Hormone: Das Internet im Körper

Hormone: Das Internet im Körper

Es ist ein bisschen so wie bei Otto Waalkes Sketch »Der menschliche Körper«. Er schildert auf witzige Weise wie unsere Organe kommunizieren und Anweisungen vom Großhirn bekommen: »Großhirn an alle: Fertig machen zum Ärgern! Großhirn an Drüsen: Adrenalinausstoß vorbereiten! Großhirn an Blutdruck: Steigen!« Das alles funktioniert nur mittels sogenannter Botenstoffe, zu denen auch die verschiedenen Hormone gehören. Ohne Hormone können höhere Organismen nicht existieren und sogar einzellige Lebewesen benutzen hormonähnliche Signalstoffe. Im Zusammenspiel mit dem Nervensystem regulieren Hormone die Arbeit der Organe und stimmen alle Funktionen aufeinander ab. Lernen Sie die spannende Welt der »inneren« Kommunikation kennen.

Was Hormone alles bewirken

Sie lassen uns wachsen oder gerade nicht, sie wirbeln unsere Emotionen durcheinander, lassen uns soziale Kontakte knüpfen und sorgen dafür, dass wir uns fortpflanzen. Das sind nur einige der vielfältigen Aufgaben, die Hormone als Botenstoffe im Körper erfüllen. Hormone sind die Dirigenten im Körper, die sämtliche Körperfunktionen vom Denken und Fühlen über die Verdauung bis hin zu unserer äußeren Erscheinung steuern. So helfen Bodybuilder dem Muskelaufbau mit entsprechenden Hormonen (Anabolika) nach, denn nur mit Hilfe des männlichen Sexualhormons Testosteron können echte »Muskelpakete« aufgebaut werden.

Die wichtigsten Produktionsorte im Körper

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1. Die Schilddrüse

Ohne das kleine walnussgroße Organ im Hals geht es nicht. Sie liegt kurz unter dem Kehlkopf und umgibt die Luftröhre wie ein Schild. Daher hat sie ihren Namen. Muss die Schilddrüse wegen Krankheit entfernt werden, dann ist es notwendig, die Schilddrüsenhormone medikamentös zu ersetzen. Sonst würde der Hormonhaushalt völlig durcheinandergeraten und unsere körperlichen und geistigen Fähigkeiten nach und nach abnehmen. Denn die Schilddrüse ist ein echtes Multitalent: Sie hat Einfluss auf Herz und Kreislauf, Knochenaufbau, Verdauung, Zucker-, Fett- und Eiweißstoffwechsel und sogar auf unsere Psyche. Sie wird stärker durchblutet als die Niere und produziert täglich Hormone, die den Zellstoffwechsel ankurbeln. So können mehr Sauerstoff und Zucker aus Kohlenhydraten in die Zellen gelangen, was Verdauung, Blutdruck und Körpertemperatur beeinflusst. Auch Nervenzellen und Gehirntätigkeit werden stimuliert und die Schilddrüsenhormone bestimmen sehr stark mit, ob unsere Psyche ausgeglichen ist oder ob ein Mensch beispielsweise an Depressionen erkrankt. Damit die Schilddrüse vernünftig arbeiten kann, braucht sie ausreichend Jod. Bei einem Jodmangel kann die Schilddrüse den Körper nicht mehr ausreichend mit Hormonen versorgen. Eine höhere Infektanfälligkeit sowie abnehmende Leistungsfähigkeit und Müdigkeit können Symptome eines Jodmangels sein.

2. Die Bauchspeicheldrüse

Das bekannteste Hormon der Bauchspeicheldrüse ist das Insulin. Dieses Hormon wird in Beta-Zellen oder B-Zellen der Langerhans-Inseln hergestellt und sorgt für das Absinken des Blutzuckerspiegels, in dem das Insulin die Körperzellen aufnahmefähig für den Zucker macht. Der deutsche Mediziner Paul Langerhans entdeckte diesen Zellverband in der Bauchspeicheldrüse. Bei Menschen, die an einem Diabetes Typ-1 erkranken, werden diese B-Zellen von Antikörpern zerstört, so dass zu wenig Insulin zur Verfügung steht. Dadurch steigt der Blutzucker zu stark an. in den Langerhans-Inseln befinden sich aber auch Alpha-Zellen oder A-Zellen, die das Hormon Glukagon herstellen. Glukagon sorgt bei Bedarf - zum Beispiel bei körperlicher Anstrengung - dafür, dass die Leber Zucker ins Blut ausschüttet. Damit steigt der Blutzuckerspiegel und liefert Energie für Muskeln und Nerven. Den geringsten Anteil bilden die C-Zellen oder PP-Zellen. Dort wird Somatostatin gebildet, was den Verdauungstrakt beeinflusst und eine Überproduktion verschiedener Hormone bremst. Auch das pankreatische Polypeptid reduziert den Verdauungssaft und die Gallenflüssigkeit.

