Weinselig und weltoffen - Das slowenische Maribor

Ein altes Bauernhaus mit Blick in ein weites, grünes Tal: Hinter dem Haus wachsen in den Hügeln Tomaten, Zucchini, Paprika, Bohnen und anderes Gemüse, daneben Apfel- und, Kirschbäume vor einem kleinen Weinberg, sattes Grün bis zum Horizont. Marica, die kräftige Bäuerin bringt frisches Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten, Wurst, Schinken und ihr noch warmes selbstgebackenes Brot. Ihr Mann Iwan schenkt aus einer 5-Liter-Flasche Rotwein nach. "Mein eigener", sagt er und strahlt stolz. 

Unten in Maribor kennt kaum jemand den Bauernhof von Iwan und Marica in Jurowski Dol, einem winzigen Dorf keine 20 Kilometer von Europas Kulturhauptstadt 2012 entfernt. Die Mariborer kaufen ihre Lebensmittel in den zahlreichen Filialen der großen Supermarktketten. Die importieren das billige, mit viel Chemie hergestellte Gemüse aus Andalusien und Süditalien. Im bergigen Osten Sloweniens müssen deshalb die kleinen Bauern aufgeben. Die in Westeuropa fast abgeschlossene Industrialisierung der Landwirtschaft hat nun auch die neuen EU-Länder im Griff.

"In meinem Heimatdorf gab es früher noch zehn Gemüsebauern", erzählt Tomasch Gregortsch. "Jetzt ist keiner mehr da." Im Projekt Urban Furrows, städtische Furchen, der Europäischen Kulturhauptstadt 2012 will Gregortsch den Kleinbauern rund um Maribor neue Perspektiven schaffen und den Städtern mehr Lebensqualität bringen. Als Teil des Kulturhauptstadtprogramms entsteht in Maribor ein Selbsthilfezentrum. Die Projektmitarbeiter wollen dort frische Lebensmittel aus der Umgebung ohne Zwischenhandel direkt an die Städter verkaufen. Dazu soll es eine Beratungsstelle für Menschen in sozialen Schwierigkeiten geben. Projektleiterin Marta Gregorčič und ihren Kolleginnen und Kollegen geht es um mehr als ein Dorf und eine Stadt. Sie wollen "den Menschen helfen, ihre Interessen selbst in die Hand zu nehmen". In Maribor planen sie zum Beispiel eine Schrebergartensiedlung mit Gemeinschaftshaus, die die Nutzer gemeinsam organisieren und verwalten. Vor allem Arbeitslosen und Benachteiligten wollen sie so "Alternativen zu Resignation und Vereinzelung" bieten.  

Die junge Schriftstellerin und Projektmitarbeiterin Natascha Kramberger ist in Jurovski Dol aufgewachsen. Über ihre Kontakte konnten die "Städtischen Furchen" in dem Dorf Wurzeln schlagen. Acht Bauern machen schon mit, darunter Marica und Ivan. Ihre frischen Produkte wollen sie direkt an Schulen und Kindergärten verkaufen. 

Natascha Kramberger, die 2010 mit ihrem ersten Roman "Brombeerhimmel" den Literaturpreis der Europäischen Union gewonnen hat und inzwischen in Berlin lebt, kommt oft zurück in ihre Heimat. "Bags of Stories", Taschen voller Geschichten nennt sie ihr ebenfalls in die Kulturhauptstadt integriertes Projekt: Sie sammelt alte Kleider, Hosen und Hemden. Gemeinsam mit deren Besitzerinnen näht sie die alten Stoffe zu Taschen um und lässt sich deren Geschichten erzählen. Diese legen sie auf Zetteln gedruckt in die Taschen, die sie auf Märkten und Messen für 10 Euro pro Stück verkaufen. "Es läuft gut", freut sich die junge Schriftstellerin mit dem charmanten Lachen. Mit den vielen Ideen und der Unterstützung der Europäischen Kulturhauptstadt hat sie wieder Leben ins Dorf gebracht. Das alte, seit 40 Jahren verfallende Gasthaus wollen die Dorfbewohner zurückkaufen und renovieren. 

