröffentlichen, dann sprechen Sie uns bitte an. Wir liefern Ihnen zuerst einige Videos zur Vorabansicht. Bei weiterhin vorhandenem Interesse erfolgt eine Preisabsprache und anschließend die Produktion bzw. Auslieferung des Endproduktes gemäß Vereinbarung.
Absprache

Reportage kaufen