"Voll Vernebelt" - In Erlkönigs Reich

Wenn die Nebelschwaden ziehen
In Erlkönigs Reich

Wenn die Nebelschwaden ziehen


Weiße Nebelschwaden ziehen in der Abenddämmerung wabernd über die herbstliche Landschaft. Die mystischen Umrisse der Bäume sind nur schemenhaft zu erkennen und mit düsterem Licht schleicht sich die Nacht heran. Das sind Momente eines Novembertages, an denen das Gedicht „In Erlkönigs Reich“ von Johann Wolfgang von Goethe physische Formen anzunehmen scheint!

Der Herbst ist die Zeit, in der die Sonne den Kampf gegen den Nebel von Tag zu Tag mehr verliert. Tage, an denen nur Morgennebel die Landschaft mit einem Gazeschleier überdeckt, weichen Tagen, an denen der Nebel von Morgens bis Abends sich wie ein düsterer Alptraum über alles legt. Bei vielen Menschen verändert dies etwas in ihrem Seelen- und Gemütsleben. Sie werden melancholisch oder bekommen sogar Depressionen.

Diese sogenannte Herbst- oder saisonale Depression wirkt sich bei etwa 10% der Bevölkerung so aus, dass sie zu einer merklichen Einschränkung ihrer Befindlichkeit und Leistungsfähigkeit führt. Ein Teil der betroffenen Menschen befällt sogar eine ausgeprägte Energielosigkeit. Sie schlafen länger, sind aber trotzdem am Tag häufig müde. Sobald aber die Tage in den Monaten März/April wieder länger werden, klingen diese Symptome ab.

Was ist Nebel?


Nebel ist eigentlich nichts anderes als Wolken, die sich knapp über dem Erdboden befinden. Wir nennen ihn nur so, weil wir mitten drin sind und nicht darunter. Nebel besteht aus Milliarden von schwebenden Wassertröpfchen. Er entsteht aus Wasserdampf, der sich in der Luft um uns befindet. Sammelt sich zuviel Wasserdampf an, gibt ihn die Luft wieder ab, indem sich die Wassermoleküle an mikroskopisch kleine Staubkörnchen binden. Durch diese Kondensation entstehen unzählige winzige schwebende Wassertröpfchen, die wir als Nebel wahrnehmen..

Da kalte Luft weniger Wasserdampf speichert als warme, bildet sich vor allem im Herbst und zu Beginn des Frühlings, Nebel. Wenn sich tagsüber die Luft erwärmt, kann sie eine große Menge an Wasserdampf aufnehmen. Sobald aber die langen kühlenden Nächte hereingebrochen sind, kühlt die Luft wieder ab und der Wasserdampf kondensiert zu Nebel. Wenn aber, so wie im Sommer, die Nächte kurz und auch warm sind, wird der in der Luft enthaltene Wasserdampf nicht kondensiert.
Wenn Nebel tagelang anhält

Im Winter bildet sich aufgrund der oft trockenen Luft nur selten Nebel. Tritt er aber einmal in Erscheinung und es herrschen auch noch Minustemperaturen, so gefriert er zu kleinen Eiskristallen, die sich überall festsetzen. Dieser sogenannte Raureif verzaubert die Natur in eine weiße Märchenlandschaft. Oft taut aber die wärmende Sonne die ganze Pracht bis Mittag wieder auf.

Überdauert ein Nebel jedoch einmal einen ganzen Tag, so ist ihm oft eine mehrtägige Existenz gesichert. Denn zum einem reflektiert die helle Nebeldecke bis zu 90 Prozent der auftreffenden Sonnenstrahlen, so dass für die Auflösung des Nebels nur noch ein geringer Restbetrag übrig bleibt. Zum anderen geben die im Nebel schwebenden Wassertröpfchen des Nachts besonders viel Energie durch Ausstrahlung ab. So sinkt die Lufttemperatur noch weiter ab und es bildet sich weiterer Nebel, der immer dichter wird. Bei gleichzeitigen Minustemperaturen kann das dazu führen, dass die Eiskristalle an Gräsern, Zweigen und Ästen von Tag zu Tag mehr anwachsen. Nicht selten brechen durch deren Gewicht die Baumspitzen ab. Wenn oft tagelang Nebelwetter herrscht, kann nur eine Umstellung der Wetterlage Abhilfe schaffen.

Von Autofahrern, Poeten und Bauern

Während Autofahrer über den Nebel nicht selten fluchen, ist er für Dichter, Stoff für ihre Inspiration. Dies zeigt die Unmenge an Gedichten, in denen vom Nebel die Rede ist. Auch einige Wetter- und Bauernregeln haben den Nebel als Inhalt. So sagt eine bekannte Regel: „Wenn die Sonnenkraft am Morgen den Nebel kann vertreiben, wird das schöne Wetter bleiben“. Im Dezember sagt man: „Viel Wind und Nebel in Dezembertagen, schlechten Frühling und schlechtes Jahr ansagen.“ Auch der März hat seine Wetteregel zum Thema Nebel: „So viel Nebel im März, so viele Fröste im Mai, so viele Gewitter im Sommer“.

In den Jahrzehnten vor Chr. Geburt schrieb der römische Dichter Vergil: „Wenn der Nebel aufsteigt, verspricht er allgemein Regen“. Leonhard Reynman notierte 1505 in seinem Wetterbüchlein folgendes: „Wenn nebl von den pergen absteygen, oder vom hymel fallen oder in den tälern liegen, bedeut schön wetter“. Diese beiden Aussagen sind treffend in folgender Bauernregel zusammen gefasst: „Wenn der Nebel fällt zur Erden, wird es gutes Wetter werden: steigt der Nebel nach dem Dach, folgt bald großer Regen nach“.

Text & Fotos: Walter J. Pilsak
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