"Wie wir wohnen, was wir essen und trinken und ob wir glücklich sind" ist für Natascha Kramberger "die wichtigste Frage".  So zeigen die "Urban Furrows", dass auch die Europäischen Kulturhauptstädte unter Kultur viel mehr verstehen, als große Operaufführungen, Konzerte und Theaterfestivals. Es geht auch um Alltagskultur, die die Identität der Menschen prägt. 

"Wir sind sehr offen hier, man grüßt sich auf der Straße und fragt, wie es geht", erzählt Marinka Kosar. In Maribor geboren und aufgewachsen hat sie "immer hier gelebt" und wollte auch nie weg. Die fröhliche Fünfzigerin schwärmt von sozial gemischten Mariborer "Stammtischen, an denen jederzeit ein Arbeitsloser und ein Anwalt einträchtig gemeinsam Fußball schauen und über Politiker schimpfen", vom exzellenten Orchester, der Oper, dem Theater, dem Profi-Ballett oder der Carmina Slovenica, "einem der besten Mädchenchöre der Welt".

"Wir lassen uns in Maribor unseren Optimismus nicht nehmen", versichert Marinka - trotz Wirtschaftskrise und auf zwanzig Prozent gestiegener Arbeitslosigkeit. 

Überall in Maribor finden sich noch die Spuren des real existierenden Sozialismus. Direkt vor dem Schloss erinnert ein wuchtiges Mahnmal an den Zweiten Weltkrieg und die Befreiung vom Nazi-Terror. "Kojak" nennen die Einheimischen die von Bronzestreifen überzogene haushohe Weltkugel, die an eine Glatze erinnert. 

Im ärmeren Süden der Stadt, jenseits der Drava, hat die jugoslawische Armee ein riesiges Areal mit Schuppen und Hallen hinterlassen. Junge Leute besetzten 1994 die ehemalige Brotfabrik der Militärs. "Pekarna", Bäckerei, heißt des autonome Kulturzentrum mit Kneipe, Büros, Club, Konzertsaal und Übungsräumen für Bands in den bunt besprühten ehemaligen Armeebauten. "Dead Brains", Totes Hirn nennen sich die drei Raggaemusiker, die im winzigen, mit Graffitty bunt gesprühtem Club auf dem Pekarna-Gelände nachmittags proben. Sänger Mitja Tradnik - in Jeans, gelbem T-Shirt und mit Rastafari-Mütze auf dem Kopf - lobt den kreativen Nährboden seiner Heimatstadt: "Wir haben hier eine gute Szene, mindestens 100 Bands." Bekannt würden aber nur wenige. Tradnik, mit Ende 30 deutlich älter als die meisten im Pekarna,  kommt vom Radio und legt seit Jahren in Clubs als DJ auf. Da habe er so viel Musik im Kopf, dass er nun selbst Stücke schreibt und singt. Das Publikum allerdings bleibt überschaubar in der kleinen Stadt. "Zu wenig für die vielen Bands hier", meint Mitja und hofft wie viele, dass das Kulturhauptstadtjahr 2012 neue Fans bringen wird.


Info:

Seit 1999 schlagen die Mitgliedsländer der Europäischen Union reihum jedes Jahr eine ihrer Städte als Europäische Kulturhauptstadt vor. Die Europäischen Kulturhauptstädte sollen "ihr historisches und kulturelles Erbe herausstellen, die Vielfalt und den Reichtum der Kulturen Europas zeigen, die gemeinsamen Aspekte europäischer Kulturen in den Vordergrund rücken, Kulturschaffende aus anderen europäischen Ländern einbeziehen" und damit "zur Annäherung der europäischen Völker beitragen".  Seit dem Beitritt mehrerer osteuropäischer Länder, Zyperns und Maltas 2004 gibt es jedes Jahr zwei Europäische Kulturhauptstädte, je eine aus den alten und eine aus den neuen EU-Ländern. 2010 war Deutschland mit Essen und dem Ruhrgebiet an der Reihe. 2012 sind Maribor und Guimaraes (Portugal), 2013 Marseille und Kosice / Kaschau (Slowakei) die Europäischen Kulturhauptstädte.

