„Das Achte Leben (Für Brilka)“ - eine brillante Neuerscheinung auf dem Buchmarkt

Eine Rezension des dritten Buches der georgischen Autorin Nino Haratischwili
„Das Achte Leben (Für Brilka)“ - eine brillante Neuerscheinung auf dem Buchmarkt

„Das Achte Leben (Für Brilka)“ ist der Titel des neuesten und damit dritten Buches der georgischen Autorin Nino Haratischwili. Spannung hält dieses Familien-und Geschichts- Epos vom ersten bis zum allerletzten Wort, und das auf beeindruckenden 1275 Seiten. Eigentlich unmöglich, aber dennoch, wie dieses Buch eindeutig beweist, machbar. Diese sich in der Geschichte findende intelligente Ekstase zeichnet eine Dramaturgie, deren Perfektion mit einer so leicht anmutenden Natürlichkeit daherkommt, dass es scheint, das Schicksal selbst habe die Hand beim Schreiben dieses Buches geführt. Dies mag wohl damit zusammenhängen, dass die Buchautorin Nino Haratischwili ebenfalls Theaterautorin und-Regisseurin ist, was auch ihre detaillierte und äußerst scharf gezeichnete Stilistik erklärt.

Die Handlung des Epos ist sagenhaft und atemberaubend, und das ohne etwa ins Absurde abzugleiten. Die wohlbekannte und nicht von ungefähr kommende Redensart „man trifft sich immer zweimal im Leben“ kommt in diesem Epos wunderbar zum Tragen. Die Art wie sich Kreise schließen, um sich dann wieder zu öffnen und schlussendlich ganz natürlich wieder zusammenfinden, was dabei, wie eben auch im wahren Leben, nicht unbedingt von Glück gekrönt sein muss, hat etwas berauschend und höchst vereinnahmend-fesselndes an sich.

Die Erzählung zeigt anhand eines Jahrhunderts in der Geschichte des Landes Georgien ebenfalls die Geschichte der Menschheit, deren Handlungsspektrum vom Machtwahn bis zur Selbstvergessenheit reicht und sich dabei am Ende immer wieder am Anfang der gleichen Tragik/Komik des Lebens wiederfindet. Diese Erkenntnis war es auch, die die Autorin dazu inspirierte, dieses Mammutwerk entstehen zu lassen.
Auf die Idee, dieses Geschichts- und Familienepos zu schreiben, kam sie, als sie erfuhr, dass in der ehemaligen Villa des Geheimdienstlers und georgischen rechten Hand Stalins, Lawrenti Beria, zu Zeiten der Perestroika eine Menschenrechtsorganisation eingezogen war. Die Absurdität dieses Vorgangs liegt auf der Hand, wenn man weiß, dass während des sowjetischen Regimes Lawrenti Beria (in der Geschichte des Buches stets als der kleine große Mann bezeichnet) außer für seine machtbesessenen Ambitionen, auch dafür bekannt war, das er von einem skrupellosen Verlangen nach schönen Frauen geradezu besessen war. Nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Regimes wurden bei Grabungsarbeiten im Garten der ehemaligen Villa menschliche Knochenreste gefunden. Das führte zu einem großen Skandal, denn es war ein offenes Geheimnis, dass die Knochenreste von den Frauen und ihren Männern stammten, die sich dem Willen von Lawrenti Beria widersetzten. Da der Geheimdienstler mittlerweile Opfer seines eigenen Regimes und hingerichtet geworden war, sah man keinen Grund mehr, diese Tatsache länger zu verfolgen und quartierte ironischerweise eine Menschenrechtsorganisation in der Villa ein.

Als die damals noch junge Nino Haratischwili, deren Heimatstadt Tblissi ist, als Studentin von dieser Vorgehensweise erfuhr, gab ihr das einen der Anstöße, etwas gegen den zu Vergessenheit neigenden und zur Vertuschung drängenden Umgang mit der Geschichte zu unternehmen. Die Erkenntnis, dass durch das Vergessen (wollen) zwangsläufig auch immer die Wiederholung des Gewesenen stattfinden muss, ließ dieses geschichtliche aber auch menschliche Aufklärungswerk entstehen. Bis heute, sagt Nino Haratischwili, sei kein einziges Mahnmal an diesem Haus angebracht worden, welches heutzutage das olympische Komitee von Georgien beheimatet.

