Farbenpracht statt Einheitsgrün

Vom Rasen zur Blumenwiese

Farbenpracht statt Einheitsgrün



Einen Rasen könnte man verschiedenerlei definieren. Gartenzeitschriften und viele Eigenheimbesitzer bezeichnen ihn als Grün in seiner schönsten Form. Rasengegner und die Befürworter einer Blumenwiese dagegen meinen, dass der Rasen ein Grün in seiner mühsamsten Form ist.

Wer von beiden recht hat, ist wahrscheinlich nur eine Ansichtssache. Hätte die Natur das sagen und würden wir den Rasen sich selbst überlassen, würde er sich bald in eine Blumenwiese verwandeln. Wenn es zu Anfang auch nur vereinzelt die gelben Kleckse des Löwenzahns, die filigranen Blüten des Gänseblümchen und der Breitwegerich wären! Mit der Zeit kämen vielleicht Ehrenpreis, die blauen Blüten des Günsels oder die Wucherblume, besser bekannt unter ihrem volkstümlichen Namen Margerite, dazu.

Jeder von uns kennt die mit den gelben Blüten des Löwenzahns übersäten Wiesen und Weiden während der ersten Frühlingswochen. Diese herrliche Pracht, die zwar für das Auge schön, aber doch einseitig ist, entsteht nur auf üppig gedüngten Wiesen. Oft erkennt man sogar am gehäuften Auftreten des Löwenzahns, wie der Landwirt mit seinem Jauchewagen über die Wiese gefahren ist. Doch schon wenige Tage nach der Blüte verwandelt sich der gelbe Teppich in einen weißen aus Trilliarden von kleinen Fallschirmchen der sogenannten Pusteblume. Wird die Wiese jetzt gemäht, sieht sie aus, als hätte es geschneit.

Warum Wiesenblumen verschwinden!

Die gelben Löwenzahnblüten und der Hahnenfuß lassen keine anderen lichthungrigen Blumen emporkommen. Aber auch das frühzeitige mähen im Mai ist ein Grund, warum die meisten Blumenarten es erst gar nicht bis zur Blüte schaffen. Auch ein zweiter und dritter Anlauf der Blumen endet oft unter dem Mäher. So verschwinden sie im Laufe der Zeit immer mehr. Leider lässt das Diktat der modernen Landwirtschaft den meisten Landwirten keine andere Wahl. Nur einige wenige Arten, wie der Breitwegerich, dessen Blätter flach am Boden wachsen und so nicht vom Messer erfasst werden kann, kommen durch.

So blühen heute auf ertragsreichen Wiesen und Weiden bestenfalls noch 80 bis 90 Blüten- und Farnpflanzen, während es auf einer klassischen Wiese zwischen 600 und 700 Arten sind.

Wer seinen Rasen nicht als Spielplatz für Kinder oder zur sportlichen Betätigung benötigt, der sollte einer Blumenwiese den Vorzug geben, oder wenigstens ein Teilstück in eine bunte Wiese umwandeln. Würden wir einen Rasen sich selbst überlassen und ihn auch nicht mehr düngen, so entwickelt sich daraus im Laufe der Jahre ein Magerrasen, in dem Gänseblümchen, Braunelle, Schafgarbe, Weißklee und noch viele andere Arten blühen. Doch wem dies zu lange dauert, der sollte etwas nachhelfen. In speziellen Wiesenblumenmischungen sind Grasnelken, Kornblumen, Margeriten, Klatschmohn, Wiesensalbei, Veilchen, Wiesenschaumkraut, Glockenblumen und noch viele andere Blumensamen enthalten.

Blütenvielfalt das ganze Jahr über

Der Samen kann auch in kahle Stellen des Rasens eingesäht werden, so dass die Blumen Horstweise wachsen. Im Laufe der Jahre breiten sie sich dann auf die ganze Fläche aus. Wer einmal eine Blumenwiese hat, der wird das ganze Jahr über seine Freude daran haben, denn die Blütenvielfalt wechselt vom Frühjahr bis in den Herbst hinein ständig. Bis in den Frühsommer hinein sollte man sie dann ungestört wachsen lassen. Erst nach der Blüte wird sie das erste Mal gemäht. Der zweite und letzte Schnitt sollte dann im Herbst erfolgen.

Einen Garten bzw. Wiese ohne Arbeit gibt es nicht. Doch wenn man bedenkt, dass ein gepflegter Rasen wöchentlich mindestens einmal gemäht werden muss, eine Wildblumenwiese dagegen nur zweimal im Jahr, so bringt dies für den Gartenbesitzer nicht nur eine wesentliche Arbeitsersparnis, sondern auch noch einen enormen ästhetischen Gewinn für seinen Garten.


Text & Fotos: Walter J. Pilsak

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