Die Welt des Baches

Die Welt des Baches


Bäche sind lebenswichtige Adern in unserer Landschaft und bilden in ihr ein ökologisch stabilisierendes Netz. Jeder Bach – egal ob träge dahinfließend oder steil über Felsen herabstürzend – hat dabei seine Geheimnisse und Launen. Er verändert sich im Rhythmus der verschiedenen Jahreszeiten, hat aber auch sein Eigenleben. Uns Menschen bietet er unter anderem auch Kurzweil und Erholung. An den Ufern eines Baches entlang zu wandern gehört zu den schönsten Freizeitbeschäftigungen, die sich ein Naturfreund wünschen kann.


Wasser ist Leben, denn alles Leben kommt letztendlich aus dem Wasser. Heute werden drei Viertel der Erdoberfläche von Wasser bedeckt. Dieses unterliegt einem ständigen Prozess aus Verdunstung und Kondensation. Dafür verantwortlich ist die Sonne. Unablässig verdunstet durch ihre Wärme Wasser. Ein brachliegendes Feld verliert so etwa 2 bis 3 Liter Wasser pro Quadratmeter und je Tag. All dieses Wasser kommt irgendwann wieder einmal als Niederschlag zur Erdoberfläche zurück und versickert größtenteils in der Erde. Hier sammelt es sich in unzähligen kleinen Wasseradern, Flüssen und Seen tief unter der Erde und bildet so den Grundwasservorrat. Aus solchem oberflächennahen Grundwasser werden meist unsere Quellen gespeist, aus denen unsere Bäche entstehen.

Der Ursprung

Jeder Bach hat seinen Ursprung in irgend einer Quelle. Hier tritt das Wasser zum ersten Mal an die Oberfläche. Meist ist dies in einer Mulde in einem Waldgebiet. Der Untergrund ist recht feucht und matschig, da er von Wasser durchtränkt ist. An diesem sogenannten Quellsumpf entspringt eine „Sickerquelle“. Tritt eine Quelle in einem felsigen Gebiet an die Oberfläche, ist es meist eine „Sprudelquelle“. Es gibt aber auch unsichtbare Quellen, nämlich dann, wenn sich darum herum ein kleiner Weiher oder See gebildet hat.
Da Wasser Leben bedeutet, herrscht an Quellen und an den daraus entstehenden kleinen Bachläufen schon ein reges Leben. Im Quellsumpf gedeiht z.B. das Fettkraut. Im Schutz überhängender Steine wachsen die ersten Moosrasen und auf den wasserüberrieselnden Felsen gedeiht das sattgrüne Lebermoos. Da wo sich das Bächlein durch das frische Grün windet, findet man an dessen Ufer die strahlenden Blütensterne der Sumpfdotterblume. Ebenso ist hier das Scharbockskraut schon zu finden.

Die Jahreszeiten eines Baches

Ein Bach durchlebt die vier Jahreszeiten genauso wie alles andere in der Natur. Gerade er ist dem Wandel in seiner Umgebung und in der Natur besonders ausgesetzt. Ein Bach fließt immer. Er ist ununterbrochen in Bewegung. Im Frühling noch mehr als im übrigen Jahr. Es ist jetzt das Wasser der Schneeschmelze, das er abtransportiert. Auch sind die Böden jetzt vollgesogen, so dass die Quellen mehr von dem kostbaren Nass hergeben. Die Vegetation an seinen Ufern sprießt und gedeiht nun mit Hochdruck. Selbst da, wo der Bach das Ufer abgetragen hat, kommt Grün zum Vorschein. Mit seinen Wurzeln verfestigt und hält es den Boden zusammen.

Wo man hinschaut, bricht neues Leben auf. So auch in der Tierwelt, die im und am Bach lebt. Bachstelzen stolzieren wippend von Stein zu Stein. Grasfrösche haben vor kurzem ihren Laich abgelegt. Schon schwimmen die ersten Kaulquappen an den Bachrändern ihre Kapriolen. Lebendig werden auch die vielen Kleinstlebewesen, die unter den Steinen im Wasser leben. Von den Fischen sehen wir im nahen Quellbereich auch schon einmal eine Bachforelle. Weiter bachabwärts tummeln sich im Wasser Äsche und Barbe.

