Ritter, Fische, Narren und der Haalgeist

Kunstvolle Türschlösser
Ritter, Fische, Narren und der Haalgeist

von Andreas Scholz

Manchmal bleiben Passanten in der Altstadt von Schwäbisch Hall vor Hauseingängen stehen und staunen. Ihre Augen haben eins der vielen kunstvoll gestalteten Türschlösser im Haller Stadtbild entdeckt.

„Sich die Tuerklinke in die Hand geben“, so lautet eine bekannte Redensart. In Schwäbisch Hall werden besonders schöne Türklinken gedrückt. An den Hauseingängen in den verwinkelten Gassen und an historischen Gebäuden gibt es viele kunstvoll geschmiedete Türbeschläge, -griffe und -schlösser. Ein schmucker Pferdekopf ziert beispielsweise eine Seitentür des Neubausaals. An einem Kellereingang neben der Barfüßer-Diskothek prangt ein Mönch am Türschloss.

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Daniel Stihler weiß, wer hinter den kunstvollen Kleinoden steckt. „Viele handwerklich hergestellte Schlösser und Beschläge in der Altstadt haben die beiden Kunstschmiede Emil Schmidt Senior und Junior gefertigt“, erklärt der Stadtarchivmitarbeiter. „Sie sind oft signiert und dann auch identifizierbar“, ergänzt er.

Auch der Türdrücker mit dem Fischmotiv am Hauptportal der Urbanskirche stammt aus der Kunstschmiedewerkstatt von Emil Schmidt Senior (1871-1959) und Junior (1912-2002) . „Der Türdrücker wurde beim Einbau einer neuen Türe im Jahre 1941 vom Senior aus Schmiedeeisen angefertigt“, erläutert Karl-Heinz Grau vom Verein „Freundeskreis Urbanskirche“. Der Fisch an der Türklinke ist ein altes Christussymbol. „In der Zeit der ersten Christenverfolgungen in Rom gaben sich die Christen mit dem Fischzeichen zu erkennen“, ergänzt der Vellberger.

Mit einer bekannten Haller Sagenfigur haben sich die einstigen Kunstschmiede auch in der Sporersgasse verewigt, wie Andrea Rekšans weiß. „Die lustige Szene mit dem Haalgeist, der von einem Haller Bürger mit einem Eimer Wasser begossen wird, geht ebenfalls auf den Kreativreichtum von Emil Schmidt Senior und Junior zurück“, erklärt die Holzbildhauerin. Als Museumsleiterin im Emil-Schmidt-Haus im Brückenhof führt Andrea Rekšans das kulturhistorische Erbe der beiden Kunsthandwerker fort.

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Als Inspirationsquelle für die eigene kreative Arbeit dienten Vater und Sohn neben historischen Szenen mit Lokalkolorit auch Gespräche mit anderen Kunsthandwerkern oder Bücher.
„Emil Schmidt Junior war bei uns ein treuer Stammkunde“, verrät Sigrid Benzinger von der Buchhandlung am Klosterbuckel. „Er war ein gebildeter und außerordentlich freundlicher Mann“, erinnert sich die Buchhändlerin.

Das Buch „Auf den Spuren der Kunstschmiede Schmidt in Schwäbisch Hall“ von Matthias Natzke und der Emil-Schmidt-Stiftung aus dem Jahr 2007 wird bis heute in der kleinen Buchhandlung nachgefragt. „das sind vor allem haller Bürger, die sich für die Stadtgeschichte interessieren oder Hobbyhistoriker, die auf das spannende Thema gestoßen sind“, bestätigt Sigrid Benzinger.

Obwohl in Schwäbisch Hall viele historische Türbeschläge und -klinken nachweislich auf das „Kreativkonto“ von Emil Schmidt Senior und Junior gehen: eine historisch eindeutige Beweislage lässt sich nicht bei allen historisch anmutenden Türschlössern herstellen. „Manche Schlösser wurden vermutlich schon im 14. Jahrhundert gefertigt und erst viel später von Emil Schmidt und seinem sohn erneuert“, erläutert Andrea Rekšans.

Auch Daniel Stihler vom Stadtarchiv bekräftigt, dass es schwierig wäre, brauchbare Quellen zu diesem kunsthistorischen Thema zu beschaffen. „Der Aufwand ist viel zu hoch, um beispielsweise alte Rechnungsgutschriften für einen ausgeführten Schmiedeauftrag aufzuspüren“, ergänzt der Stadtarchivmitarbeiter.

Zusatzinfo
Nicht nur in Schwäbisch Hall, sondern auch in anderen Städten und europäischen Regionen finden sich kunstvolle Türschlösser und -klinken. Pittoreske Türknäufe lassen sich an der Außenfassade der Marienkirche in Reutlingen wie auch in Rothenburg/Tauber und Nürnberg entdecken. Verschnörkelte Blumenblüten weist der Türbeschlag an der Liebfrauenkirche am Hauptmarkt in Nürnberg auf. An der Lorenzkirche blickt ein grimmiger Löwe den Kirchgängern in der mittelfränkischen Metropole entgegen. Der Löwe am Türknauf charakterisiert einen Machtanspruch. Kunstvolles prangt auch an den Außenwänden der Johanniskirche im benachbarten Ansbach. Die „Hand der Fatima“ zeigen oft Türklopfer auf den Kanaren oder an der Algarve. Als Glückssymbol bietet die Hand der Fatima angeblich Schutz vor dem bösen Blick. Die Hand der Fatima am Türportal erinnert an den einstigen Einfluss der Mauren, die vor allem über Portugal aufs europäische Festland vordrangen. Seit den Kreuzzügen im Mittelalter wurden die Mauren auch als Sarazenen bezeichnet.

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Text und Fotos: Andreas Scholz
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