Geschichte eines Bauernhofes

Der Feierabend klingt mit der Ziach aus

Geschichte eines Bauernhofes

Auf dem sogenannten Feinhof kamen die Dienstboten der umliegenden Höfe zum Tanz zusammen, sobald der Michael aufspielte. Die Musik gibt hier nicht mehr den Ton an, und auch die Landwirtschaft hat die nachfolgende Generation aufgegeben: Sie ist unrentabel.

Das 50 Einwohner umfassende Dorf Poxdorf bei Neualbenreuth im Landkreis Tirschenreuth mit 14 Hausnummern hat sich seinen ländlichen Charme bewahrt. Auf vier ehemaligen Bauernhöfen werden heute Ferienwohnungen für Urlauber angeboten. Landwirtschaft wird jedoch nur noch auf drei Höfen im Nebenerwerb praktiziert. Einer der Höfe, auf dem die Landwirtschaft in den letzten Jahren aufgegeben wurde, ist der sogenannte „Fein-Hof“, Hausnummer 1

Seit wann der Hof existiert, ist leider nicht bekannt. Im sogenannten Böhmischen Gewölbe des ehemaligen Stalls ist jedenfalls die Jahreszahl 1887 eingraviert. Vermutlich der Neubau des Stalles. Es ist anzunehmen dass der sogenannte „Fein-Hof“ zu den ältesten des Dorfes zählt. Im Waldsassener Salbuch aus der Zeit um 1392 werden von den jetzigen 9 Hofanlagen in Poxdorf schon 8 aufgeführt. 1927 kauften Michael und Emma Sigl das Anwesen von den beiden Brüdern Grisch. In den Jahrzehnten zuvor waren die Familie Eckstein und zuvor Familie Forster auf dem Hof ansässig.

Familie Sigl bewirtschaftete zunächst alleine und später mit ihren erwachsen gewodenen Kindern den Hof 36 Jahre lang. Um 1940 herum kaufte er den ersten Traktor. Zuvor hatte die Familie Ochsen und Pferde als Zugkräfte. Es herrschte oft ein reges Treiben auf dem Hof.

Nach dem Feierabend oder an den Sonntagen nahm Michael öfters seine Ziehharmonika zur Hand und spielte auf. Sobald die Knechte und Mägde der umgebenden Höfe dies hörten, eilten sie zum Fein-Hof und tanzten in der Stube zum Takt der Musik mit. Auch in der Nachkriegszeit waren die Eheleute sehr gastfreundlich und nahmen Flüchtlinge auf. Teilweise wohnten bis zu fünf Vertriebene mit im Haus.

Nach dem Unfalltod des Vaters im Jahr 1963 übernahm der jüngste Sohn im Alter von 24 Jahren den Bauernhof. Er führte den Neubau des Wohnhauses, den sein Vater begonnen hatte zu Ende. Zuvor stand an dessen Stelle ein kleines Fachwerkhaus im Egerländer Baustil. Auch einige Stallgebäude wurden erneuert und vergrößert. Nachdem der Landwirt 8 Jahre später seine Ehefrau heiratete, führte das Ehepaar die Landwirtschaft gemeinsam weiter. Außer der Schweinezucht und Milchwirtschaft wurden die Felder und Wiesen rund um den Hof bewirtschaftet.

Erst im relativ hohen Alter von 70 Jahren gab die Familie vor fünf Jahren die Landwirtschaft auf. Der älteste Sohn der Familie, der den Hof übernimmt, sieht jedoch in der Weiterführung der Landwirtschaft schon allein aus Rentabilitätsgründen keine Zukunft. In dieser Größenordnung kann heute eine Landwirtschaft im Gegensatz zu früher, eine Familie nicht mehr ernähren. Übriggeblieben ist von dem einst blühendem Hofleben nur noch das tote Inventar. Die vielen alten Werkzeuge und Geräte, Maschinen und Baulichkeiten strahlen jedoch immer noch einen Charme und Zauber aus, der von früheren Zeiten erzählt.

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Text und Fotos: Walter J. Pilsak