Geschichte einer Vertreibung

Wie nach 1945 vier Brüder und ihre Eltern in Bayern wieder zusammen fanden
Geschichte einer Vertreibung

Wie nach 1945 vier Brüder und ihre Eltern in Bayern wieder zusammen fanden

Der Zweite Weltkrieg und die daraufhin folgende Vertreibung und Flucht der deutsch sprechenden Bevölkerung aus ihrer angestammten Heimat als Folge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ist heute nach fast 70 Jahren für viele unserer jetzigen Generation nur noch ein Datum von vielen in der Geschichtschronik unseres Landes. Doch damals war die zwangsweise Ausweisung der dort schon seit vielen Generationen lebenden Menschen eine große Katastrophe für die Betroffenen. Sie betraf 12 bis 14 Millionen Deutsche in den Ostgebieten des Deutschen Reiches und deutschsprachige Bewohner aus Mittel- und Osteuropa. Um der jetzt lebenden jungen Generation einen kleinen Einblick in die Geschehnisse nach den Wirren des Zweiten Weltkriegs zu geben, soll hier die Geschichte einer Familie mit vier Söhnen aus Nordböhmen in den Jahren 1945 bis 1950 erzählt werden. Sie fand in diesen Jahren fern ihrer Heimat wieder zusammen und gründete sich neue Existenzen.

Die Familie P. wohnte in einem Dorf nahe der Bischofstadt Leitmeritz im Böhmischen Mittelgebirge. Sie hatte dort ein kleines Häuschen und einige Felder, welche sie für den Eigenbedarf bewirtschafteten. Die vier erwachsenen und zum Teil schon verheirateten Söhne wurden während des Krieges alle in die Wehrmacht eingezogen und waren über ganz Europa und Nordafrika verteilt.

Im Frühjahr 1945 nach Ende des Krieges, als der zweitjüngste Sohn Josef P. von Nordafrika und Italien aus auf dem Weg nach zuhause war, wurde er bei Burghausen in Bayern von der Amerikanischen Armee gefangen genommen. Nach zwei Wochen Gefangenschaft konnte er jedoch seinen Rückweg fortsetzen. Bei dem Städtchen Waldsassen an der deutsch-tschechischen Grenze wollten er und noch ein ehemaliger Kriegskamerad über die Grenze nach Böhmen und weiter bis ins Böhmische Mittelgebirge in ihre alte Heimat. Noch im Stadtgebiet von Waldsassen - das bereits mit Flüchtlingen aus dem Osten voll belegt war - begegneten ihnen Sudetendeutsche, die auf der Flucht waren. Diese rieten den beiden davon ab, in ihre ehemalige Heimat zurückzugehen, da sie dort von den Tschechen wahrscheinlich erschlagen würden. Daraufhin kehrten die beiden um und gingen zurück in die Stadt, wo sie erst einmal abwarteten und berieten was zu tun sei.

Hier wurden sie schon bald von einer Frau angesprochen. Diese sagte den beiden, dass sie in einem nahen Dorf einen Bauern wüsste, der Arbeitskräfte bräuchte. Sie machten sich also zu dem betreffenden Dorf auf, wobei sie sich zwischendurch bei Klosterschwestern aus dem hiesigen Kloster, von denen etwa 20 auf einem Feld arbeiteten, nach dem richtigen Weg erkundigten.

Im betreffenden Dorf angekommen, das 13 Höfe umfasste, gingen sie zum ersten Hof an dem ein altes Fachwerkhaus stand. Als Josef und sein Begleiter durch das Fenster in der Wohnküche sahen, dass darin Holz gehackt würde und Hühner umherliefen, meinten sie: „Hier bleiben wir auf keinem Fall - hier sieht es ja aus wie in einer Räuberhöhle!“ Auch beim nächsten Hof der Familie S., bei dem sie nach Arbeit fragten, wollte Josef P. nicht bleiben. Sein Begleiter war jedoch nicht abgeneigt, hier zu arbeiten.

