Ritt mit Gottes Segen: Die Wallfahrt nach El Rocío

Das andalusische Städtchen El Rocío ist alljährlich zu Pfingsten Ziel einer Marienwallfahrt, die gut eine halbe Million Menschen und etwa fünfundzwanzigtausend Pferde auf die Beine bringt. In jedem Spanienreiseführer ist dieses Spektakel beschrieben, denn hier kann man in aller Farbenpracht, Lautstärke und Ausgelassenheit erleben, was man in Südspanien unter religiöser Frömmigkeit versteht. Mindestens ebenso wichtig wie das Ziel ist aber auch der Weg: Wir haben eine einheimische Pilgergruppe auf ihrer viertägigen Reise mit Pferd, Ochs und Wagen begleitet und dabei die Wallfahrt einmal von einer ganz untouristischen Seite aus erlebt - von innen, gewissermaßen.

"Pferde für die Romería zu vermieten", steht auf einem handgeschriebenen Zettel an einem Laternenpfahl im südspanischen Sanlúcar de Barrameda. Die Romería, die Wallfahrt, ist hier schon Wochen vor dem Termin ein Thema, und Pferde gehören nun einmal zwingend dazu. Ein Landeskenner hat sogar einmal behauptet, die Andalusier hätten nur der Wallfahrt wegen auch in den modernen Zeiten all die Jahrzehnte lang ihre Pferde behalten. Da mag etwas dran sein, und sicherlich wird so mancher schmucke Schimmel tatsächlich nur einmal im Jahr aus seinem Verschlag geholt oder von seinem Pflock losgebunden, damit sein Besitzer zum großen Ereignis eine gute Figur macht. Man sollte sich keinen Illusionen hingeben: Die Südspanier identifizieren sich zwar neben Flamenco, Sherry und Stieren auch über ihre Pferde, aber die Haltungsbedingungen sind oft miserabel. Nur die Zuchtstuten und Jungpferde bei den wirklich großen und namhaften Züchterfamilien genießen Freilauf auf riesigen Flächen, private Pferde und die kleinerer Ställe  haben dagegen häufig ein hartes Los und fristen ihr Dasein auf ein paar Quadratmetern zwischen dem Gemüsetreibhaus aus Plastikplanen und dem Autoschrottplatz. Umso erstaunlicher, wie willig diese Pferde dann, wenn man sie braucht, trotzdem mitmachen und mit wie viel Ausdruck sie sich präsentieren. An der vielgerühmten "Nobleza" der spanischen Rasse muss doch etwas dran sein! 
In Sanlúcar laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren: Die Stadt an der Mündung des Flusses Guadalquivir in den Atlantik ist der Treffpunkt aller Pilgergruppen, die aus der Gegend von Jerez der la Frontera, Cadiz oder weiter südlich nach El Rocío pilgern wollen. Sie sind größtenteils in so genannten Bruderschaften, den "Hermandades", organisiert, von denen viele schon seit Jahrhunderten bestehen. Die älteste von ihnen wurde 1512 gegründet und hat nur den einzigen Zweck, einmal im Jahr mit viel Pompo nach El Rocío zu ziehen. In Sanlúcar haben mehrere Bekleidungsgeschäfte Sonderabteilungen eingerichtet, in denen man die traditionelle Landestracht  kaufen kann: "Traje corto", eine kurze Bolerojacke mit graugestreifter Hose über Stiefeln und ein runder Cordobeser Hut für die Männer, farbenprächtige Flamencokleider mit üppigen Rüschen und Volants für die Frauen. Die Ausstaffierung lässt man sich etwas kosten, und auch schon die Kleinsten werden originalgetreu eingekleidet. Etwas anderes kommt nicht in Frage! 

