Schöner Schnäppchen schnappen

Schöner Schnäppchen schnappen

von Gabriele Müller

Internetdienste bieten gruppendynamisches Einkaufserlebnis mit Sparfaktor

Was haben ein Haarschnitt beim Berliner Coiffeur Udo Walz, ein Zahnbleaching in München und eine Klangschalenmassage in Köln gemeinsam? Sie sind nicht lebensnotwendig, aber angenehm. Der kleine Luxus für den Alltag eben. Und wenn es diesen Luxus dann auch noch um 60 Prozent reduziert gibt? Aber nur heute? Da muss man doch einfach zuschlagen, bevor diese einmalige Chance vorbei geht, oder? Rund 3,5 Millionen Deutsche tun das und zwar gemeinsam. „Rudelshoppen“ nennen das böse Zungen. Als „Rabattportal“ bezeichnen es andere. Und als „Plattform für lokale Preisvorteile“ sieht es die Firma Groupon, der derzeit größte Anbieter von „Internetcouponing“ hierzulande, der seinen Namen aus „group“ und „coupon“ herleitet.

Der Mechanismus ist immer gleich: In vielen deutschen Städten von Aachen bis Wuppertal bekommen registrierte Kunden täglich per E-Mail ein ganz besonderes Angebot: Rezeptfreie Medikamente, einen Fahrradwartungsservice, eine Thai-Massage, einen Ausflug nach Amsterdam - und immer bis zu 80 Prozent unter dem „Normalpreis“. Aber eben nur, wenn sich eine bestimmte Zahl von Kunden dazu anmeldet und einen Gutschein dafür kauft, immer binnen 24 Stunden.

Keine Abstriche bei der Qualität

Genau 102 Motorbootfans haben bei einem „Schnäppchen der besonderen Art“ zugeschlagen. 89 Euro statt 190 Euro – dafür können sie jetzt bei Fleuth Sailing in Düsseldorf den Sportbootführerschein Binnen für Motorboote erwerben. Andreas Fleuth, Inhaber der gleichnamigen Schule, ist damit hoch zufrieden, auch wenn bei ihm die Kasse durch diesen „Deal“ eher bescheiden klingelt. „Jetzt zu Saisonbeginn ist das für mich eine gute Marketingmaßnahme und bringt mir hoffentlich Kunden, die dann auch andere Kurse bei mir buchen.“

Verdienen kann der versierte Ausbilder und Prüfer im Deutschen Seglerverband (DSV) daran wenig, zumal von dem reduzierten Preis Groupon noch rund die Hälfte als Provision bekommt. „Abstriche von der gewohnten Qualität machen wir keine“, sagt Fleuth. Die Theorie findet wie immer in Düsseldorf, die Praxis im niederländischen Roermond statt. „Aber wir haben das Angebot so gestaltet, dass dieser Motorbootführerschein aufgewertet werden kann zu einem Sportbootführerschein Binnen unter Segel und Motor“. Und vor allem hofft Fleuth darauf, „dass durch den hohen Verbreitungsgrad von Groupon mein Name und mein Angebot bekannter werden.“ Wenn es nach den telefonischen Anfragen und Zugriffen auf seine Internetseite geht, kann Andreas Fleuth jedenfalls hoffnungsvoll sein. Und denkt zumindest darüber nach, im Herbst vielleicht noch einmal eine Neuauflage der Aktion zu starten.

Schnäppchen schnappen in der Gruppe und unter Zeitdruck, dieses Konzept scheint in Deutschland aufzugehen, auch wenn es aus den USA importiert wurde. Dort spekuliert der Groupon-Gründer, Andrew Mason, schon öffentlichkeitswirksam über einen Börsengang. Währenddessen springen auch Andere auf den Rabatt-Express auf. Facebook startete in diesem Jahr mit „Deals“, Amazon beteiligte sich Ende des Jahres 2010 beim Couponing-Unternehmen „Living Social“. Und noch wartet die Welt darauf, dass sich auch Google mit einem entsprechenden eigenen Angebot positioniert.

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Verbraucherschützer raten bei allem virtuellen Einkaufsfieber dennoch zu klarem Kopf und gründlichem Vergleich der Angebote. Ein Blick auf die Internetseite des Anbieters, ob Massagepraxis oder Restaurant – ermöglicht einen Gesamteindruck – auch davon, welche Angebote zu welchem Preis es denn regulär gibt und ob der Rabatt wirklich so spektakulär ist, wie versprochen. Bei der Gelegenheit gilt es auch genau zu prüfen, was wirklich Bestandteil des Angebots ist, ob Zusatzkosten anfallen und welche Bedingungen, Einschränkungen und Einlösefristen gelten. „Ein Gutschein muss nicht ewig gut sein“, bringt es die Verbraucherzentrale Hessen auf den Punkt. Und rät, mit dem Einlösen nicht allzu lange zu warten. Denn: Es kommt nicht selten vor, dass ein Händler sein Sortiment ändert, umzieht oder Insolvenz anmeldet.“

Ganz besonders große Bedenken haben die hessischen Verbraucherschützer bei ärztlichen oder kosmetischen Dienstleistungen vom Tattoo bis zum Permanent-Makeup oder dem Abnehmen durch Ultraschall – die allesamt zu den besonders begehrten Rabattangeboten gehören. Überlegung ist angesagt, erst recht, wenn es um die Gesundheit geht. Genau das aber billigt Groupon-Geschäftsführer Daniel Glasner seinen Kunden ohnehin zu. Er hält sie für sehr qualitätsbewusst und glaubt, dass der größte Reiz darin liegt, neue Dinge in der eigenen Stadt vergleichsweise preiswert auszuprobieren.

Ein Trost bleibt: Wer sich im hitzigen Rabattkampf vom Einkaufsfieber hat anstecken lassen und das am nächsten Tag bereut, der hat die Möglichkeit, den geschlossenen Vertrag innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Gutscheins zu widerrufen.

Text: Gabriele Müller
Fotos: Bildagentur Zoonar

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