Unter dem Motto "Pure Energy" hat Maribor zusammen mit den Nachbarstädten Ptuj, Velenje, Muska Sobota, Novo Mesto und Slovenij Gradec den Titel Europäische Kulturhauptstadt 2012 erhalten: Nach einer landesweiten Ausschreibung meldete die slowenische Regierung das Bündnis der fünf ostslowenischen Städte als Kandidaten für das Kulturhauptstadtjahr nach Brüssel. Die europäische Jury war einverstanden.  www.maribor2012.eu/en/ (Englisch).  

Wie die bisherigen Kulturhauptstädte erwartet auch Maribor von dem Titel internationale Aufmerksamkeit, mehr Touristen und neue Arbeitsplätze in Kultur, Bildung und Fremdenverkehrswirtschaft. Schon jetzt hat sich einiges getan: Plätze wurden neu gestaltet und neu gepflastert, am Südufer der Drau entsteht ein neues Kulturzentrum. Versprochen sind außerdem neue Künstlerateliers, ein Freilichtmuseum und einige weitere Kultureinrichtungen. Das nördliche Drauufer am Rande der Altstadt wird neu gestaltet.

Das Programm organisieren 26 feste und an die 60 freie Mitarbeiter mit einem Budget von rund 26 Millionen Euro.

Suzana Žilič - Fišer, Direktorin der städtischen Kulturhauptstadtgesellschaft, verspricht ein Programm, "das weit über die Kunst hinausgeht". Die Professorin für Medienwissenschaften und -kommunikation will Umweltthemen und elektronischen Medien einen breiten Raum geben. Dazu entwickeln Studierende der Mariborer Uni eigene Projekte zum Thema Wissenschaft und Kunst. Viele Programmpunke würden sich mit der "Industriestadt im Wandel" und den kulturellen Einflüssen Ost- und Westeuropas in Slowenien beschäftigen. Menschen aus der ganzen Stadt seien eingeladen, die Kulturhauptstadt mit zu gestalten. 

Ein kleiner Ausblick auf das Programm:
Ganzjährig: 
Kulturbotschaften mit Künstlern aus zahlreichen europäischen Ländern bieten Ausstellungen, Lesungen und zahlreiche weitere Kulturereignisse
Juli: Lent Festival

Januar:
13.-15. 1. Eröffnung des Kulturhauptstadtjahrs und Premiere der Oper "Schwarze Masken" des slowenischen Komponisten Marij Kgoj

Februar: 
Sloweniens älteste, von den Römern gegründete Stadt Ptuj feiert jedes Jahr seinen Karneval mit dem bunten Faschingsumzug "Kurentovanja" mit skurrilen Masken und allerlei Schabernack. Hauptfigur ist der zottelige Kurent mit dickem Fell und langem Schnabel. Da flieht der Winter freiwillig. 

April:
Musik- und Kulturfestival der Roma

Juni:
Inszenierung "Krieg und Frieden" des international bekannten Pandur-Theaters

Juni/Juli:
Südosteuropas größtes Musik, Theater- und Kulturfestival Lent in der Mariborer Altstadt mit zahlreichen Open-Air Bühnen und einem Kinderfestival im Stadtpark

Juli:
Römerspiele in den Thermen von Ptuj

Juli/Aug.
Festival der Poesie und des Weins mit zahlreichen Lesungen in Ptuj

August:
Kindersommer und Puppentheaterfestival

Aug./Sept. 
Maribor-Festival mit Multimediaprojekten, Weltmusik, Jazz und osteuropäischen Klängen

