Die Flussaue

Die Natur kennt ein Mittel gegen das Hochwasser - die Flussaue. Jahrelang wurden die Auen dezimiert. Doch seit dem "Jahrhunderthochwasser" hat ein Umdenken eingesetzt. Eine neue Chance für Fischotter & Co.!

Auen sind Gebiete entlang der Flüsse, die zeitweise überflutet werden. Sie beherbergen eine faszinierende Artenvielfalt von fast tropischem Ausmaß. Hier leben Spezialisten, denen große Wassermengen nichts ausmachen: Amphibien wie die Gelbbauchunke oder Frösche können am Land und im Wasser überleben. Auf sie hat es die Ringelnatter abgesehen - eine ungiftige Schlange, die ihren Opfern nachtauchen kann. Viele Insekten verbringen ihr Larvenstadium im Wasser. Neben Millionen Mückenlarven leben hier auch die räuberischen Libellenlarven. Nach der Verpuppung flitzen sie später als Prachtlibelle oder Mosaikjungfer über die Wasseroberflächen.

Auch zahlreiche Vögel fühlen sich hier pudelwohl. Flusseeschwalben und Flussregenpfeifer nisten auf Sand- und Kiesbänken. Der Haubentaucher baut sich ein schwimmendes Nest auf dem Wasser. Blässralle, Reiher- und Tafelenten können ihr Nest an einem Tag um bis zu einen halben Meter erhöhen. So trotzen sie dem Hochwasser. In steile Uferbrüche graben Uferschwalben und Eisvögel ihre Bruthöhlen. Beide Vögel sind geschickte Jäger. Während die Schwalben pfeilschnell durch die Lüfte jagen, stürzt sich der Eisvogel senkrecht ins Wasser und taucht den Fischen hinterher. Auf die haben es auch die Reiher abgesehen. Sie bewegen sich im Zeitlupentempo bis  sich ein Fisch nähert. Dann schnappen sie blitzschnell mit ihrem langen Schnabel zu. Der Storch macht es ähnlich, nur dass er es in erster Linie auf Frösche, Schlangen und Mäuse abgesehen hat. Sein Jagdrevier sind die Feuchtwiesen am Rande der Auen.

Viele Tiere des Waldes finden am Rand der Auen ein Zuhause: Wildschweine, Rehe, Iltisse und Füchse leben hier - bis das Wasser kommt. Dann müssen sie sich schnell zurückziehen. Über dem Wald zieht auch der Schwarzmilan seine Kreise. Der seltene Greifvogel lebt von Fischen, Vögeln und kleinen Säugetieren. Andere Tiere brauchen das Wasser zum überleben. Zu ihnen gehört neben Nutria, Bisam und Fischotter auch der Biber. Er ist der aktivste Auengestalter im Tierreich. Am sichersten bewegt er sich unter Wasser.

Wenn der Eingang seiner Biberburg nicht mehr unter dem Wasserspiegel liegt, baut er sich deshalb einen Damm und staut einen See auf.

Auch der Fischotter ist ein Experte in Sachen Tauchen. Er besitzt eine perfekte Survival-Ausrüstung. Der Körper ist stromlinienförmig und der Pelz ultradicht. 50.000 Haare wachsen auf einem Quadratzentimeter Haut. 400 Mal so viel wie auf unseren Köpfen! Das dichte Fell umschließt ein Polster von feinsten Luftkammern, welche die Haut gegen das kalte Wasser isolieren. So kann der Fischotter selbst bei Minusgraden auf Tauchstation gehen.

Auf der Nase sitzt das Ortungsgerät der geschmeidigen Fluss-Piraten. Die überlangen Tasthaare reagieren auf feinste Druckänderungen im Wasser, wie sie beispielsweise durch die Bewegungen eines Fisches verursacht werden. Am anderen Körperende arbeitet währenddessen der lange Schwanz auf Hochtouren. Ähnlich wie beim Biber dient er als Ruder und Antrieb zugleich. Die Beine werden beim Tauchen eng an den Körper gepresst. Mit sieben Kilometern pro Stunde gehört der Fischotter zur Formel 1 der Unterwasserpiloten.  

Heute leben noch etwa 1100 Fischotter in Deutschland. Ihr Rückgang ist eng mit der Zerstörung der Auen verbunden. Nur noch kleine Reste dieser einzigartigen Lebensräume sind erhalten. Doch seit der Hochwasserkatastrophe gibt es neue Hoffnung. Vielerorts wird jetzt über Renaturierungen ehemaliger Auen nachgedacht. Viele seltene Tiere würden dadurch neue Lebensräume erhalten.  

Warum die Auen so wichtig sind
Auen sind natürliche Überschwemmungsflächen entlang der Flüsse. Sie können riesige Wassermengen aufnehmen. Durch Begradigung, Deiche und Dämme hat der Mensch viele Auen vom Fluss getrennt und dauerhaft trockengelegt. Dadurch wurde auch die Hochwassergefahr drastisch verstärkt. So rauscht eine Hochwasserwelle im Rhein heute in 30 Stunden von Basel nach Karlsruhe - Vor 50 Jahren brauchte sie dafür noch 65 Stunden! Auen sind aber auch noch aus anderen Gründen wichtig. Sie sind die biologischen "Kläranlagen" des Flusses. Das einströmende Wasser wird hier durch planzliches Plankton gründlich gereinigt. Und nicht zuletzt sind Auen wichtige Lebensräume für seltene Tiere.

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