3. Die Nebennieren

Die Nebennieren - bestehend aus Nebennierenmark und Nebennierenrinde - versorgen den Körper mit einer ganzen Reihe von Hormonen. Das Nebennierenmark stellt vor allem die Stresshormone Katecholamin, Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin bereit. Sie sorgen bei Stress dafür, dass der Körper optimal auf den erhöhten Energiebedarf reagiert. Die Nebennierenrinde wird aus drei Schichten gebildet, die unterschiedliche Hormone herstellen. Die äußere Schicht erzeugt Mineralokortikoide wie Aldosteron, wichtig für den Salz- und Wasserhaushalt des Körpers und die Blutdruckregulierung. Die mittlere Schicht stellt Glukokortikoide wie Kortisol her. Diese Hormongruppe ist an vielen Funktionen beteiligt: Eiweiß-, Fett- und Zuckerstoffwechsel, Salz- und Wasserhaushalt, Bindegewebe und Knochen, Entzündungsprozesse und Immunsystem, Haut, Knochenmark, Herz- und Kreislauf und Nervensystem. In der innersten Schicht der Nebennierenrinde werden vorwiegend männliche Sexualhormone, sogenannte Androgene, aber nur geringe Mengen weibliche Sexualhormone, also Östrogene, produziert.

4. Die Hoden

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5. Die Eierstöcke

Die weiblichen Keimdrüsen bilden entsprechend die weiblichen Sexualhormone. Östrogen und Progesteron sind hier die Hauptvertreter. Auch die weiblichen Sexualhormone beeinflussen das Aussehen und steuern Sexualfunktion und Menstruationszyklus und ermöglichen eine Schwangerschaft.

6. Der Hypothalamus und die Hirnanhangdrüse Hypophyse

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Vasopressin und Oxytocin

Hypothalamus und Hypophyse arbeiten Hand in Hand. Im Hypothalamus werden Vorläufer der Hormone Vasopressin und Oxytocin gebildet und zur Hypophyse transportiert, wo sie im Vorder- und Hinterlappen der Hypophyse gespeichert werden, bis sie durch bestimmte Signale freigesetzt werden.
Das »Kuschelhormon« Oxytocin hat in letzter Zeit einige Berühmtheit erlangt, denn Wissenschaftler hoffen, mit Hilfe dieses Hormons Krankheiten wie Autismus, Depressionen, Angststörungen oder Sozialphobien lindern zu können. Oxytocin ist als Bindungs- und Treuehormon bekanntgeworden. Das Hormon löst Geburtswehen und die Milchproduktion aus, hat aber auch eine luststeigernde Wirkung und fördert die Mutter-Kind-Bindung. Oxytocin hat großen Einfluss auf unser Verhalten und unsere Gefühle. Sogar Partnerwahl, Sex, soziales Gedächtnis und der mütterliche Pflegetrieb funktionieren nur unter Mitwirkung des Oxytocins.

Das Vasopressin oder auch antidiuretisches Hormon ADH wird vor allem nachts freigesetzt und sorgt dafür, dass wir nachts nicht auf die Toilette müssen. Das Hormon des Hypohpysen-Hinterlappens beeinflusst die Nieren und sorgt für eine Rückgewinnung von Wasser und reguliert somit auch den Wasserhaushalt. Der Urin wird so stärker konzentriert und das Volumen nimmt ab. Das lässt uns in der Regel durchschlafen und verhindert Bettnässen. Höhere Konzentrationen dieses Hormons verengen die Gefäße und erhöhen den Blutdruck. Vasopressin wird teilweise bei Patienten, die einen Schock erlitten haben eingesetzt, um den Blutdruck schnell zu steigern. Alkohol hemmt die Ausschüttung von Vasopressin, deshalb bekommt man nach diversen Gläschen eine »schwache« Blase. Durch den Mangel an Vasopressin wird mehr Wasser ausgeschieden. Raucher sind von diesem Effekt weniger betroffen, denn Nikotin fördert die Ausschüttung des Vasopressins.

Dopamin, Somatostatin und Melatonin

Dopamin verhindert eine Überproduktion an Prolaktin, das die Bildung von Muttermilch anregt. Auch Männer produzieren auf niedrigem Niveau Prolaktin, und falls es hier zu Störungen kommt, zum Beispiel durch Tumore der Hypophyse, kann auch das männliche Brustdrüsengewebe Milchfluss produzieren. Allerdings wirkt sich das negativ auf Fruchtbarkeit und Libido beim Mann aus. Dopamin ist das Belohnungshormon und erzeugt Glücksgefühle. Darüber hinaus spielt das Hormon eine entscheidende Rolle bei Bewegungsabläufen. Bei der Parkinson'schen Krankheit nimmt die Dopamin-Produktion immer mehr ab. Die Betroffenen haben deshalb immer mehr Probleme ihre Muskeln zu kontrollieren.

Das Somatostatin reguliert die Schilddrüsenhormone, die Wachstumshormone und auch die Insulinausschüttung. Die Epiphyse oder Zirbeldrüse, die über dem Hypothalamus mit der Hypophyse liegt, stellt das Melatonin her, das sowohl für die Pigmentierung der Haut eine Rolle spielt als auch für unseren Schlafrhythmus und unsere Reaktionen auf den Wechsel der Jahreszeiten. Bei Dunkelheit wird Melatonin verstärkt ausgeschüttet und wir werden müde. Zwischen zwei und vier Uhr nachts wird das meiste Melatonin produziert. Nur bei den Teenagern funktioniert der Melatonin-Rhythmus anders: Mit der Pubertät wird das Schlafhormon bei ihnen abends später ausgeschüttet und morgens länger produziert. Eltern von pubertierenden Jugendlichen dürften die Folgen mehr als bekannt sein: Morgens sind sie nicht aus dem Bett zu kriegen und abends finden sie nicht den Weg hinein. Doch das sei ihnen verziehen, denn sie sind schließlich nur hormongesteuert. Genau wie wir alle.

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Text: Angelika Lensen
Fotos: Bildagentur Zoonar (SKaulitzki, Peter Jobst, Denis Dryashkin , Arve Bettum)

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