September: 
Musik- und Kulturfestival Maribum
Pippi Langstrumpf Kinderfestival in Velenje
Literatur auf der Straße: Literaturfestival mit Lesungen und vielen weiteren Veranstaltungen

Oktober:
Theaterfestival mit internationalen Theatergruppen
Den Oktober widmet die Kulturhauptstadt außerdem der langen gemeinsamen Geschichte mit den österreichischen Nachbarn: Geplant sind unter anderem eine Oskar Kokoschka Ausstellung, die Ausstellung "Jude sein" des jüdischen Museums Wien, ein Symposion über die Zukunft der Städte mit dem österreichischen Architekten Dietmar Feichtinger, ein Symposion über deutschsprachige Kriminalliteratur und "Interventionen im öffentlichen Raum des Wiener Künstlerduos Prinzgau und Podgorschek. Darüber hinaus gibt es unter dem Titel "Timeline" eine grenzüberschreitende Zeitreise entlang der Lebensgeschichten älterer Menschen zwischen Graz und Maribor. Weitere Ausstellungen widmen sich der Geschichte der Slowenen in der Steiermark und der Deutschen in Maribor.

November:
Eröffnung des Zentrums für alternative, nachhaltige Produktion und Versorgung einer Region als Teil des Projekts Urban Furrows.


In Velenje gibt es in einem stillgelegten Bergwerk ein Bergbaumuseum. Mit Helm und Schutzkleidung fahren die Besucher in den 180 Meter tiefen Schacht ein und erleben den Alltag der Bergleute nach. Im Kulturhauptstadtjahr 2012 sind Konzerte unter Tage geplant. 

Wein:
An der 450 Jahre alten Weinrebe in Maribors Altstadtviertel Lent beginnt die slowenische Weinstraße VTC18. Über den angeblich größten Weinkeller Mitteleuropas  Vinag in der Mariborer Altstadt und den Piramida-Hügel am Stadtrand geht es weiter zu verschiedenen Weingütern und Buschenschenken nach Osten über Malecnik durch die hügelige, grüne Untersteiermark bis nach Nebovo. 

Eine weitere Weinstraße verbindet Maribor auf den Spuren des Erzherzogs Johann mit Graz, eine dritte führt südlich von Maribor am Pohorje-Gebirge entlang. Wer bei so vielen Weinproben um seinen Führerschein fürchtet, kann die knapp drei Kilometer kurze Weinstraße von Ruše auch gut zu Fuß bewältigen. Am Weg liegen 24 Weinlokale und ein Weinbaumuseum.

Ausgiebig feiern die Mariborer das Fest des Heiligen Martin rund um den 11. November. Auf dem Freiheitsplatz treten zahlreiche Künstler auf. Dazu serviert man heimische Leckereien und den jungen Wein. 

Weinkeller Vinag:
Mitten in der Stadt am Schlossplatz geht es unter einem schicken Weinladen in die Tiefe:  In den zusammen gerechnet fast drei Kilometer langen unterirdischen Gängen lagern und reifen auf rund 20.000 Quadratmetern in Tanks, Flaschen und alten Eichenfässern rund 5,5 Millionen Liter Wein. Vinag Sadjarstvo in vinarstvo d.d., Trg svobode 3, www.vinag.si

Linktipps: 
Touristinfo Maribor und Umgebung: Partizanska Cesta 6a, 2000 Maribor, Tel. 00386.2.2346611, http://maribor- pohorje.si, 
Weingut Dveri Pax, Stift Admont: www.dveri- pax.com, 
Ptuj- Tourismus: www.ptuj- tourism.si, 
Bergbaumuseum in Velenje: www.rlv.si/muzej, 
Pippi- Langstrumpf- Festival in Velenje: www.festival- velenje.si/pikin- festival


