Vom Zauber alter Zäune

Vom Zauber alter Zäune

Von Zaungesprächen und Zaungästen


Alte Zäune – was bieten sie doch für einen schönen Anblick. Silbergrau, verwittert, mit Moos und Flechten bewachsen, trotzen sie Sturm und Wetter. Alte Zäune haben etwas vom Zauber betagter Häuser und von der Würde alter Bäume. Wer den Blick für die unscheinbaren Schönheiten bewahrt hat, der kann sie noch entdecken. Allerdings braucht er da schon eine große Portion Glück. Am wahrscheinlichsten sind sie noch um alte Bauernhäuser zu finden.

Eine Volksweisheit sagt: "Die alten Bräuche und die alten Zäune gehen allesamt ein". Und wie recht hat er doch, der Volksmund. So wie in unserer Wohlstandsgesellschaft die alten Haustypen immer mehr verschwinden und den einheitlichen neuen Häusern weichen, die sich im ganzen Land wie ein Ei dem anderen gleichen, so verschwinden auch die alten bewährten Zaunformen immer mehr.

Traditioneller HanichlZaun

So ist zum Beispiel der HanichlZaun, der aus halbierten, jungen Fichten und Tannenstämmen hergestellt ist, und der einst überall anzutreffen war, heute selbst in ländlichen Gegenden nur noch vereinzelt zu sehen. An die Stelle der traditionellen Zaunformen treten immer mehr neue Arten von Einzäunungen, die zum Teil aus mehreren Materialien zusammengewürfelt sind. Oft sind sie nicht gerade die ideale Lösung, und so kommen dem Betrachter nicht selten wieder die "alten schönen Zäune" in Erinnerung. Drahtzäune mögen vielleicht praktisch und auch schnell aufzustellen sein, fürs Auge aber sind sie bestimmt kein schöner Anblick. Da bieten uns die Jägerzäune, die jetzt immer mehr in Mode kommen, schon ein beschaulicheres Bild. In ihrem Bestreben, den Garten durch eine möglichst originelle Einzäunung noch schöner zu machen, sind manche Garten und Hausbesitzer schon auf die kuriosesten Einfälle gekommen.

Der Zaun als Landschaftsbeherrschendes Element

Zäune sollen schützen, verbergen, aber auch schmücken. Sie durchteilen Wiesen und Äcker und schmiegen sich jeder Bodenwelle an. Zäune geben der Landschaft Leben. Sie sind aber auch ein Ruhepunkt für das Auge. Ein schöner Gartenzaun ist auch wichtig für ein harmonisches Ortsbild.

So wie in jeder Landschaft schon seit jeher ein anderer Haustyp zuhause ist, so sind in den verschiedenen Gegenden Deutschlands auch unterschiedliche Zaunformen entstanden, die das Gesamtbild einer Landschaft bedeutend mitprägen.

Auf Schritt und Tritt begegnen wir in unserer Landschaft und in den Siedlungen Zäunen. Durch sie wollen wir uns vor Fremden und Eindringlingen schützen. Dabei grenzen wir uns aber gleichzeitig auch von unseren Nachbarn ab. So ist nur noch der neugierige und verstohlene Blick über den Zaun in Nachbars Garten möglich.

Trotz allem entwickeln sich an Gartenzäunen nicht selten gutnachbarliche Plaudereien und Ratschereien. Da werden Neuigkeiten ausgetauscht oder es wird über Allerweltsthemen diskutiert. Beliebter und nicht ausgehender Gesprächsstoff sind auch die jeweils anderen Nachbarn. Man bewundert das „prächtige“ Gemüse auf der anderen Zaunseite und es werden auch schon mal einige Pflänzchen ausgetauscht. So können Zäune zum Entstehen neuer Freundschaften beitragen.

Ein Zaun kann aber auch Zeuge von Zwistigkeiten zwischen zwei Nachbarn sein. Gründe gibt es deren viele. Sie reichen vom herabgefallenen Laub, das der Wind über den Zaun in Nachbarsgarten bläst, bis hin zum quakenden Frosch, der auf der anderen Zaunseite zum vermeintlichen Ruhestörer wird. Dauern diese Streitereien länger an, sind die Kontrahenten zwangsläufig vom Treiben und Werkeln des jeweiligen Nachbarn ausgeschlossen. Dies bedeutet, nur noch Zaungast zu sein, der von weitem zusieht, da der Zaun in diesem Fall zur unüberwindlichen Grenze wird.

Ohne Zäune gäbe es auch keine pflanzlichen und tierischen Zaungäste! Die Zauneidechse, der Zaunkönig, die Zaunammer, die Zaungrasmücke, der Zaunigel und der Zaunschlüpfer wären ohne Heimstatt. Auch Pflanzen gibt es viele, die gerne an Zäunen gedeihen, doch nur wenige haben das Wort „Zaun“ in ihrem Namen. Zu ihnen zählen Zaunwinde, Zaunrübe, Zaunrebe und Zaunwicke.

Was nennt sich heute nicht alles „Zaun“! Haarsträubende Konstruktionen aus verschiedenen Materialien. Alle nach der Wasserwaage und dem rechten Winkel aufgestellt. Doch Zäune sollten den Bodenwellen folgen. Welch einen Anblick bieten uns da die alten Zäune auf dem Land. Silbergrau verwittert, mit Moos und Flechten bewachsen haben sie einen Hauch von Würde. Wer den Blick für die unscheinbaren Schönheiten bewahrt hat, der kann sie noch entdecken. Unsere Fotos zeigen etwas von der Vielfalt und Schönheit alter Zäune.

Text & Fotos: Walter J. Pilsak