Georgiens Landwirtschaft - Aufschwung mit Deutscher Hilfe?

Georgiens Landwirtschaft - Aufschwung mit Deutscher Hilfe?

Die fruchtbaren Ebenen im Kaukasus bescheren Georgien den Status als „Garten Eden“. Trotz der üppigen Früchte werden die meisten Landwirte in Georgien nicht reich. Westliches Know-how soll dazu beitragen, dass Georgiens Agrarwirtschaft profitabler wird. Zweifel sind allerdings durchaus berechtigt – schließlich kann noch niemand abschätzen ob durch die Fortschritte im georgischen Agrarsektor nicht auch die Natur – die wichtigste Ressource im Kaukasus – leidet.

Agrarprodukte aus dem Kaukasus für den Westen

Deutsche Unternehmen und Dienstleister aus der Landwirtschaft und der Ernährungsindustrie wittern im Kaukasus – dem grünen Garten Eden – neue Absatzmärkte und Vertriebskanäle. Auch die Landwirte in Georgien versprechen sich von einer Kooperation mit Deutschland mehr Erfolg. Die deutsch-georgische Kooperation in der Landwirtschaft soll auf ökologisch verantwortungsvoller Basis erfolgen.

Claus Hipp, der Gründer des weltweit erfolgreichen Familienunternehmens HiPP Babynahrung steht der 2008 in Tiflis gegründeten DWVG vor. Sein Obst und Gemüse bezieht er europaweit aus biologisch-kontrolliertem Anbau – so auch aus Georgien. Das verwundert kaum, denn vor allem die fruchtbaren Täler in den georgischen Tiefebenen waren im 20. Jahrhundert für Russland schließlich die wichtigsten Lieferquellen für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Ob Wein, Pfirsiche, Äpfel, Sonnenblumen, Orangen, Zitronen, Granatapfel oder Erdbeeren – selbst in den ärmsten Gegenden hat Mutter Natur die Gärten vieler Georgier reich beschenkt. Da sich die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen seit der Unabhängigkeit Georgiens zu Russland nach wie vor sehr schwierig gestalten, freuen sich die georgischen Landwirte und Winzer, dass ihre Produkte zunehmend in den USA oder auf dem westeuropäischen Markt nachgefragt werden. Ob Wein, Akazienhonig, Tee, Granatapfelsaft, Gewürzsalz aus Swanetien oder Maismehl – die Liste an exportfähigen Produkten ist lang.

Doch reich werden die meisten einheimischen Landwirte bisher nicht. Denn oft fehlt noch das technische Know-how und das nötige Equipment. Wer sich z.B. vor Ort in Maglaki – mit über 3.000 Einwohnern eines der größten georgischen Dörfer – umschaut, kommt sich vor wie Mitte des 20. Jahrhunderts. Rinder und Schweine laufen unerschrocken am Straßenrand umher oder blockieren mit stoischer Ruhe die holprige Dorfstraße. Die Viehweiden, Äcker und Felder sind oft nur notdürftig mit einfachen Stöcken und Ästen abgetrennt – Raubtiere wie Wolf, Bär und Fuchs hätten da jederzeit leichtes Spiel. Georgische Landwirte interessieren sich daher immer mehr für ökologischen Landbau nach westeuropäischem Vorbild. Einige von Ihnen erhalten bereits Unterstützung durch die Europäische Union.

Technische und logistische Unterstützung für Georgiens Agrarwirtschaft

So hat die Europäische Union inzwischen unter www.informedmigration.ge eine Online-Plattform ins Leben gerufen, die ausgewanderten Georgiern bei der nachhaltigen Reintegration und Aufbau eines eigenen Geschäfts in ihrem Heimatland helfen soll. Die meisten versuchen ihr Glück in der Landwirtschaft – dem wichtigsten Wirtschaftsfaktor in Georgien. Auch die Organisation Landwirtschaft und Oekologisches Gleichgewicht mit Osteuropa (LOGO e.V.) bietet Unterstützung an. So werden georgischen Agrarstudenten Praktikaplätze in Deutschland angeboten. Landwirtschaftliche Betriebe in Georgien können zudem vor Ort auf fachliches Know-how aus dem Westen zugreifen. Mit Hilfe von LOGO entstand übrigens vor kurzem in Telawi in der Region Kachetien auch der erste ökologische Hartkäse in Georgien.

Deutschland sichert dem Kaukasus seit geraumer Zeit seine Unterstützung zu.