Slowenisches Tourismusbüro http://www.slovenia.info/
Slowenisches Fremdenverkehrsamt, Maximiliansplatz 12a, 80333 München, Telefon: 089/29161202
Ein altes Bauernhaus mit Blick in ein weites, grünes Tal: Hinter dem Haus wachsen in den Hügeln Tomaten, Zucchini, Paprika, Bohnen und anderes Gemüse, daneben Apfel- und, Kirschbäume vor einem kleinen Weinberg, sattes Grün bis zum Horizont. Marica, die kräftige Bäuerin bringt frisches Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten, Wurst, Schinken und ihr noch warmes selbstgebackenes Brot. Ihr Mann Iwan schenkt aus einer 5-Liter-Flasche Rotwein nach. "Mein eigener", sagt er und strahlt stolz. 

Unten in Maribor kennt kaum jemand den Bauernhof von Iwan und Marica in Jurowski Dol, einem winzigen Dorf keine 20 Kilometer von Europas Kulturhauptstadt 2012 entfernt. Die Mariborer kaufen ihre Lebensmittel in den zahlreichen Filialen der großen Supermarktketten. Die importieren das billige, mit viel Chemie hergestellte Gemüse aus Andalusien und Süditalien. Im bergigen Osten Sloweniens müssen deshalb die kleinen Bauern aufgeben. Die in Westeuropa fast abgeschlossene Industrialisierung der Landwirtschaft hat nun auch die neuen EU-Länder im Griff.

"In meinem Heimatdorf gab es früher noch zehn Gemüsebauern", erzählt Tomasch Gregortsch. "Jetzt ist keiner mehr da." Im Projekt Urban Furrows, städtische Furchen, der Europäischen Kulturhauptstadt 2012 will Gregortsch den Kleinbauern rund um Maribor neue Perspektiven schaffen und den Städtern mehr Lebensqualität bringen. Als Teil des Kulturhauptstadtprogramms entsteht in Maribor ein Selbsthilfezentrum. Die Projektmitarbeiter wollen dort frische Lebensmittel aus der Umgebung ohne Zwischenhandel direkt an die Städter verkaufen. Dazu soll es eine Beratungsstelle für Menschen in sozialen Schwierigkeiten geben. Projektleiterin Marta Gregorčič und ihren Kolleginnen und Kollegen geht es um mehr als ein Dorf und eine Stadt. Sie wollen "den Menschen helfen, ihre Interessen selbst in die Hand zu nehmen". In Maribor planen sie zum Beispiel eine Schrebergartensiedlung mit Gemeinschaftshaus, die die Nutzer gemeinsam organisieren und verwalten. Vor allem Arbeitslosen und Benachteiligten wollen sie so "Alternativen zu Resignation und Vereinzelung" bieten.  

Die junge Schriftstellerin und Projektmitarbeiterin Natascha Kramberger ist in Jurovski Dol aufgewachsen. Über ihre Kontakte konnten die "Städtischen Furchen" in dem Dorf Wurzeln schlagen. Acht Bauern machen schon mit, darunter Marica und Ivan. Ihre frischen Produkte wollen sie direkt an Schulen und Kindergärten verkaufen. 

Natascha Kramberger, die 2010 mit ihrem ersten Roman "Brombeerhimmel" den Literaturpreis der Europäischen Union gewonnen hat und inzwischen in Berlin lebt, kommt oft zurück in ihre Heimat. "Bags of Stories", Taschen voller Geschichten nennt sie ihr ebenfalls in die Kulturhauptstadt integriertes Projekt: Sie sammelt alte Kleider, Hosen und Hemden. Gemeinsam mit deren Besitzerinnen näht sie die alten Stoffe zu Taschen um und lässt sich deren Geschichten erzählen. Diese legen sie auf Zetteln gedruckt in die Taschen, die sie auf Märkten und Messen für 10 Euro pro Stück verkaufen. "Es läuft gut", freut sich die junge Schriftstellerin mit dem charmanten Lachen. Mit den vielen Ideen und der Unterstützung der Europäischen Kulturhauptstadt hat sie wieder Leben ins Dorf gebracht. Das alte, seit 40 Jahren verfallende Gasthaus wollen die Dorfbewohner zurückkaufen und renovieren. 

