Siedlungsabfall und Kreislaufwirtschaft

Interview mit dem Abfallexperten Christoph Wünsch
Siedlungsabfall und Kreislaufwirtschaft

Der renommierte Abfallexperte Christoph Wünsch ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Abfallwirtschaft und Altlasten an der Technischen Universität Dresden. Der Abfallexperte kennt sich mit der Müllproblematik in der heutigen Wegwerfgesellschaft bestens aus. Im Interview wurde der Abfallexperte u.a. nach zukunftsorientierten Entsorgungsstrategien und den größten „Müllsündern“ in der Konsumgesellschaft befragt.

Herr Wünsch, an welchen Studien zum Thema Abfall und Altlasten forschen Sie mit Ihrem Team aktuell an der TU Dresden?


Christoph Wünsch: Das ist eine ganze Menge. Wie befassen uns mit dem Bioabbau von Biokunststoffen sowie deren Verträglichkeit mit den etablierten Systemen zur Erfassung und zum Recycling von Altkunststoffen. Parallel beschäftigen wir uns mit Sensorgestützter Abfallsortierung – speziell mit der Nahinfrarot-Technologie. Das Thema Recyclingbaustoffe haben wir ebenfalls fest im Blick. Ein wichtiges Anliegen unserer Forschungsarbeit ist auch die Verbringung von Elektronikaltgeräten ins osteuropäische Ausland. Wir vernachlässigen aber auch die Berechnung von Treibhausgasemissionen in der Abfallwirtschaft keineswegs. Wir setzen uns außerdem wissenschaftlich mit Qualitätssicherungsmaßnahmen im Rahmen der Ersatzbrennstoffproduktion auseinander. Siliziumorganische Verbindungen in der Abfallwirtschaft sind ebenfalls ein wichtiges Forschungsthema für uns.

Vor allem in Osteuropa ist das Umweltbewusstsein nicht besonders stark ausgeprägt – dies gab zuletzt sogar der russische Präsident Vladimir Putin zu. Wie stellen Sie sich die weltweite Abfallstrategie von morgen vor, damit sich der Klimaschutz bzw. die Ökobilanz nachhaltig verbessert?

Christoph Wünsch: Die europäische Rahmengesetzgebung und auch das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz gibt die Strategie im Prinzip vor. Abfälle sind in erster Linie zu vermeiden, dann der Wiederverwendung zuzuführen, danach zu recyceln (stofflich zu verwerten), energetische zu verwerten und nur wenn ökologisch und ökonomisch nicht möglich, zu beseitigen.Wir haben auch festgestellt, dass sich das ökonomische Wachstum durchaus von der produzierten Abfallmenge entkoppeln lässt. In den meisten Ländern müsste die Bevölkerung aber erst einmal auf das Thema Abfallwirtschaft sensibilisiert werden. Denn bei der Sammlung der Abfälle in den Haushalten, Gewerben und Industrien geht die Abfallwirtschaft los.

Wie bewerten Sie das Müllaufkommen in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren – hat sich da was verbessert bzw. wer sind nach wie vor die größten „Müllsünder“?

Christoph Wünsch: Hier kann das Müllaufkommen nicht pauschalisiert werden, da es ja sehr viele unterschiedliche Abfallarten gibt. Die Abfälle mit den größten Mengen müssen dabei nicht zwingend auch die relevantesten sein. Denn wenn von ihnen keine Gefahr ausgeht, sind diese Abfallwirtschaftlich auch nicht so interessant. Abfälle aus bergbaulichen Maßnahmen (Abraum) bspw. nehmen in Deutschland mit Abstand den größten Teil an Abfällen ein. Da diese Bergbauhalden aber selten gefährlich sind, stehen sie kaum im Interesse. Industrielle Abfälle mit hohen Schadstoffgehalten sind hingegen in geringen Mengen sehr gefährlich. Um die Frage dennoch zu beantworten: In den letzten 20 Jahren ist es uns gelungen, gefährliche Abfälle in den Industrien deutlich zu senken und die zu beseitigenden Abfälle aus den Siedlungen durch getrennte Sammlung und teilweise stoffliche und energetische Verwertung zu minimieren. Auf deutsche Deponien gehen seit Juni 2005 nur noch vorbehandelte Abfälle die lediglich geringe Emissionspotenziale besitzen. Von daher kann festgestellt werden, dass sich die Müllmengen zwar kaum verringert haben, die "Qualität" des Abfalls sich aber deutlich verbessert hat.

Bei welchem Sondermüll wurde bisher noch keine befriedigende Entsorgungslösung gefunden?

