Drachen - Die Farbenfrohe Himmelsshow

Flugkünstler im Herbstwind

Die Faszination des Drachensteigens

Wer denkt nicht gerne an seine Kindheit zurück! Vielen kommt dabei der Spätsommer wieder in den Sinn. Vor allem die Tage, an denen die ersten Vorboten der Herbststürme über die Stoppeln der abgeernteten Felder bliesen, blieben unvergesslich. Sie bedeuteten vor allem für die Kinder auf dem Land, dass die langerwartete Drachenzeit gekommen war. Endlich konnte der Drachen vom Dachboden geholt werden. Meist war das Fluggerät jedoch mehr oder weniger lädiert oder gar ganz flugunfähig. Die zahlreichen Flugstunden des vergangenen Herbstes waren nicht spurlos an ihm vorüber gegangen. Dies war nicht weiter schlimm. Der alte Drachen wurde eben ausgebessert oder man bastelte einfach einen neuen. Dieser musste noch größer und schöner sein, als sein Vorgänger. War er dann in der Luft mal leicht tänzelnd, dann wieder wie von Furien gehetzt vergingen die Stunden wie im Flug.

Während die größeren Kinder ihre Künste mit dem selbst gebastelten Drachen alleine ausübten, musste bei den kleineren der große Bruder oder der Vater Starthilfe leisten. Heute sind die Zeiten, in denen das Familienoberhaupt mit seinen Kindern aus buntem Papier und zwei Holzleisten einen Drachen bastelte, schon lange vorbei. Waren diese Eigenproduktionen doch nicht selten nur bleierne Enten die sich als "Pleitegeier" erwiesen! Das nächste Spielwarengeschäft um die Ecke hat heute die abenteuerlichsten und fantasievollsten Drachen in jeder Größe auf Lager. Man muss nur das nötige Kleingeld bereithalten. Da findet man witzige Windspiele mit knallbunten Schwänzen, leuchtend farbige Ufos, rasante Lenkdrachen und bunte Himmelsstürmer zum Selbermachen. Am beliebtesten sind bei der heutigen Generation von Kindern die Lenkdrachen, die von bis zu vier Leinen gehalten werden. Nur eine Leine benötigt der Einleiner oder Standdrachen. Unter ihnen sind allerdings die schönsten und aufwendigsten zu finden. Auch der kunstvoll bemalte oder beklebte asiatische Drachen aus Papier und Bambus zählt zu diesen.

Drachensteigen als Hobby und Sport

Waren Drachen früher nur Spielzeug, so ist aus ihnen heute ein technisches Sportgerät geworden. Nicht selten werden Erwachsene vom Drachenfieber gepackt. Dabei ist nicht nur der Spaß des Drachensteigens und das dabei aufkommende rauschartige Gefühl von Bedeutung. Für viele hat das Drachensteigen auch etwas mit Meditation zu tun. Wenn das Fluggerät sich oben in den Lüften durch die Bewegung im Wind durch das Licht in Farbe und Form verändert, vergehen die Stunden wie im Flug. Wichtig ist für erwachsene Drachensteiger auch der ganze kulturhistorische Hintergrund, der dieses faszinierende Hobby noch interessanter macht. Jeder Interessierte kann sich heute in Büchern und Fachzeitschriften über das Drachensteigen informieren. Selbst Drachenfestivals finden statt. Wer voll in diesem faszinierendem Hobby aufgehen will, kann sich auch im Deutschen Drachenklub organisieren.

Ostasiatische Drachenkämpfe

Die Geschichte der Drachen ist sehr alt. Schon um 400 v. Chr. soll in China ein hölzerner Drachen geflogen sein. Dort, als auch in vielen anderen ostasiatischen Ländern sind Drachen eng mit Religion und Mythologie verbunden. Auf Bali glaubte man, dass Drachenfliegen die Lieblingsbeschäftigung ihrer Götter war.

In Japan kennt man rund 300 verschiedene Drachentypen. Besonders schön verziert sind die thailändischen und malaysischen Drachen. In Ostasien waren Drachenkämpfe weitverbreitet. Koreanische Kampfdrachen sind rechteckig und haben in ihrer Mitte ein Luftloch. Dieses dient zur Stabilisierung. Beim Drachenkampf kommt es darauf an, mit seinem eigenen Drachen möglichst viele Drachen der gegnerischen Mannschaft vom Himmel zu holen. Dabei präparierte man seine eigene Leine, indem man sie im wahrsten Sinn des Wortes scharf machte. Die mythologische Grundlage der Drachenkämpfe soll in Polynesien liegen. Dort soll im 17. Jahrhundert der Häuptling der Insel Tahiti einen Streit mithilfe von Kampfdrachen ausgefochten haben.

Drachen für praktische Zwecke

Drachen gebrauchte man nicht nur zum spielen. Auch für durchaus praktische Zwecke verwendete man sie. Schon im 16. Jahrhundert wurde beschrieben, wie mit Hilfe eines Drachens, Feuerwerkskörper in die Luft befördert wurden. 1752 erfand der Amateurphysiker Benjamin Franklin auf Grund seiner Versuche mit dem elektrischen Drachen den Blitzableiter. Anfang dieses Jahrhunderts wurde von keinem geringeren als von Samuel Franklin Cody, der als "Buffalo Bill" in die Geschichte einging, ein Kastendrachen konstruiert. Dieser wurde beim Militär als manntragendes Beobachtungssystem eingesetzt. Mit einem ähnlichen Drachentyp hatte schon Jahre zuvor der gebürtige Engländer Lawrence Hargrave experimentiert. Mit seiner Hilfe transportierte er meteorologische Messinstrumente in eine Höhe von 2500 Metern. Auch der von dem Amerikaner William A.Eddy im Jahr 1891 erfundene Bogendrachen setzte man für meteorologische Messungen in großen Höhen ein. Ein weiterer bekannter Mann, der Schotte Alexander Graham Bell, den jeder als Erfinder
des Telefons kennt, befasste sich mit dem bemannten Drachenflug. Schon zuvor, nämlich 1825, ließ der Engländer Georg Pocock seine erwachsene Tochter von einem Drachen 100 Meter in die Höhe ziehen.

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Wichtige Regeln für "Himmelsstürmer"

Auf also zum Heidenspaß für Groß und Klein. Wer einen Drachen steigen lässt, wird zwar noch nicht zum Vogel, doch ist er dem Himmel schon um ein ganzes Stück näher. Bevor der Drachensteiger jedoch dieses euphorische Gefühl auskosten kann, muss der bunte Windvogel sicher aufsteigen können. Dabei sollten einige wichtige Regeln beachtet werden:

Die maximale Windstärke sollte 4 sein (=mäßige Brise)
Die Drachenschnur darf nicht länger als 100 Meter sein
und auch kein Metall enthalten.
Hochspannungsleitungen, Autobahnen und Eisenbahn
strecken sollten wenigstens 500 bis 600 Meter entfernt
sein.
Gegenden um Flugplätze sind ganz tabu.
Bei Gewitter sofort die Schnur einholen, da
Blitzeinschlag droht!
Keine Rettungsversuche bei Drachen, die in
Stromleitungen hängen geblieben sind. Sofort
Entstördienst des Stromversorgungsunternehmens
informieren.

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Text & Fotos: Walter J. Pilsak / Zoonar (Heike Brauer, A.Krawczyk, Calvin)

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