"Wie wir wohnen, was wir essen und trinken und ob wir glücklich sind" ist für Natascha Kramberger "die wichtigste Frage".  So zeigen die "Urban Furrows", dass auch die Europäischen Kulturhauptstädte unter Kultur viel mehr verstehen, als große Operaufführungen, Konzerte und Theaterfestivals. Es geht auch um Alltagskultur, die die Identität der Menschen prägt. 

"Wir sind sehr offen hier, man grüßt sich auf der Straße und fragt, wie es geht", erzählt Marinka Kosar. In Maribor geboren und aufgewachsen hat sie "immer hier gelebt" und wollte auch nie weg. Die fröhliche Fünfzigerin schwärmt von sozial gemischten Mariborer "Stammtischen, an denen jederzeit ein Arbeitsloser und ein Anwalt einträchtig gemeinsam Fußball schauen und über Politiker schimpfen", vom exzellenten Orchester, der Oper, dem Theater, dem Profi-Ballett oder der Carmina Slovenica, "einem der besten Mädchenchöre der Welt".

"Wir lassen uns in Maribor unseren Optimismus nicht nehmen", versichert Marinka - trotz Wirtschaftskrise und auf zwanzig Prozent gestiegener Arbeitslosigkeit. 

Überall in Maribor finden sich noch die Spuren des real existierenden Sozialismus. Direkt vor dem Schloss erinnert ein wuchtiges Mahnmal an den Zweiten Weltkrieg und die Befreiung vom Nazi-Terror. "Kojak" nennen die Einheimischen die von Bronzestreifen überzogene haushohe Weltkugel, die an eine Glatze erinnert. 

Im ärmeren Süden der Stadt, jenseits der Drava, hat die jugoslawische Armee ein riesiges Areal mit Schuppen und Hallen hinterlassen. Junge Leute besetzten 1994 die ehemalige Brotfabrik der Militärs. "Pekarna", Bäckerei, heißt des autonome Kulturzentrum mit Kneipe, Büros, Club, Konzertsaal und Übungsräumen für Bands in den bunt besprühten ehemaligen Armeebauten. "Dead Brains", Totes Hirn nennen sich die drei Raggaemusiker, die im winzigen, mit Graffitty bunt gesprühtem Club auf dem Pekarna-Gelände nachmittags proben. Sänger Mitja Tradnik - in Jeans, gelbem T-Shirt und mit Rastafari-Mütze auf dem Kopf - lobt den kreativen Nährboden seiner Heimatstadt: "Wir haben hier eine gute Szene, mindestens 100 Bands." Bekannt würden aber nur wenige. Tradnik, mit Ende 30 deutlich älter als die meisten im Pekarna,  kommt vom Radio und legt seit Jahren in Clubs als DJ auf. Da habe er so viel Musik im Kopf, dass er nun selbst Stücke schreibt und singt. Das Publikum allerdings bleibt überschaubar in der kleinen Stadt. "Zu wenig für die vielen Bands hier", meint Mitja und hofft wie viele, dass das Kulturhauptstadtjahr 2012 neue Fans bringen wird.


Info:

Seit 1999 schlagen die Mitgliedsländer der Europäischen Union reihum jedes Jahr eine ihrer Städte als Europäische Kulturhauptstadt vor. Die Europäischen Kulturhauptstädte sollen "ihr historisches und kulturelles Erbe herausstellen, die Vielfalt und den Reichtum der Kulturen Europas zeigen, die gemeinsamen Aspekte europäischer Kulturen in den Vordergrund rücken, Kulturschaffende aus anderen europäischen Ländern einbeziehen" und damit "zur Annäherung der europäischen Völker beitragen".  Seit dem Beitritt mehrerer osteuropäischer Länder, Zyperns und Maltas 2004 gibt es jedes Jahr zwei Europäische Kulturhauptstädte, je eine aus den alten und eine aus den neuen EU-Ländern. 2010 war Deutschland mit Essen und dem Ruhrgebiet an der Reihe. 2012 sind Maribor und Guimaraes (Portugal), 2013 Marseille und Kosice / Kaschau (Slowakei) die Europäischen Kulturhauptstädte.

