Ansichten Bonner Bürgerhäuser als kulturgeschichtliches Beispiel

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Nur wenige Städte besitzen einen solchen zusammenhängenden architektonischen Schatz, der - wie in Bonn - den gesamten Charakter der Stadt wesentlich mitprägt. In Bonn sind dies die Bonner Bürgerhäuser aus der Zeit um die Jahrhundertwende von 1900. Hier entstand mit der „Südstadt“ in einem relativ kurzen Zeitraum von gut 2 Jahrzehnten ein großes neues Stadtviertel.

Charakteristisch ist die Anlage der Bebauung. Die Häuserreihen der Straßen bilden nach hinten zur straßenabgewandten Seite jeweils ein Carrè, in dem die für städtische Verhältnisse großen Gärten der jeweiligen Häuser liegen. Sie bilden eine gemeinsame „grüne Lunge“, die auch genügend Platz für große Bäume bietet; sehr schön zu sehen auf Satelliten- und Luftaufnahmen z.B. im Internet.

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Für den Bonner Süden gilt hier insbesondere „der Drang nach öffentlicher Geltung, der Hang zum Märchenhaften“. Nöte, zumindest finanzielle, konnten die Erbauer jedenfalls nicht gehabt haben.

Dass dieser architektonische Schatz gerade in Bonn und nach über 100 Jahren nach wie vor noch hier zu finden ist, liegt einerseits zunächst an der soziokulturellen Situation der Stadt in der Kaiserzeit um 1900. Bonn war eine kleine Universitäts-, Garnisons- und Rentnerstadt. Im Zuge der „Rheinromantik“ zog es zahlreiche Adelige, wie wohlhabende Bürger an den romantischen Rhein, um hier ihren (Ruhe-) Stand zu genießen. So hatte Bonn im Jahre 1904 eine Einwohnerzahl von ca. 78 000 mit der stattlichen Anzahl von 154 Millionären, die es sich in Bonn gut gehen ließen1.
Andererseits war Bonn im 2. Weltkrieg als militärstrategisch unbedeutendere Stadt vom Bombenhagel weniger betroffen als andere Städte, wie z.B. ihre Nachbarstadt Köln. Dies war auch eins der objektiveren Argumente für die spätere Wahl von Bonn anstatt Frankfurt zur vorläufigen Bundeshauptstadt; die nötige Infrastruktur war zum einen Teil vorhanden, zum anderen konnte sie schneller hergerichtet werden.

Mit der Wahl zur „Bundeshauptstadt“ war das kleine Bonn dann wiederum gegenüber seinen Nachbarstädten ausgezeichnet und profitierte wirtschaftlich und insbesondere kulturell von seinem neuen Status. Auch heute nach der Wiedervereinigung und nach der „Degradierung“ Bonns von der „Bundeshauptstadt“ zur nur „Bundesstadt“, ein Titel der extra für Bonn geschaffen wurde, ist man bemüht, den gewohnten wirtschaftlichen und kulturellen Standard zu halten. So konnte sich die Architektur der Bonner Bürgerhäuser nicht nur über die Zeiten retten, sondern darüber hinaus sind sich die heutigen Besitzer und die Stadt ihres Juwels bewusst und investieren erheblich in ihre Erhaltung.

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Die in diesem Sinne Krönung jener Zeit steht auf den Höhen des Siebengebirges, die „Drachenburg" auf dem Weg zum Drachenfels. Aus heutiger Sicht, dem Zeitalter der glatten Glasfassaden, ein Unikum an Stilelementen-Mixtur oder für Manche auch das Beispiel einer Geschmacksverirrung, die sich der zu Vermögen und zu Adel gekommene Bonner Stephan Sarter im Jahre 1882 leisten konnte, ohne jedoch sein Schloss je selbst bewohnt zu haben2. Erinnerungen an den bayerischen König Ludwig II werden wach.

Ähnlich, aber nur um einiges kleiner, die Bauten im Bonner Süden. Nichts scheint verpönter als eine glatte Hauswand, nahezu kein Haus ohne Erker und Balkon, der aber meist von der geringen Größe her, dem adeligen Vorbild entsprechend, nur dazu geeignet scheint, sich dem Volk zu zeigen oder Paraden abzunehmen. Es finden sich kleine Brüstungen, die von muskulösen-Figuren getragen werden müssen ebenso wie barocke Putten, die mit Girlanden Fenster umrahmen. Eine Vielzahl von Säulen und Kapitellen jeglicher Stilrichtung unterbrechen eine glatte Linienführung und offenbaren einen unverhofften Detailreichtum. Figuren und Halbreliefs wollen den Betrachter mit ihren kleinen Szenen zu einem kurzen Augenblick des Innehaltens einladen.

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Auffällig ist auch die nach einer Zeit des industriellen Gusseisens wiederauflebende Schmiedekunst. Kaum ein Haus ohne schmiedeeiserne Gitter an Fenstern oder Türen, bis hin zu Abgrenzung der kleinen Vorgärten eines ganzen Straßenzuges. Viele Straßenzüge besitzen zudem einen reichen und zum Teil schönen alten Baumbestand, der fremde Besucher oft überrascht und den Straßen eine zusätzliche Atmosphäre verleiht.

Zu den Fotos:
Die Fotos entstanden im Stadtgebiet Bonn zwischen den Grenzen Bundesbahnlinie im Osten, der Reuterstraße und Autobahn im Süden und Westen und der Endenicher-Straße. Alle Motive liegen zur Straße hin und sind von dort frei einsehbar. Prägend für das Stadtbild sind die Hausfassaden, die in ihrer Gemeinsamkeit den Charakter eines Straßenzugs bilden. Bei den einzelnen Fassaden wiederum stellen die Fenster und Erker, gepaart mit ihren zum Teil individuellen Eingängen die charakteristischen Elemente und Motive dar. Hinzu kommen mehr oder weniger ins Auge fallende Details.

Die Fotos haben keinen dokumentarischen Charakter einer Bestandsaufnahme oder gar den Anspruch einer kunsthistorischen Darstellung, sondern sind rein subjektive Eindrücke des beschriebenen Viertels. Vielleicht dienen Sie dem Betrachter als Anregung, sich auf eigene Entdeckungstour zu machen, es würde sich lohnen.

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Text und Fotos: Ulrich Stute
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