Immer wieder lassen im Lauf des Sommers starke Regengüsse den Bach kurz anschwellen.
Das Bachbett und seine Ufer tragen dadurch meist keine größeren Schäden davon. Eventuell werden der auf dem Bachgrund liegende Kies und Sand durch die jetzt stärkere Strömung ein kurzes Stück weiter transportiert. Sie kommen aber bald wieder zur Ruhe und lagern sich ab.

Nähert sich dann der Herbst, nimmt der Bach immer mehr Laub auf. Es stammt von den Bäumen an seinen Ufern. Meist sind dies Erlen, Weiden oder Pappeln. Auch andere Pflanzenteile fallen ins Wasser und werden von der Strömung weitertransportiert und zerkleinert, bevor sie zu vermodern beginnen.

Der Winter ist für den Bach die stillste Zeit des Jahres. Die Natur rundherum schläft jetzt. Da wo das Bächlein ruhig und behäbig fließt, gefriert es schon während der ersten Fröste zu. Schnell fließende Partien jedoch bleiben selbst nach tagelangen Minus Temperaturen offen. Für die Pflanzen und Tiere im Bach folgt jetzt eine schwere Zeit. Trotzdem überstehen diese die meisten von ihnen, da sie sich auf das Überleben im eisigen Wasser eingestellt haben.

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Wenn Bäche sterben!

Ein Bach hat viele Gesichter. Er kann sich gemächlich in zahlreichen Windungen durch bäuerliches Land schlängeln. Im Gebirge dagegen schießt er tosend und sprudelnd durch sein schmales Bett ins Tal. Hat man ihn dagegen kanalisiert und begradigt, fließt er als halbtotes Rinnsal durch Wiesen und Felder und bietet so einen traurigen Anblick. Keine Sträucher und Bäume säumen jetzt seine Ufer. Anstelle der einstigen Wasserpflanzen gedeihen nur noch Algen. Der Sauerstoff des Wassers hat abgenommen und mit den Fischen verschwanden auch die anderen Bewohner des Baches.

Jahrtausende lang haben Bäche die Landschaft mitgeformt und mitgestaltet. Heute scheint sich dies ins Gegenteil gekehrt zu haben. Der Mensch teilt, formt und gestaltet nicht nur unsere Fluren und Felder. Auch Bach- und Flussläufe hat er in den vergangenen Jahrzehnten verändert und verlegt. Doch mittlerweile wehrt sich die Natur gegen diese Eingriffe. Immer öfters schlägt sie mit einem sogenannten Jahrhundert-Hochwasser zurück und rächt so die Sünden gegen die Natur. Sie macht uns damit auch bewusst, dass wir gegen die Naturgewalten trotz unseres technischen Zeitalters immer noch machtlos sind.

Ein Lichtblick jedoch: Während der letzten Jahre erhielten immer mehr Bäche durch Renaturierung ihr altes Bett zurück. Doch bis sich jeweils der ursprüngliche Zustand wieder eingestellt hat, dauert es einige Zeit. Die Sünden der Vergangenheit sind nicht so schnell rückgängig zu machen.

Trotz allem existieren noch genügend natürliche Bäche, an deren Ufern entlang zu schlendern, es eine wahre Wonne ist. Es gibt an ihnen viel zu entdecken und zu beobachten. Und wenn man nur am Bachrand sitzend, dem beruhigendem Plätschern des Wassers zuhört. So manches Erlebnis der Kindheit wird dabei wieder in den Sinn kommen. Vielleicht erinnern wir uns daran, wie wir als Kind an solchen Bächen, Dämme aus Steinen und Holz gebaut haben! Und wie viel geschnitzte Rinden-Schiffchen mögen in solchen Bächen ihre erste und zugleich letzte Wildwasserfahrt gemacht haben!

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Text & Fotos: Walter J. Pilsak

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