Unter dem Motto "Pure Energy" hat Maribor zusammen mit den Nachbarstädten Ptuj, Velenje, Muska Sobota, Novo Mesto und Slovenij Gradec den Titel Europäische Kulturhauptstadt 2012 erhalten: Nach einer landesweiten Ausschreibung meldete die slowenische Regierung das Bündnis der fünf ostslowenischen Städte als Kandidaten für das Kulturhauptstadtjahr nach Brüssel. Die europäische Jury war einverstanden.  www.maribor2012.eu/en/ (Englisch).  

Wie die bisherigen Kulturhauptstädte erwartet auch Maribor von dem Titel internationale Aufmerksamkeit, mehr Touristen und neue Arbeitsplätze in Kultur, Bildung und Fremdenverkehrswirtschaft. Schon jetzt hat sich einiges getan: Plätze wurden neu gestaltet und neu gepflastert, am Südufer der Drau entsteht ein neues Kulturzentrum. Versprochen sind außerdem neue Künstlerateliers, ein Freilichtmuseum und einige weitere Kultureinrichtungen. Das nördliche Drauufer am Rande der Altstadt wird neu gestaltet.

Das Programm organisieren 26 feste und an die 60 freie Mitarbeiter mit einem Budget von rund 26 Millionen Euro.

Suzana Žilič - Fišer, Direktorin der städtischen Kulturhauptstadtgesellschaft, verspricht ein Programm, "das weit über die Kunst hinausgeht". Die Professorin für Medienwissenschaften und -kommunikation will Umweltthemen und elektronischen Medien einen breiten Raum geben. Dazu entwickeln Studierende der Mariborer Uni eigene Projekte zum Thema Wissenschaft und Kunst. Viele Programmpunke würden sich mit der "Industriestadt im Wandel" und den kulturellen Einflüssen Ost- und Westeuropas in Slowenien beschäftigen. Menschen aus der ganzen Stadt seien eingeladen, die Kulturhauptstadt mit zu gestalten. 

Ein kleiner Ausblick auf das Programm:
Ganzjährig: 
Kulturbotschaften mit Künstlern aus zahlreichen europäischen Ländern bieten Ausstellungen, Lesungen und zahlreiche weitere Kulturereignisse
Juli: Lent Festival

Januar:
13.-15. 1. Eröffnung des Kulturhauptstadtjahrs und Premiere der Oper "Schwarze Masken" des slowenischen Komponisten Marij Kgoj

Februar: 
Sloweniens älteste, von den Römern gegründete Stadt Ptuj feiert jedes Jahr seinen Karneval mit dem bunten Faschingsumzug "Kurentovanja" mit skurrilen Masken und allerlei Schabernack. Hauptfigur ist der zottelige Kurent mit dickem Fell und langem Schnabel. Da flieht der Winter freiwillig. 

