Paarungsverhalten im Tierreich

Wenn Tiere „Hochzeit“ feiern
Paarungsverhalten im Tierreich

Wenn Tiere „Hochzeit“ feiern

Die Arterhaltung ist die biologisch wichtigste Aufgabe eines jeden Lebewesens – ganz gleich, ob bei Mensch oder Tier. Genauso wie bei uns sind natürlich auch bei den Tieren zuerst einmal Partnersuche, Werbung und dann die „Hochzeit“ nötig, um sich fortpflanzen zu können. Die Tiere haben deshalb im Laufe ihrer Entwicklungsgeschichte die verschiedensten Rituale und Methoden entwickelt, die garantieren, dass sich Männchen und Weibchen auch finden.

Bei der Partnersuche verwenden deshalb einige Tierarten, wie z.B. die Schmetterlinge, chemische Lockstoffe, Heuschrecken und Grillen „musizieren“. Andere überreichen sogar Hochzeitsgeschenke oder verwenden Liebesgetränke. Auch das Leuchten der Leuchtkäfer geschieht allein zu diesem Zweck. Bei einigen Tierarten werden die Männchen nach der Hochzeit sogar gefressen.

Viele Spinnenmännchen ereilt dieses Schicksal. Bei den Zebra- oder Wespenspinnen, die sich in unseren Breiten in den letzten Jahrzehnten vermehrt haben, werden die deutlich kleineren Männchen sofort nach der Begattung vom Weibchen aufgefressen. Um diesem Schicksal zu entrinnen, hat das Männchen der Herbstspinne, die zur Familie der Kreuzspinnen zählt, ein besonderes Ritual entwickelt, bei dem es ein Hochzeitsgeschenk überreicht. Dieses besteht aus einem Beutetier, dass es aus dem Netz des Weibchens stiehlt und dann zu einem Paket spinnt. Oft gelingt es dem Männchen, das Weibchen mit diesem Geschenk etwas freundlicher zu stimmen.

Ein ähnliches Ritual veranstalten auch die etwa 10 mm großen Tanzfliegen (Empididen), die bei uns im Frühsommer in der Nähe von Wasserflächen in Schwärmen tanzen. Bevor sich bei diesen Insekten das Männchen auf Brautsuche begibt, fängt es zunächst ein Beutetier; meistens ist es eine andere Fliege. Mit dem Beutetier wird dann das Weibchen von unten angeflogen. Nach der Übergabe des Geschenks, welches im Flug geschieht, beginnt der Freier mit der Begattung. Unterdessen saugt das Weibchen die Beute aus.

Ähnlich manchen Spinnenmännchen ereilt auch die männlichen Bienen (Drohnen) ein trauriges Schicksal. Ihre einzige Lebensaufgabe besteht darin, die Königin zu begatten. Doch von den 2.000 bis 5.000 Drohnen eines Bienenstaates sind es nur ein bis zwei, denen einmal in ihrem Leben ein Liebesabenteuer gelingt, das aber letztlich tödlich für sie endet. Die Verbindung der Geschlechter ist nämlich so fest, dass die Geschlechtsorgane von der Königin aus dem Leib der Drohnen gerissen werden.
Aber auch die übrigen Drohnen finden ein schnelles Ende. Sie werden nach dem Hochzeitsflug aus dem Staat vertrieben, so dass sie verhungern müssen.

Durch akustische Lockrufe kommt die Paarung der Feldgrillen zustande. Bevor es jedoch soweit ist, muss das Männchen seine Ausdauer unter Beweis stellen. Dazu sitzt es 17 Stunden am Tag – unermüdlich zirpend – vor dem Eingang seiner Erdhöhle. Erst wenn ein Weibchen näher als zehn Meter herankommt, hört es diesen Liebesgesang und eilt dann zielstrebig auf den Freier zu. Schmetterlinge wiederum verwenden zur Anlockung und Betörung des Weibchens Sexualduftstoffe. Hat das Männchen ein Weibchen entdeckt, das nicht die Flucht ergreift – und damit Paarungsbereitschaft zeigt – unterfliegt es, von hinten kommend, die niedrig fliegende „Auserwählte“ in schnellem Gleitflug und steigt, langsamer werdend, vor ihr wieder steil auf. Bei dieser Flugbalz wird das Weibchen durch einen Duftstoff stimuliert, der von den Duftschuppen der männlichen Flügel stammt. Dieses Spiel wiederholt sich mehrere Male, bis das Weibchen auf einer Blüte landet. Hier wird es weiterhin mit Düften betört, bis es zu der für Schmetterlinge und vielen anderen Insekten typischen Begattungsstellung kommt: Hinterende an Hinterende.

Nachdem zuvor über die Verwendung von Duftstoffen und akustischen Signalen bei der Partnersuche die Rede war, soll als letztes noch eine optische Signalübermittlung erwähnt werden, welche die als „Glühwürmchen“ bekannten Leuchtkäfer anwenden. Diese nehmen, nachdem sie erwachsen sind, keine Nahrung mehr zu sich, sondern sind nur noch mit der Fortpflanzung beschäftigt. Zwischen 20 und 24 Uhr besteigen die flügellosen Weibchen einen erhöhten Punkt, um dort ihr Licht leuchten zu lassen. Dieses entsteht durch eine chemische Reaktion im Hinterleib der Tiere. Zur gleichen Zeit starten die Männchen zu ihrem Flug. Ist eines über einem leuchtenden Weibchen angekommen, so lässt es sich einfach fallen, wobei die Zielgenauigkeit sehr hoch ist. Haben sie ihr Ziel einmal etwas verfehlt, so marschieren sie einfach zu Fuß bis zu ihrer Auserwählten weiter.

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Text: Walter J. Pilsak
Fotos: Horst Klier

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