Was wird aus der Limited nach dem Brexit?

Folgt dem Brexit der Limited-Exit?
Was wird aus der Limited nach dem Brexit?

von Michael Krabs, Stand Januar 2017

Folgt dem Brexit der Limited-Exit?

Für Existenzgründer war sie verlockend. Die britische Gesellschaftsform Limited („Private Limited Company by shares“, kurz Ltd.) konnte theoretisch bereits ab einer Mindesteinlage von einem Pfund innerhalb kürzester Zeit und ohne Notar gegründet werden. Die Haftung war auf das eine Pfund beschränkt und es ließen sich unbeliebte Rechtsregeln wie die Deutsche Betriebliche Mitbestimmung umgehen. Auch mancher deutscher Handwerksbetrieb war diesen Verlockungen erlegen und wird bis heute in Form einer Limited geführt. Was passiert mit diesen Unternehmen nach dem Brexit?

Die Zahl der Gründungen einer englischen Private Limited Company (Limited) war in Deutschland deutlich angestiegen, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner „Überseering“-Entscheidung vom 5. November 2002 (Rs. C-208/00) entschieden hat, dass eine in einem EU-Mitgliedstaat wirksam gegründete Kapitalgesellschaft in allen anderen Mitgliedstaaten als solche anzuerkennen ist.

Als Folge gab es in den Jahren 2003 bis 2008 eine regelrecht Gründungswelle für die Ltd. Fast 70.000 Ltds wurden zu Hochzeiten in Deutschland gezählt. Derzeit sind es noch ca. 39.500 Unternehmen, welche die Rechtsform der Limited in Deutschland tragen. Der deutliche Rückgang hat seine Ursache darin, dass es neben den Vorzügen bei Kapitaleinsatz, Haftung und Gründungsaufwand auch eine Menge Nachteile der Limited gibt. So müssen beispielsweise Steuerunterlagen nach deutschem und englischem Recht erstellt und in beiden Staaten eingereicht werden. Darüber hinaus war eine Anmeldung im Handelsregister vorgeschrieben (es gelten also deutsche Kaufmannspflichten, Firmengrundsätze usw.) und wer seiner Berichtspflicht in England drei Jahre lang nicht nachkam, dem wurde mal eben das Unternehmen gelöscht. Mit der unangenehmen Folge, dass plötzlich volle private Haftung in Deutschland bestand.

Dennoch gibt es noch immer zahlreiche als Limited geführte Unternehmen in Deutschland. Für diese Unternehmen besteht jetzt die große Unsicherheit, wie nach dem Brexit weitergeht. Die schlimmste und aufwendigste Folge wäre sicher die Umstrukturierung. Denn wenn das Königreich tatsächlich aus der EU ausscheidet, greift die EU-Niederlassungsfreiheit nicht mehr.

Dazu muss man wissen, dass im deutschen Gesellschaftsrecht normalerweise die „Sitztheorie“ gilt. Sie besagt, dass das Recht des Landes der faktischen Niederlassung ausschlaggebend ist. Die deutschen Ltds betreiben in der Regel die Verwaltung und Haupttätigkeit des Unternehmens in Deutschland. Nach der Sitztheorie wäre dann also deutsches Recht anzuwenden. Da in Deutschland keine Kapitalgesellschaft gegründet wurde, wäre die Ltd. „Verwaltung“ hierzulande als OHG zu qualifizieren, was erhebliche Haftungsrisiken aufwerfen würde (u.a. das Vollhafter-Prinzip).

Bisher hat der Europäische Gerichtshof EuGH den Bundesgerichtshof in die Schranken gewiesen und darauf hingewiesen, dass die deutsche Sitztheorie die EU-Niederlassungsfreiheit unzulässig einschränkt. Mit Verlassen der EU muss es nicht hierbei bleiben. Drei Varianten sind denkbar: Erstens: es wird einen Bestandsschutz geben. Dann haben die deutschen Limited-Unternehmen von dieser Seite her nichts zu befürchten. Zweite Variante: Es wird eine Übergangsfrist (und vielleicht sogar Hilfe) für die Umwandlung geben. Dritte Variante: Die Niederlassung wird sofort nach dem Austritt Englands aus der EU aus dem HGB gestrichen. Die Folge wäre eine plötzliche unfreiwillige Verselbstständigung und damit volle private Haftung.