April:
Musik- und Kulturfestival der Roma

Juni:
Inszenierung "Krieg und Frieden" des international bekannten Pandur-Theaters

Juni/Juli:
Südosteuropas größtes Musik, Theater- und Kulturfestival Lent in der Mariborer Altstadt mit zahlreichen Open-Air Bühnen und einem Kinderfestival im Stadtpark

Juli:
Römerspiele in den Thermen von Ptuj

Juli/Aug.
Festival der Poesie und des Weins mit zahlreichen Lesungen in Ptuj

August:
Kindersommer und Puppentheaterfestival

Aug./Sept. 
Maribor-Festival mit Multimediaprojekten, Weltmusik, Jazz und osteuropäischen Klängen

September: 
Musik- und Kulturfestival Maribum
Pippi Langstrumpf Kinderfestival in Velenje
Literatur auf der Straße: Literaturfestival mit Lesungen und vielen weiteren Veranstaltungen

Oktober:
Theaterfestival mit internationalen Theatergruppen
Den Oktober widmet die Kulturhauptstadt außerdem der langen gemeinsamen Geschichte mit den österreichischen Nachbarn: Geplant sind unter anderem eine Oskar Kokoschka Ausstellung, die Ausstellung "Jude sein" des jüdischen Museums Wien, ein Symposion über die Zukunft der Städte mit dem österreichischen Architekten Dietmar Feichtinger, ein Symposion über deutschsprachige Kriminalliteratur und "Interventionen im öffentlichen Raum des Wiener Künstlerduos Prinzgau und Podgorschek. Darüber hinaus gibt es unter dem Titel "Timeline" eine grenzüberschreitende Zeitreise entlang der Lebensgeschichten älterer Menschen zwischen Graz und Maribor. Weitere Ausstellungen widmen sich der Geschichte der Slowenen in der Steiermark und der Deutschen in Maribor.

November:
Eröffnung des Zentrums für alternative, nachhaltige Produktion und Versorgung einer Region als Teil des Projekts Urban Furrows.


In Velenje gibt es in einem stillgelegten Bergwerk ein Bergbaumuseum. Mit Helm und Schutzkleidung fahren die Besucher in den 180 Meter tiefen Schacht ein und erleben den Alltag der Bergleute nach. Im Kulturhauptstadtjahr 2012 sind Konzerte unter Tage geplant. 

Wein:
An der 450 Jahre alten Weinrebe in Maribors Altstadtviertel Lent beginnt die slowenische Weinstraße VTC18. Über den angeblich größten Weinkeller Mitteleuropas  Vinag in der Mariborer Altstadt und den Piramida-Hügel am Stadtrand geht es weiter zu verschiedenen Weingütern und Buschenschenken nach Osten über Malecnik durch die hügelige, grüne Untersteiermark bis nach Nebovo. 

Eine weitere Weinstraße verbindet Maribor auf den Spuren des Erzherzogs Johann mit Graz, eine dritte führt südlich von Maribor am Pohorje-Gebirge entlang. Wer bei so vielen Weinproben um seinen Führerschein fürchtet, kann die knapp drei Kilometer kurze Weinstraße von Ruše auch gut zu Fuß bewältigen. Am Weg liegen 24 Weinlokale und ein Weinbaumuseum.

Ausgiebig feiern die Mariborer das Fest des Heiligen Martin rund um den 11. November. Auf dem Freiheitsplatz treten zahlreiche Künstler auf. Dazu serviert man heimische Leckereien und den jungen Wein. 

Weinkeller Vinag:
Mitten in der Stadt am Schlossplatz geht es unter einem schicken Weinladen in die Tiefe:  In den zusammen gerechnet fast drei Kilometer langen unterirdischen Gängen lagern und reifen auf rund 20.000 Quadratmetern in Tanks, Flaschen und alten Eichenfässern rund 5,5 Millionen Liter Wein. Vinag Sadjarstvo in vinarstvo d.d., Trg svobode 3, www.vinag.si

Linktipps: 
Touristinfo Maribor und Umgebung: Partizanska Cesta 6a, 2000 Maribor, Tel. 00386.2.2346611, http://maribor- pohorje.si, 
Weingut Dveri Pax, Stift Admont: www.dveri- pax.com, 
Ptuj- Tourismus: www.ptuj- tourism.si, 
Bergbaumuseum in Velenje: www.rlv.si/muzej, 
Pippi- Langstrumpf- Festival in Velenje: www.festival- velenje.si/pikin- festival


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