Mit einer großen Zeremonie setzt der Tross  unter Begleitung von Musikkapellen dann in der Woche vor Pfingsten in Sanlúcar  mit Pferd, Mann, Maus und Wagen auf Fähren über den Fluss über, um auf der anderen Seite den eigentlichen Weg zu beginnen. Die alte Pilgerroute ist seit Jahrhunderten die gleiche, daran konnte auch die Ausweisung des Gebietes Coto Doñana zum Nationalpark im Jahr 1969 nichts ändern. Das Kerngebiet des 86.000 Hektar großen Nationalparkes, der von Meeres- und Flussstrand über Dünenlandschaften oder Marschgebiete (Marismas) und Pinienwälder die verschiedensten Ökosysteme  in sich vereint, ist normalerweise für Fahrzeuge, Reiter, Radfahrer und sogar Fußgänger gesperrt, da hier äußerst seltene und störungsempfindliche Vögel nisten. Zahlreiche Zugvögel überwintern hier oder machen Zwischenstation auf dem Weg von und nach Afrika. Besucher dürfen den Park nur in geführten Gruppen auf bestimmten Holzstegen betreten und die Besucherzahl pro Tag ist begrenzt. Aber den Pilgerzug zu verbieten, der von Süden aus seit mindestens 500 Jahren immer den gleichen Weg nach El Rocío nahm, das war ein Ding der Unmöglichkeit, Nationalpark hin oder her. Also erhält der Pilgerzug alljährlich eine Ausnahmegenehmigung, und was sich da auf den Weg durch den knöcheltiefen Sand der Doñana macht, ist wirklich eine eigenartige Karawane: Vorweg reiten die stolzen "Caballeros" zu Pferd in langer Reihe, dahinter folgt für jede Bruderschaft (und davon gibt es viele!) ein von zwei Ochsen gezogener Karren, der eigentlich eher als bemalter Altar zu bezeichnen ist. Bunt bemaltes Holz, viel massives Silber, Kandelaber, die Standarte der Bruderschaft und Unmengen von Blumen bilden die Kulisse für ein Bildnis der Heiligen Jungfrau, der "Virgen".
Ritt mit Gottes Segen: Die Wallfahrt nach El Rocío
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Ritt mit Gottes Segen: Die Wallfahrt nach El Rocío
Dahinter folgen die Wallfahrer, die diesen beschwerlichen Weg definitionsgemäß eigentlich zum Zwecke der Buße auf sich nehmen, zu Fuß oder auf geschmückten Prozessionswagen, die mit Proviant, Decken, Wein und Hausrat beladen sind. Das mit der Buße ist allerdings so eine Sache, denn unterwegs wird immer wieder angehalten, um zu essen, zu trinken, zu feiern und zu lachen. Und das ausgiebig! Die Prozessionswagen quellen nur so über von Köstlichkeiten, ganze getrocknete Serrano-Schinken werden da hervorgezaubert und mit Brot und Oliven vernascht und  der Wein beziehungsweise Sherry - hier das Nationalgetränk - fließt in Strömen. Pferde und Ochsen sind mit der wachsenden Menge an Kühlschränken, Bettzeug und ähnlichem Hausstand inzwischen immer öfter überfordert, zumal die Wege im Nationalpark tief und sandig sind. Nur mühsam mahlen sich die Räder der Wagen hindurch, jeder Schritt ist bei der sengenden Sonne eine Kraftanstrengung. Deshalb sieht man in den letzten Jahren immer öfter auch Traktoren und Jeeps vor den Wagen - weniger romantisch sicherlich, aber die Tiere sind vermutlich nicht böse darum, wenn ihnen die künstlichen PS die Arbeit abnehmen. Hin und wieder werden die Traktoren auch gebraucht, um ein Ochsengespann wieder auf den Weg zu bringen, das im tiefen Sand steckengeblieben oder eine Böschung hinunter gerutscht ist.  