Studieren mit Muße

Deutschlands erste Seniorenuni
Bielefeld/Bad Meinberg. Mehr als zwei Stunden sitzen sie voll konzentriert an ihren Tischen und hören zu. Mit den Augen folgen sie jeder Bewegung des Dozenten, schreiben mit, denken nach und versuchen Dinge zu verstehen, von denen viele zuvor noch nie etwas gehört haben. "Die Teilnehmer haben eine Menge Lebenserfahrung. Die bringen sie hier ein", freut sich Dozent Heinrich Schäfer. Der Religionswissenschaftler referiert fast drei Stunden lang vor den 35 Studierenden des Europäischen Zentrums für universitäre Studien der Senioren (EZUS) über die Geschichte der christlich-fundamentalistische Organisationen in den USA. Immer wieder schafft Schäfer Bezüge zur Gegenwart, zur "Neuen Rechten" und den christlichen Splittergruppen, die Präsident Bushs "Kreuzzug gegen den Terrorismus" unterstützen. Die Studenten, die Jüngste ist 45, der Älteste über 70, lauschen gebannt. Die kurze Pause endet pünktlich. Die meisten sitzen schon wieder an ihren Plätzen, als der Dozent zurückkommt.

Schäfer hat viele Jahre lang an Hochschulen in Lateinamerika, den USA und Deutschland unterrichtet. An einer deutschen Uni fragte er in einem Seminar angesichts eines Bildes vom gekreuzigten Jesus Christus die jungen Studenten, welche Vorstellungen sie vom Begriff "Folter" hätten. Geantwortet habe "nur ein Einziger", erinnert sich der Soziologieprofessor. Und der sprach den Fall des Frankfurter Polizisten an, der einem Entführer Folter androhte, um den Aufenthaltsort des Opfers zu erfahren. 

"So etwas passiert Ihnen hier nicht", weiß Schäfer. Mangelndes Interesse will der Soziologe nicht allen jungen Studierenden unterstellen. Aber viele studierten doch vor allem, um möglichst schnell einen Abschluss zu bekommen. Das ist am EZUS anders. Die Studenten an Deutschlands erster "Seniorenuni" studieren um des Studierens willen: Mit Muße. 

"Die meisten wollen sich nach ihrem Berufsleben systematisch und ausgiebig mit Themen beschäftigen die sie interessieren", beschreibt EZUS Geschäftsführer Paul Wolters die Motivation der Studierenden, die für ihr zweijähriges "Studium Generale" 2400 Euro bezahlen. Viele "bilden sich, um geistig fit zu bleiben, Bildungslücken zu füllen und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen."

So sucht ein pensionierter Lehrer "neue geistige Herausforderungen". Eine 48jährige Sozialpädagogin erweitert ihren Horizont und ihre Allgemeinbildung. Jede Stunde erlebt sie "als Gewinn" für sich. Auch voll Berufstätige stürzen sich kurz vor der Rente noch mit Begeisterung ins Studium. "Ich arbeite 50 Stunden die Woche", berichtet eine Teilnehmerin, Jahrgang 1949, die mehrere Modegeschäfte betreibt. Daneben organisiert sie zusammen mit ihrem Mann Fortbildungen für Zahntechniker und engagiert sich in einem Unternehmerinnenverband. Zeit zum Studieren findet sie dennoch.
Vorlesung an der bundesweit ersten
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"Golfnachmittage und Kaffeerunden interessieren mich nicht", meint die 57jährige mit den langen schwarz gefärbten Haaren. "Hier konzentriere ich mich zwei Tage lang auf ein Terrain, das mir im Alltag nie begegnet", freut sich die Studentin und ist von den Veranstaltungen schlicht "begeistert".
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Ein anderer verarbeitet im Studium seine Auslandserfahrungen. Gerhard Häckerl hat als Ingenieur in mehreren Ländern Südostasiens Flugzeuge geprüft. Dort ist im aufgefallen, dass die Menschen Probleme anders lösen - und dass er über seine eigenen kulturellen Wurzeln wenig weiß. Immer wieder hätten ihn Chinesen, Thais und Indonesier nach seinen Traditionen und seiner Kultur, nach Liedern, Tänzen oder Medizin gefragt. Und oft wusste der Ingenieur keine Antwort. Darum sitzt er nun im lippischen Kurort Bad Meinberg und lauscht Vorträgen zum Beispiel über die Geschichte des Christentums. Etwas nicht zu verstehen, ist für ihn "ein Anreiz". Nach zwei Tagen Studium sitzt er zuhause an seinem Computer. Worte, die er im Unterricht nicht verstanden hat, schlägt er nach und trägt sie samt Erklärung in sein eigenes elektronisches Wörterbuch ein. 

Selbst EZUS-Geschäftsführer Paul Wolters hatte nicht erwartet, dass die Studierenden "so viel Kompetenz und Engagement einbringen".

Infokasten:

Rund 50 deutsche Hochschulen bieten inzwischen unter Titeln wie "Studieren ab 50" älteren Menschen Studienplätze an. Die Nachfrage ist groß. Mehr als 20.000 Studierende sind nach Angaben der Süddeutschen Zeitung älter als 60 Jahre. Erstmals bietet nun das Europäische Zentrum für universitäre Studien der Senioren (EZUS) in Bad Meinberg einen speziellen Studiengang für berufs- und lebenserfahrene Menschen an. Im August begann das zweijährige Studium Generale mit 35 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Im kommenden Jahr startet die Ausbildung zum "Senior Consultant", das ältere Leute als Berater in Unternehmen und Organisationen qualifiziert. Einschreiben kann sich, wer einen Berufsabschluss oder eine vergleichbare Qualifikation vorweist. Das Abitur ist nicht erforderlich. 

Pro Trimester kostet das Studium an Deutschlands erster "Seniorenuni" 400 Euro. Das zweijährige Studium Generale können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem Zertifikat der Universität Bielefeld abschließen, für das sie Studienleistungen in Form von Haus- und Seminararbeiten sowie Gesprächsmoderationen und Referaten erbringen. Anders als an Universitäten, wo sich "Senioren" als Gasthörer oder reguläre Studenten für bestimmte Fächer einschreiben, bietet das Studium Generale in Bad Meinberg in zwei Jahren an zwei Tagen pro Woche einen kompakten Überblick über Theologie, Geschichte, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Politik, Gesundheitswissenschaften, Naturwissenschaft, Kunst und Musik. Finanziert wird das in Deutschland bislang einmalige Angebot aus Teilnehmerbeiträgen sowie aus Zuschüssen des Kreises Lippe und der Stadt Horn-Bad Meinberg. Letztere hofft, mit dem "Seniorenstudium" ihr Image aufzubessern und zusätzliche Gäste in den Kurort zu locken.
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