Eine „steinige“ Geschichte

Von der Aussteinigung der Staatsgrenzen
Eine „steinige“ Geschichte

Vor 100 Jahren wurde die Saargebietsgrenze ausgesteint, vor 200 Jahren die Bayern-Preußen-Grenze

Es ist in der Tat so: Gras wächst über manche Dinge, die dann in Vergessenheit geraten. So ist das auch mit vielen steinernen Zeugen der Geschichte, über die Gras, Moos, Flechten, Pilze, Hecken und Baumwurzelwerk den Mantel des Schweigens gehüllt haben. Grenzsteine sind solche Zeugen. Sie gelten als Kleindenkmale und erinnern an bewegte Geschichtsepochen. Das Saarland ist voll von solchen Zeugen. Und manche von ihnen feiern exakt in diesem Jahr einen runden Geburtstag.

Die meisten der aufzufindenden Steine mit den Buchstaben S und D etwa wurden 1921 gesetzt, sind nun also exakt 100 Jahre alt. Sie gehören zur damals ausgewiesenen Grenze des Saargebietes, das nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages vom Deutschen Reich abgetrennt und aus dem Südteil des damaligen Regierungsbezirks Trier der preußischen Rheinprovinz und dem Westteil der bayerischen Pfalz zusammengesetzt wurde.

Hundert Jahre zuvor hatten sich die Verwaltungen eben dieser Königreiche Bayern und Preußen daran gemacht, ihrer Staatengrenze den letzten Schliff zu verpassen. Beide nutzten dazu in großen Teilen jenen Grenzverlauf, den die Grafschaft Nassau-Saarbrücken und das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken schon Jahrhunderte zuvor festgelegt hatten, um „meins und deins“ sichtbar voneinander zu scheiden. 1821 wurden die alten pfälzisch-nassauischen Steine der Einfachheit halber umnummeriert. Steinmetze schlugen die neuen Zahlen ein, fügten ein KB oder ein KP als Kennung für die beiden Königreiche hinzu.
Wo Lücken ausgemacht wurden, wurden dann neue Steine gesetzt, die die Jahreszahl 1821 tragen.

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Der Buchstabe „b“ hinter der Nummer steht für den Grenzabschnitt B, der sich vom Wendelinushof bis Brenschelbach zog, und der quer über den Höcherberg Höchen von Waldmohr trennte. Häufig aber hocken die Steine in schattigen Schluchten abseits der Wege. Viele sind aber auch verschwunden im Zuge von Straßenbau und Flächenerschließungen, oder sie wurden bei forst- und landwirtschaftlichen Arbeiten zerstört und entsorgt. Ein Schicksal, das auch den Kleindenkmälern der vorausgegangenen Grenzen beschieden war. Doch einzelne von ihnen waren hart im Nehmen, haben sich von Pfälzern, Nassauern, Franzosen, Bayern, Preußen, Deutschen und Saarländern nicht aus der Ruhe bringen lassen. Über und über sind sie mit Buchstaben und Ziffern übersät und geben viele Rätsel auf. Das wird deutlich an jenen, die bereits im 18. Jahrhundert der Neuausweisung einer Grenze dienten.

Eine Grenze, die damals auch die Bexbach Orte voneinander trennte: Kleinottweiler und Höchen waren pfälzisch, der Rest nassauisch. Wer sämtlichen der drei genannten Jubiläumsgrenzen nachspüren will, dem sei eine Wanderung auf dem Rücken des Höcherberges empfohlen. Vom Höcherbergturm aus zum Nordfeld verlaufen die alten Grenzen zwischen Nassau und Pfalz und jene zwischen Bayern und Preußen deckungsgleich. Ab dem Nordfeld schließt sich dann in nördliche Richtung die Saargebietsgrenze an und überlagert den Grenzzug, der heute noch Landesgrenze zwischen Saarland und Rheinland-Pfalz ist. Spötter reden dabei gerne auch von der Grenze zwischen Genie und Wahnsinn.

Text und Fotos: Rosemarie Kappeler

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