Auch hier ist er wieder zu spüren, der für uns Mitteleuropäer schwer zu verstehende Gegensatz in der andalusischen Mentalität: Man besingt und verherrlicht das edle Pferd in den höchsten Tönen, aber ob es auf dem beschwerlichen Weg auch genug Wasser und in der Mittagspause ein wenig Schatten zum Ausruhen bekommt, darum kümmern sich viele wenig. Nach Berichten von Tierschutzorganisationen soll es auf der Strecke sogar gelegentlich zu Todesfällen durch Erschöpfung  unter den teilnehmenden Pferden kommen. In unserer Gruppe müssen glücklicherweise auch die Pferde nicht büßen und so können wir den Weg durch den atemberaubend schönen Nationalpark unbesorgt genießen.  Dass wir dabeisein dürfen, verdanken wir der Einladung spanischer Bekannter, denn sich einfach so anschließen oder gar eine Teilnahme buchen, das kann man nicht. Die "Romería" hat nun einmal ihre festen Regeln und Traditionen und findet in einer mehr oder weniger geschlossenen Gesellschaft statt, zu der nicht jeder Fremde einfach Zutritt hat. Das ist wohl auch gut so, denn der Nationalpark verkraftet eben nun einmal nur eine begrenzte Anzahl von Menschen ohne größere Schäden. Auch so schreckt unser rumpelnder, singender und klappernder Zug schon genug Tiere auf, wie die Silberreiher, die sich gerade in einer kleinen Lagune versammelt hatten.  Der seltene iberische Luchs, der ebenfalls im Nationalpark lebt, hat vermutlich auch wenig Verständnis für Flamencorhythmen und Gesänge und lässt sich nicht blicken.  Übrigens leben auch um die zweitausend Pferde halbwild im Nationalpark. Jedes Jahr im Juni werden sie zusammengetrieben und "selektioniert", damit die Bestände nicht überhand nehmen. Auch dies ist ein Ereignis für sich!

Unser  Nachtlager wird mitten im Park aufgeschlagen, und wenn abends die Motoren endlich abgestellt sind und das Lagerfeuer brennt  dann ist alles so wie schon seit Hunderten von Jahren auf dem Weg nach El Roció. Man feiert, isst, trinkt, lacht und tanzt, und das nach einem langen und beschwerlichen Tag. Am Freitag vor Pfingsten erreichen wir El Rocío. Jetzt treffen sich die wie wir aus dem Süden durch den Coto Doñana angereisten Pilger mit denen aus der Gegend um Sevilla, die von Norden aus angereist sind und fiebern dem Höhepunkt der Wallfahrt am Pfingstsonntag entgegen, wenn die Marienstatue, um die es hier eigentlich die ganze Zeit geht, aus der Kirche geholt und mit viel Aufhebens durch die Straßen getragen wird. El Rocío, zu deutsch "der Tau", ist ein seltsamer Ort, der komplett auf die Wallfahrt und damit auf Pferde eingestellt ist. Die Straßen sind breit und nur aus Sand, vor fast jedem Haus befindet sich ein Anbindebalken und fast hinter jedem ein Pferdestall. Die Szenerie erinnert irgendwie an einen Westernfilm, auch die Fassaden der niedrigen Häuser mit den Veranden haben gewisse Ähnlichkeit. "Internationales Dorf des Pferdes" nennt sich El Rocío gern, und tatsächlich, auch außerhalb der Pfingstwallfahrt sieht man hier häufig Reiter die Straßen auf und ab paradieren oder vor einer Bar anhalten, um vom Sattel aus schnell einen kühlen Sherry zu trinken. Im Umland gibt es zahlreiche Reitställe, die auch geführte Reittouren durch die nicht ganz so streng geschützten Außenzonen des Nationalparks - die so genannten "Pufferzonen" - anbieten. Zu Pfingsten aber, während der Romería, ist in El Rocío kein Durchkommen! Bevor am Samstag und Sonntag Tausende von Gläubigen und Schaulustigen die Straßen von El Rocío verstopfen, drehen wir - ganz unfromm - der Heiligen Jungfrau klammheimlich wieder den Rücken zu und lenken unsere Pferde zurück auf die Sandwege des Coto Doñana, den wir nun ganz für uns alleine haben. 
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