Beim dritten Hof angekommen war für Josef jedoch wieder keine Aussicht auf Arbeit. Wie die Bauersleute sagten, war hier die Stube schon voll.
Dort arbeiteten schon drei Geschwister sowie noch einige andere Personen, darunter auch Margarete B. aus einem Nachbardorf, die später einmal seine Ehefrau werden sollte. Jahrzehnte später erzählte Josef P. seinen Kindern: „Als wir dort in die Stube traten, wurden wir aus jedem Eck beobachtet, als kämen wir aus einer anderen Welt. Überall schaute jemand ängstlich hervor“.

Da auch hier keine Arbeit zu bekommen war, ging Josef weiter zum nächsten Hof der Familie F. Diese waren bereit, einen der beiden als Arbeitskraft aufzunehmen. Die beiden einigten sich, dass Josef P. hier bleiben würde und sein Begleiter zur Familie S. gehen würde. Josef bekam dann bei seiner neuen Arbeitsstelle ein kleines Zimmer sowie einige Hemden zum anziehen, da er ja nur seine Uniform hatte. Seine Militärstiefel tauschte er gegen Schuhe um.

Flucht aus tschechischem Gefangenenlager

Bei der Familie F. blieb Josef bis nach der Heuernte des Jahres 1945. Danach versuchte er, sich in seine Heimat durchzuschlagen. Die Bäuerin gab ihm als Proviant Brot und andere Nahrungsmittel mit auf den Weg, der 5 Tage dauern sollte, bis ihn nach fast Hundert Kilometern tschechische Soldaten in der Nähe von Most (Brix) gefangen nahmen. Im Gefangenenlager bekam er die Möglichkeit, beim stellvertretenden Lagerleiter privat in dessen Wohnung zu arbeiten. Eines Tages, als ihm die Lage günstig für einen Ausbruch erschien, ging er, wie er zu einem Mitgefangenen sagte, um einige Birnen von den Bäumen zu klauben, da er großen Hunger habe. Er hatte jedoch vor, zu flüchten und machte sich in Richtung Erzgebirge auf, wo die deutsch-tschechische Grenze verlief. Entlang dieses Gebirgszuges marschierte er in 5 Tagen wieder zurück nach Bayern in das kleine Dorf, in dem ihn die Familie F. aufgenommen hatte und wo er auch die Margarethe B. kennen lernte und in die er sich verliebt hatte.

Schon bevor Josef versuchte, sich in seine Heimat durchzuschlagen, hatte er mit seinen Eltern - die noch zuhause waren - brieflich Kontakt aufgenommen. Dadurch erfuhr er, dass deren Abtransport und Umsiedlung nach Mecklenburg kurz bevorstand und sie nur 50 kg Gepäck pro Person mitnehmen durften.

Der Bruder von Josef, Franz P. hatte ebenso wie er, beim Roten Kreuz eine Suchmeldung aufgegeben. Dadurch kam dann auch Franz in das Dorf, in dem Josef schon Arbeit gefunden hatte. Im Oktober 1946 kamen dann die Eltern Wenzel P. und Marie P. von Mecklenburg aus nach Bayern. Da sie zwei Säcke Kartoffeln mitgebracht hatten, warteten Wenzel und Marie - die mittlerweile schon 65 und 59 Jahre alt waren - am Bahnhof in Waldsassen.

Aufgrund einer List nach Bayern gekommen!

(..) Text an dieser Stelle gekürzt, liegt komplett vor!

Josef heiratete die vorhin erwähnte Margarete B. und zog mit seinen Eltern in das Nachbardorf ins Haus der Schwiegereltern, da er einen Arbeitsplatz als Schreiner in einer 5 Kilometer entfernten Schwefelkieszeche bekam. Da die Firmenleitung den Eigenheimbau seiner Mitarbeiter unterstützte und förderte, baute Josef im nahen Waldsassen auch ein Zweifamilienhaus. In dieses zog er 1949 mit seinen Eltern und seinem Bruder Gustav ein, der dann auch heiratete und später ein Eigenheim baute.

Seit der Vertreibung nach 1945 wurden 34 Nachkommen - Kinder, Enkel und Urenkel - der vier Brüder in ihrer neuen Heimat Bundesrepublik Deutschland geboren.

Text und Fotos: © Walter J. Pilsak

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