Christoph Wünsch: Viele Produkte, die gefährliche Substanzen enthalten, wurden zumindest in Europa, durch unterschiedlichste rechtliche Regelungen und Eigeninitiativen der Industrie aus dem Verkehr genommen bzw. die gefährlichen Substanzen wurden durch andere Stoffe ersetzt. PCB (polychlorierte Biphenyle) als Bestandteil von Transformatorenöl (Isolieröl) wurde z.B. durch Silikonöle ersetzt.
Der Großteil der in der Industrie noch anfallenden Sonderabfälle können betriebsintern „recycelt“, anderweitig stofflich verwertet oder in letzter Instanz in Sonderabfallverbrennungsanlagen durch thermische Zersetzung zerstört werden. Da letztendlich die Verbrennung bei hohen Temperaturen organische Schadstoffe sicher zerstört und alle anderen enthaltenen Schadstoffe in den entstehenden Schlacken und Rauchgasreinigungsrückständen aufkonzentriert und diese Rückstände sicher deponiert werden können, gibt es soweit ich weiß keine weiteren Problemstoffe für die es keine Entsorgungslösung. Prinzipiell wäre es erstrebenswert, so wenig wie möglich gefährliche Abfälle zu produzieren – gemäß des Prinzips der Vermeidung!

Abfallexperten betonen, dass Müll eher ein urbanes Problem sei. Immer mal wieder gibt es Berichte über riesige Müllberge in Athen oder Neapel. Haben die deutschen Großstädte dagegen ihren Müll im Griff?

(..) Text an dieser Stelle gekürzt, liegt komplett vor!

Können Sie das mit den Abfallarten konkretisieren?

Christoph Wünsch: Viele Kunststoffe und Verbunde bauen sich biologisch hingegen kaum oder gar nicht ab, bleiben in der Natur persistent und enthalten zudem gefährliche Substanzen. Vor allem die Großstädte in Deutschland haben auf die Müllverbrennung gesetzt. Die Entwicklung von Konkurrenztechnologien wie die mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen, die teilweise Rohstoffe zurückgewinnen und einen Ersatzbrennstoff zur thermischen Verwertung in Industriefeuerungen erzeugen, haben zu Überkapazitäten geführt. Daher haben viele Anlagen zu wenig Müll und akquirieren diesen zu teilweise sehr geringen Preisen. Eine unsachgemäße Entsorgung von Abfällen – auch aus Gründen der recht guten Überwachung – findet daher meines Erachtens kaum noch statt. Länder wie Italien und Griechenland haben zu wenig Augenmerk auf die Abfallwirtschaft gelegt und konnten keine Konzepte entwickeln, um den Einwohnern die Notwendigkeit von Abfallbehandlungsanlagen wie Müllverbrennungsanlagen klar zu machen.

Vor welchen Problemen stehen südeuropäische Länder beim Thema Müll noch?

(..) Text an dieser Stelle gekürzt, liegt komplett vor!

Welche Umweltstandards müssen Industrie- und Konsumverpackungen zukünftig erfüllen?

Christoph Wünsch: Die Standards der Industrie- und Konsumverpackungen werden durch die europäische Verpackungsrichtlinie und in Deutschland durch der Verpackungsverordnung geregelt. Grundsätzlich unterliegen die auf den europäischen Markt gebrachten Verpackungen der Herstellerverantwortung – das heißt, dass die Hersteller für die Rücknahme und Verwertung dieser Verpackungen verantwortlich sind (Lizenzierung durch den grünen Punkt in Deutschland). Neben den Rücknahmepflichten werden Grenzwerte bspw. für Schwermetallkonzentrationen festgelegt. Dies betrifft Blei, Cadmium, Quecksilber und Chrom VI. Diese in den Verkehr zu bringen, ist nur dann erlaubt, wenn die kumulative Konzentration von 100 mg/kg nicht überschritten wird (Ausnahmen gelten für Glasverpackungen und Kunststoffkästen und -paletten). Grundlegend ist es im Zuge der Verwendung von Verpackungsmaterialien natürlich zielführend, Recyclingmaterialien zu verwenden bzw. zumindest den Anteil recyclierter Materialien zu erhöhen. Darüber hinaus ist die Verwendung von Mehrwegverpackungen/-flaschen ratsam und führt zur Verringerung schädlicher Umweltauswirkungen. Falls dies nicht realisierbar ist, sollte zumindest darauf geachtet werden, dass der Anteil an Verbundwerkstoffen, welche aufgrund ihrer Komplexität schlecht bis gar nicht wieder verwendet werden können, minimiert wird.

Welche Rolle kommt privaten Entsorgungsunternehmen für die Industrie bzw. im Stoffkreislauf zu?

Christoph Wünsch: Im Zuge einer angestrebten Schließung von Stoffkreisläufen kommt auf private Entsorgungsunternehmen gleichartige Aufgaben zu wie dies auch auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger der Fall ist.

Was wünschen Sie sich von der EU bezüglich Recyclingstrategien, die für 2014 bekanntermaßen neue Abfallregelungen aufgreifen möchte?

Christoph Wünsch: Anzustreben ist eine Förderung abfallwirtschaftlicher Maßnahmen für süd- und osteuropäische Mitgliedsstaaten sowie die Erhöhung von Recyclingquoten und Vorgaben zur umweltfreundlicheren Produktgestaltung (Fokus: Verbundmaterialien, Kunststoff-Nanopartikel).

Das Interview führte Andrea Scholz, es ist komplett lieferbar mit einem Foto des Abfallexperten Christoph Wünsch
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