Die Geschichte „Das Achte Leben (Für Brilka)“ beginnt im Jahr 1900 mit der Geburt von Stasia, der Urgroßmutter von Niza, welche die Erzählerin dieser Geschichte ist. Der Grund, der sie, Niza, rückblickend durch die Schrecken von zwei Kriegen, Bürgerkrieg und Revolution wandeln lässt, ist ihr Wunsch, ihrer Nichte Brilka, der sie in diesem Buch die Geschichte erzählt, ein reflektiertes Leben, ein neues Leben, eben ein weißes Blatt, das sich am Ende des Buches auftut, zu hinterlassen.
Die Ermöglichung des achten Lebens für Brilka, ein Leben das noch unbeschrieben ist, das jedoch die Chance erhält ein Leben zu sein, welches das Verständnis der Vergangenheit beinhaltet um damit eine für sich selbst gewünschte Zukunft erschaffen zu können. Auch dieses ist eine von der Autorin grandios gewählte Form, die der Leserschaft die Perspektive der Erzählerin, und der Zuhörerin vermittelt und in glänzender Weise dazu geeignet ist, sie letztendlich und zum Schluss des Buches wieder auf sich selbst zurückzuführen. Ein Geniestreich.

Auch der sich durch das Buch ziehende „rote Faden“ des Themas Schokolade, einer Rezeptur des Ururgroßvaters, deren geheime Zutaten sich bis zu seiner Ururenkelin weiter vererben, ist durch seine dunkle und erschreckende Tiefe und dabei so verführerischen Süße, perfekt geeignet um die Dualität des Lebens aufzuzeigen. Genuss und Reue werden hier verschwörerisch versinnbildlicht, die Angst, oder die Gewissheit, für alles im Leben zahlen zu müssen, jedenfalls sofern man dem Glauben des Ururgroßvaters anhängt. Die Frage nach der Lenkbarkeit des eigenen Schicksals lastet hier mit schwerer Süße auf der Zunge. Meisterhaft.

Beeindruckend ist aber auch die umfassende Recherche die die Autorin in sowjetischen Archiven und Bibliotheken betrieben hat. Schockiert so erklärt sie, habe sie zum Beispiel die Begrüßung des Hitler-Stalin Pakts als Garant für Frieden und Freiheit. Die in dem Buch wiedergegebenen Plakatsprüche spiegeln dieses auch für die Leserschaft äußerst effektiv wieder. Die Zitate von mehreren Politikern, Schriftstellern und Musikern heben den Kontext der Handlung an den jeweiligen Stellen noch einmal wirkungsvoll hervor.

Die übersichtliche Aufteilung des Buches in sieben verschiedene „Bücher-Leben“ macht es dem Lesenden, trotz des komplexen Umfangs, einfach, die Hauptprotagonisten zu verfolgen und zu verinnerlichen. Die Handlung der Geschichte, „Das Achte Leben (Für Brilka)“ reicht von der zaristischen Schirmherrschaft über Georgien Anfang 1900, über die Machtübernahme der Rotarmisten, zum Einmarsch der deutschen Faschisten, bis hin zur Perestroika und der daraus folgenden Demokratisierung. Auf dem Weg dieser Geschichte vermittelt Nino Haratischwili ihrer Leserschaft ein Verständnis von dem Leben und den Lebensumständen in diesem Land Georgien, dass uns unweigerlich ein Licht aufgehen muss, über dieses Land mit seinen mehreren Regimen, das wir bislang, auch bedingt durch die lange Zeit des „eisernen Vorhangs“, nur schwer verstehen konnten.

Herausragend an diesem Buch ist aber auch das tiefe Verständnis, die Weisheit, die uns diese junge Autorin durch die Darstellung ihrer Protagonisten vermittelt. „Man muss den Figuren genügend Raum geben damit sie sich entwickeln und für sich selber sprechen können“, erklärt die Autorin.
Dieses für eine so junge Autorin erstaunliche Verständnis, für verschiedenste Nuancen menschlichen Empfindens und Verhaltens und deren damit verbundenen persönlichen, sowie auch gesellschaftlichen Konsequenzen, ist es, das diesem Buch seine außergewöhnliche Qualität und damit kaum auszuhaltende Spannung verleiht.

Das „Achte Leben (Für Brilka)“ von Nino Haratischwili führt uns in seiner Quintessenz in ausgeklügelter Art und Weise zu der unendlichen Schleife (der Zahl 8) von Wiederholungen, was den Verlauf von Geschichte, Schicksalen, und letztendlich der menschlichen Existenz überhaupt anbelangt.

Text: Astrid Mensah
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