Um Risiken zu vermeiden besteht die Möglichkeit eine Ltd. bereits jetzt in eine Kapitalgesellschaft nach deutschem Recht umzuwandeln. Bis 2014 war der Wechsel einer britischen Ltd. in eine deutsche Kapitalgesellschaft faktisch unmöglich. Da das englische Recht, die Verlegung des statutarischen Sitzes einer englischen Private Limited Company ins Ausland nicht anerkannte und auch das deutsche Recht einen solchen Wechsel nicht vorsah.

Glücklicherweise wurde die Umwandlung durch ein Urteil des EuGH, welches durch einen Beschluss des OLG Nürnberg später konkretisiert wurde, ermöglicht. Das Verfahren ist allerdings kompliziert und es bestehen nach wie vor viele Unsicherheiten. Limited-Inhaber sollten daher frühzeitig Erkundigungen einholen und die Umstrukturierung vorbereiten um nicht kalt erwischt zu werden. Unter Umständen kann es sogar einfacher sein, die britische Ltd. zu liquidieren und eine neue Kapitalgesellschaft nach deutschem Recht zu gründen. Die Unternehmensgesellschaft haftungsbeschränkt bietet sich hierfür an. Sie wurde vom deutschen Gesetzgeber als Reaktion auf die Gründungswelle der Limited ins Leben gerufen und bietet ähnliche Vorzüge.

Ein weiterer Grund für eine baldige Umwandlung der Limited nach dem Brexit kann die Struktur der Limited darstellen. Sie besteht grundsätzlich aus drei Organen: Dem Shareholder (Gesellschafter, Anteilseigner), dem Director (Geschäftsführer) und dem Company Secretary (Verwalter). In der Praxis war dies bisher kein Hindernis, da spezialisierte Limited-Gründungsagenturen im Internet die Übernahme des Company Secretary als Dienstleistung gegen eine jährliche anbieten und die anderen beiden Organe vom Gründer in Personalunion übernommen werden konnten. Außerdem ist die Ernennung eines Company Secretary seit 2008 nicht mehr verpflichtend.

Niemand kann allerdings vorhersagen, wie der britische Gesetzgeber die Limited künftig behandeln wird und ob die Praxis auf einen Company Secretary vor Ort in England zu verzichten, weiterhin erlaubt sein wird. Damit würde der englische Staat ja praktisch Briefkastenfirmen im eigenen Land dulden, welche EU-Unternehmern Vorzüge bietet, ohne das der englische Staat selber Vorteile (z.B. Steuereinnahmen) dadurch hätte. Wahrscheinlicher ist es dann doch, dass der englische Gesetzgeber diese Vorteile für dann „ausländische Unternehmen“ nach dem Brexit ersatzlos streichen wird.

Es bestehen also Unsicherheiten von zwei Seiten: Der britischen und der Europäischen bzw. deutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung. Abwarten kann eine gefährliche Strategie sein. Besser ist es aktiv zu werden und die Umwandlung der Ltd. in eine deutsche Kapitalgesellschaft aktiv anzugehen.
Weitere Informationen

Neben den Industrie- und Handelskammern in Deutschland kann die Deutsch-Britische Industrie und Handelskammer in London eventuell weitere Auskünfte erteilen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Informationen über eingetragene "Limiteds" direkt online beim britischen Gesellschaftsregister (Companies House) www.companieshouse.gov.uk abzurufen (kostenloses Registerblatt: >WebCHeck, sonstige Daten und Geschäftsberichte gegen Gebühr).

Stand Januar 2017

Text: Michael Krabs
Fotos: Bildagentur Zoonar

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