So steuerte die Bundesregierung im Jahr 2011 knapp 50 Millionen Euro für die deutsch-georgische Entwicklungszusammenarbeit bei. Mit dem Geld soll nicht nur die Landwirtschaft und der demokratische Ansatz in Georgien unterstützt werden – das Thema Energienutzung spielt dabei ebenso eine große Rolle. Eine spezielle Form der „Energienutzung“ haben die Chinesen in der Gegend um Kutaissi für sich entdeckt. So bedienen sich die Asiaten eifrig an der Ressource „Holzgewinnung“.

Agrar- und Naturtourismus soll die kaukasischen Bergregionen „pushen“

In den kaukasischen Bergregionen setzt man vermehrt auf sanften Agrar- und Naturtourismus. In der Region Ratscha beispielsweise gibt es nicht nur den berühmten Schinken oder die traditionellen Musikinstrumente aus Tannenholz, sondern auch noch unberührte Natur in einer beeindruckenden Bergwelt. Spektakuläre Felshöhlen aus der Stein- oder Speerspitzen aus der Bronzezeit findet man in der Gegend um Oni und Ambrolauri ebenso wie Ammoniten, Trilobiten und sogar Halbedelsteine. Wer die Bergwelt in Ratscha erobern will, benötigt nicht nur gutes Schuhwerk, sondern auch einen einheimischen Berg-Führer. 20-stündige Wanderungen zum Gipfel sind keine Seltenheit. Auch die Besteigung des Mount Kazbek in der Bergregion Kazbegi – einem Sagen umwobenen Berggipfel aus der griechischen Mythologie an der georgischen Heerstraße an der russischen Grenze – nimmt mindestens zwei Tage in Anspruch. Das ist nichts für die untrainierte 'Couch potato' oder den „Ballermann-Touristen“ mit Stammplatz am Bierkönig-Tresen – die kaukasische Outdoor-Action richtet sich eher an abenteuerlustige Abiturienten und Studenten oder Business manager, die selbst im Urlaub auf der Suche nach dem 'Kick' sind.

Umweltethik und Soziale Wirtschaftspolitik stehen auf dem Prüfstand

Aus der Tradition und den Ressourcen in Georgien „schöpfen“ und nicht „schröpfen“ - so lautet die Devise. Es bleibt in der Tat abzuwarten ob sich durch die deutsch-georgische Entwicklungszusammenarbeit auf Dauer tatsächlich ein nachhaltiger Wert für Mensch, Natur und Tier erschließt. Zumal das Thema Umweltschutz bei der Bevölkerung noch nicht ausreichend angekommen ist. Wer in Georgien auf dem Wochenmarkt einkauft, wird in der Regel mit einer unglaublichen Masse an Plastik- und Einwegtüten eingedeckt. So versuchen alte Frauen in ihrer Not am Rande der Basare die geringe Rente mit dem Verkauf von Plastiktüten (!) aufzubessern. Trotz üppigen Weinreben und Obstbäumen gleicht mancher Garten im Kaukasus einer regelrechten Plastik- und Kunststoff-Müllhalde. Recycling-Stationen sucht man oft vergeblich.

Die Wahrung der internationalen Prinzipien für Biodiversität hält das deutsche Entwicklungsministerium daher für einen wichtigen Bestandteil des deutschen Engagements in Georgien. Inzwischen gibt es ein EU-Projekt, dass den Kiwi-Anbau in Westgeorgien vorsieht. In der fruchtbaren Ebene gedeihen die Kiwifrüchte besonders gut – der Großteil der Ernte wird in die EU-Länder exportiert. Abzuwarten bleibt, ob unter der Führung des neuen Staatspräsidenten Bidzina Ivanishvili auch eine nachhaltigere und gerechtere Wirtschaftspolitik eingeführt wird, die auch der heimischen Landwirtschaft zugute kommt. Ivanishvilis Vorgänger Micheil Saakaschwili verfolgte bisher eher einen neoliberalen Ansatz der US-amerikanischen Konservativen. Der georgische Nachwuchs möchte dagegen den Kommunismus und Sozialismus aus Sowjetzeiten immer mehr hinter sich zurücklassen und schielt weiterhin auf die Unterstützung der EU-Staaten. „Ich bin froh, dass ich finanzielle Unterstützung aus einem dänischen Stiftungsfond erhalte und so mein Reiseangebot um Agrartourismus erweitern kann“, sagt z.B. Levan Lekvinadze, der in Kutaissi eine Werbe- und Reiseagentur unterhält.

Text und Fotos: Andreas Scholz

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https://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaft_Georgiens