Roter Fingerhut - Eine tödliche Schönheit in unseren Wäldern

Tödliche Schönheit unserer Wälder

von Walter J. Pilsak

Der Rote Fingerhut gehört zu den schönsten Waldpflanzen


Wunderschön ist der Rote Fingerhut anzusehen. Wenn ich bei Waldspaziergängen auf ihn treffe, ist dies immer ein Lichtblick. Ihr Purpurrot leuchtet schon von weitem. Mit den auffälligen Blüten ist die Pflanze nicht zu verwechseln. Die bis zu zwei Meter hohe Pflanze tritt meistens truppweise auf.

Er bevorzugt in der freien Natur kalkarme Böden in Waldlichtungen und auf Waldschlägen. Auch an Rändern von Waldstraßen und auf Hängen kann man ihn finden. Der Rote Fingerhut ist eine zweijährige Pflanze. Während im ersten Jahr sich nur die Grundrosette bildet, wächst daraus im zweiten Jahr ein bis zu 2 Meter hoher unverzweigter, beblätterter Stängel. Die Blätter werden bis zu 20 cm lang. Im traubigen Blütenstand stehen viele purpurrot-violette, manchmal auch weiße Blüten zusammen.

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Fingerabdrücke der Feen

Zwei Blätter vom Fingerhut sollen für Mensch und Tier tödlich giftig sein. Schon als Kinder wurden wir vor der Pflanze gewarnt und wir hatten deshalb auch großen Respekt vor ihr. Noch heute, wenn ich den Roten Fingerhut in die richtige Position bringe, um ihn zu fotografieren, mache ich dies nur sehr vorsichtig. Der Fingerhut hat eine wunderschöne Blütenzeichnung. Dies sollen einer Sage nach Fingerabdrücke unglückbringender Feen sein. Nach irischen und englischen Sagen soll der Fingerhut den Elfen als Kopfbedeckung dienen. Die bösen unter ihnen haben den Füchsen den Fingerhut als Schuhe geschenkt, damit diese lautlos jagen konnten.

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Gift- und Heilpflanze

Der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea) ist eine der am besten erforschte Heilpflanze. Sie ist ein schönes Beispiel dafür, wie Nutzen und Schaden in der Wirkung der Heilpflanzen eng beieinander liegen. So sagte schon der von 1493 bis 1541 lebende Paracelsus, der sich von der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Säftelehre des Hippokrates abwandte und sich der Naturheilkunde widmete: „Allein die Dosis macht, dass ein Gift kein Gift ist...“ Der Rote Fingerhut ist in allen Pflanzenteilen stark giftig und kann schon bei einer relativ kleinen Dosis von 0,3 Gramm tödlich sein. Vom Hausgebrauch dieser Heilpflanze ist deshalb unbedingt abzuraten. In der Pharmazeutik aber hat diese Pflanze in der richtigen Dosierung schon Tausenden von Menschen mit Herzleiden das Leben gerettet. Auf die Giftigkeit dieser Pflanze weisen auch seine volkstümlichen Namen wie „Teufelshut“, „giftige Tulpe“ oder „Schlangenblume“ hin.

Anzeichen einer Fingerhut-Vergiftung sind Übelkeit mit ständigem Brechreiz und eventuell Durchfall. Es treten auch Kopfschmerzen, Desorientiertheit, Unruhe, Blutdruckabfall und Bewusstseinsstörungen auf. Im Anfangsstadium manipuliert das Gift zunächst die Retina des Auges. Viele Opfer berichten deshalb von Haluzinationen und Sehstörungen wie Doppelbilder. Auch Störungen im Farbsehen und in schweren Fällen gar Herzstillstand können auftreten. Nach ein bis zwei Stunden ist das Aufnahmemaximum des Giftes erreicht. Ist die Giftaufnahme sehr hoch, kann dieses Aufnahmemaximum stark verlängert sein. Seit dem 16. Jahrhundert wird die Pflanze auch in den Gärten angepflanzt. Wegen seiner Giftigkeit sollte man die Pflanze jedoch nicht ansiedeln, wenn kleine Kinder im Haus sind.

Text und Fotos: Walter J. Pilsak

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